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Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Stehen leicht; Roger konnte seine Alkoholausdünstung aus fast zwei Metern Entfernung riechen.
    Der Offizier zeigte mit dem Finger auf den Cellisten und schien etwas sagen zu wollen. Seine rosa Zungenspitze erschien zwischen seinen Lippen, doch er brachte keine Worte heraus. Seine dunkelroten Wangen erbebten kurz, dann gab er den Versuch auf, machte kehrt und stapfte davon. Nur durch knappes Ausscheren wich er einem Bediensteten aus, der mit einem Getränketablett hereinkam, und beim Betreten des Korridors prallte er vom Türpfosten ab.
    »Pass bloß auf, O’Reilly«, sagte Seamus Hanlon trocken zu dem Cellisten. »Wenn wir in Küstennähe wären, würde bestimmt ein Presskommando auf dich warten, sobald du den Fuß an die frische Luft setzt. Und auch jetzt würde es mich nicht wundern, wenn er dir mit dem Marlpfriem auflauerte.«
    O’Reilly spuckte viel sagend auf den Boden.
    »Ich kenne den Kerl«, sagte er verächtlich. »Er heißt Wolff. Hund würde besser passen - und zwar’n ganz schön armer Hund. Ist vollgesoffen wie’ne Zecke - in einer Stunde kann der sich nicht mehr an mich erinnern.«
    Hanlon blinzelte nachdenklich zu der Tür hinüber, durch die der Leutnant verschwunden war.
    »Nun, das kann schon sein«, räumte er ein. »Aber ich kenne den Herrn ebenfalls, und ich glaube, dass sein Verstand um einiges schärfer ist, als sein Verhalten es nahe legt.« Er stand ein paar Sekunden da und klopfte sich mit dem Geigenbogen auf die Handfläche, dann wandte er Roger den Kopf zu.
    »Fraser’s Ridge, sagt Ihr? Dann seid Ihr ein Verwandter von Mrs. Cameron? Oder vielmehr Mrs. Innes?«, verbesserte er sich.
    »Ich bin mit Jamie Frasers Tochter verheiratet«, sagte Roger geduldig. Er hatte herausgefunden, dass dies die wirksamste Beschreibung war, da ein Großteil des Distriktes zu wissen schien, wer Jamie Fraser war, und er auf diese Weise weitere Fragen in Bezug auf seine eigene Herkunft unterband.
    »Ho-ho«, sagte Seamus sichtlich beeindruckt. »Nun denn. Hm!«
    »Was macht der alte Schluckspecht überhaupt hier?«, grollte der Cellist, der dem verschwundenen Offizier immer noch funkelnd hinterhersah. Er tätschelte tröstend sein Instrument. »Jeder weiß doch, dass er Mrs. Cameron heiraten und River Run für sich haben wollte. Wundert mich, dass er die Traute hat, sich heute hier blicken zu lassen!«
    »Vielleicht ist er gekommen, um zu zeigen, dass er nicht nachtragend ist«, meinte Roger. »Eine Geste des Anstandes - der Beste hat gewonnen und so weiter, aye?«
    Die Musiker kommentierten diese Vermutung mit einem Medley aus Kicher- und Prustgeräuschen.
    »Vielleicht«, sagte der Flötist kopfschüttelnd über sein Instrument gebeugt.
»Aber wenn Euch etwas an Duncan Innes liegt, sagt ihm, er soll beim Tanzen auf sich aufpassen.«
    »Aye, tut das«, unterstrich Seamus Hanlon. »Fort mit Euch, junger Mann, und sprecht mit ihm - aber kommt ja zurück.« Er wies mit gekrümmtem Finger auf den wartenden Bediensteten und schnappte sich einen Becher von dem Tablett, das ihm hingehalten wurde. Diesen hob er salutierend und grinste Roger über den Becherrand hinweg an. »Die Jungs und ich brauchen schließlich dann und wann eine Pause. Und womöglich kennt Ihr ja die eine oder andere Melodie, die neu für mich ist, aye?«

42
    Der Deasilzauber
    Brianna lehnte sich in dem ledernen Armsessel zurück, und während sie Jemmy stillte, sah sie Phaedre zu, die ihre Tante für die Hochzeit zurecht machte.
    »Was meint Ihr?«, fragte Phaedre und tauchte einen Silberkamm in ein Pomadetöpfchen. »Soll ich es hoch aufstecken, die Locken ganz obenauf?« Ihre Stimme klang hoffnungsvoll und dennoch argwöhnisch. Sie machte kein Geheimnis daraus, wie sehr sie es missbilligte, dass ihre Herrin sich weigerte, eine Perücke zu tragen, und wenn es nach ihr ging, würde sie ihr absolut Bestes tun, um mit Jocastas eigenem Haar einen ähnlich modischen Effekt zu erzielen.
    »Unsinn«, sagte Jocasta. »Das hier ist nicht Edinburgh, Kind, und schon gar nicht London.« Sie lehnte sich zurück, den Kopf erhoben und die Augen geschlossen, und sonnte sich. Die Frühlingssonne leuchtete hell durch die Glasscheiben, ließ den Silberkamm aufblitzen und warf die dunklen Schatten der Hände der Sklavin auf die Wolke aus glänzend weißem Haar.
    »Möglich, aber es ist auch nicht die wilde Karibik oder das Hinterland«, konterte Phaedre. »Ihr seid die Herrin hier; das ist Eure Hochzeit. Alle Blicke sind auf Euch gerichtet - wollt Ihr mich

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