Das Flammende Kreuz
Jamie Wylie und warf mir einen argwöhnischen Blick zu. »Sie ist gefährlich, aye?«
Wylie funkelte mich an, doch sein finsterer Blick verwandelte sich in Unsicherheit - vielleicht, weil ich jetzt den leeren Kaffeekrug am Hals gepackt hielt wie einen Knüppel, oder weil er sich daran erinnerte, wie er mich letzte Nacht bei Bettys Autopsie erwischt hatte. Mühsam schluckte er herunter, was auch immer ihm auf der Zunge gelegen hatte, und setzte sich langsam auf den anderen Hocker. Er zog ein Halstuch aus seiner fleckigen Westentasche und betupfte ein Rinnsal aus Blut, das ihm aus einem Riss über der Augenbraue über die Wange lief.
»Ich wüsste gern«, sagte er mit ausgesuchter Höflichkeit, »was hier vor sich geht, bitte.«
Er hatte seine Perücke verloren; sie lag in einer Kaffeepfütze auf dem Boden. Jamie bückte sich, um sie aufzuheben, und hielt sie geziert vor sich hin wie ein totes Tier. Er wischte sich mit der freien Hand eine Schmutzspur vom Kinn und hielt Wylie die tropfende Perücke hin.
»Dann haben wir also eine Abmachung, Sir?«
Wylie ergriff die Perücke mit einem steifen Kopfnicken und legte sie auf sein Knie, ohne den Kaffee zu beachten, der seine Hose durchtränkte. Beide Männer sahen mich mit identischen Mienen skeptischer Ungeduld an. Offensichtlich war ich zur Zeremonienmeisterin erkoren worden.
»Raub, Mord und wer weiß was sonst noch«, sagte ich fest. »Und wir haben vor, der Sache auf den Grund zu gehen.«
»Mord?«, sagten Roger und Wylie gleichzeitig und klangen erschrocken.
»Wer ist denn ermordet worden?«, fragte Wylie und ließ seine Blicke wild zwischen mir und Jamie hin und herzucken.
»Eine Sklavin«, sagte Jamie und nickte mir zu. »Meine Frau hatte den Verdacht, dass ihrem Tod ein Verbrechen zugrunde lag, und wir wollten die Wahrheit herausfinden. Daher unsere Anwesenheit in dem Schuppen, als Ihr letzte Nacht auf uns gestoßen seid.«
»Anwesenheit«, wiederholte Wylie. Sein Gesicht war sowieso schon bleich, doch als er sich jetzt an das erinnerte, wobei er mich in dem Schuppen gesehen hatte, sah er aus, als würde ihm schlecht. »Ja... ich verstehe.« Er warf mir aus dem Augenwinkel einen raschen Blick zu.
»Also ist sie umgebracht worden?« Roger trat in den von der Laterne beleuchteten Kreis, stellte den Eimer wieder hin und nahm zu meinen Füßen Platz. Er stellte die Überreste des Kuchens auf den Boden. »Woran ist sie denn gestorben?«
»Jemand hat ihr zerstampftes Glas eingeflößt«, sagte ich. »Ich habe noch eine ziemliche Menge davon in ihrem Magen gefunden.«
Bei diesen Worten achtete ich besonders auf Philip Wylie, doch sein Gesicht trug denselben Ausdruck blanken Erstaunens wie Jamie und Roger.
»Glas.« Jamie erholte sich als Erster. Er setzte sich aufrecht hin und schob sich die aufgelösten Haare aus dem Gesicht. »Wie lange dauert es wohl, bis man an so etwas stirbt, Sassenach?«
Ich rieb mir mit zwei Fingern über die Nasenwurzel; das Taubheitsgefühl der frühen Stunde wich jetzt einem dröhnenden Kopfschmerz, der durch den kräftigen Kaffeeduft und die Tatsache, dass ich nichts davon zu trinken bekommen hatte, noch verschlimmert wurde.
»Ich weiß es nicht«, sagte ich. »Es muss innerhalb von Minuten im Magen ankommen, aber wahrscheinlich braucht es sehr lange, bis es genug Schaden anrichtet, um massive Blutungen hervorzurufen. Die größte Verletzung liegt wahrscheinlich im Dünndarm vor, weil die Glassplitter die Wand perforieren. Und wenn das Verdauungssystem verlangsamt ist - zum Beispiel durch Alkohol - und es nicht besonders gut funktioniert, ist es möglich, dass es noch länger dauert. Oder wenn sie gleichzeitig viel gegessen hatte.«
»Ist das die Frau, die du mit Brianna am Tag der Hochzeit im Garten gefunden hast?«, wandte sich Roger fragend an Jamie.
»Aye.« Jamie nickte, ohne die Augen von mir abzuwenden. »Da war sie so betrunken, dass sie bewusstlos war. Und als du sie später besucht hast, Sassenach - gab es da irgendwelche Anzeichen?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Möglich, dass das Glas da schon seine Wirkung tat - aber sie war nicht ansprechbar. Allerdings hat Fentiman gesagt, sie sei mitten in der Nacht aufgewacht
und hätte über Bauchschmerzen geklagt. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie es also mit Sicherheit geschluckt. Aber ich kann nicht sagen, ob man ihr das zerstampfte Glas eingeflößt hat, bevor ihr sie gefunden habt, oder ob sie vielleicht am frühen Abend zu Bewusstsein gekommen ist und man es ihr dann
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