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Das Fliederbett

Das Fliederbett

Titel: Das Fliederbett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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kurzen Frotteemantel heraus. Sie breitete den nassen Bikini auf dem Felsen aus und ließ sich neben ihm nieder.
    »Mein Freund raucht auch Pfeife«, sagte sie. Der Pastor hielt ein Lächeln zurück. Sie sah aus wie ein Mädchen, das erwachsen spielt.
    Marianne beäugte ihn schief. Wenn ihm das Haar so in die Stirn hing, sah er tatsächlich gut aus. Die Nase war hübsch. Aber am liebsten mochte sie seinen Mund, der sah aus, als könne er nie ein böses Wort sagen. Sie seufzte.
    »Warum seufzt du?« sagte er freundlich. Sie seufzte wieder.
    »Ich denke an so vieles«, sagte sie.
    Der Pastor lächelte.
    »Erdbeeren und Schlagsahne?« schlug er vor.
    Sie war beleidigt.
    »Ich kann doch wohl auch Probleme haben«, murmelte sie.
    »Natürlich«, sagte er reuevoll. »Niemand lebt problemlos.«
    Er sah so lieb aus, daß sie nicht widerstehen konnte, ihm ihr Herz zu öffnen.
    »Ich habe Probleme mit meinem Freund«, sagte sie, »er liebt mich nicht.«
    »Aha«, sagte der Pastor.
    »Jetzt bin ich mit einem anderen zusammen«, fuhr sie fort, »aber der ist überhaupt nicht wie der erste. Übrigens glaube ich nicht, daß er in mich verliebt ist.«
    Der Pastor spürte ein starkes Verlangen, das Gesprächsthema zu wechseln.
    »Siehst du, wie rot der Himmel ist?« fragte er.
    »Mein anderer Freund, der erste also, er und ich hatten es so gut zusammen«, fuhr Marianne fort, unbeeindruckt vom Sonnenuntergang. »Wir haben es getan, Sie wissen schon, was, Herr Pastor. Es war alles richtig. Aber bei dem Neuen... er ist überhaupt nicht wie der erste.«
    Der Pastor fühlte sich desorientiert. Er vergaß die Pfeife. Vermutlich hatte er falsch gehört. Es war ja alles so schnurrig-
    »Wovon sprichst du eigentlich?« fragte er und runzelte die Stirn.
    Marianne bemerkte die Stirnfalten nicht. Es war so schön, sich auszusprechen, sie suchte nach einem guten Wort für das, was sie meinte, eins, das einen Pfarrer nicht vor den Kopf stoßen könnte.
    »Mein erster Freund und ich...«
    »Überspring die Reihenfolge«, sagte der Pastor. »Was ist es, das du mit diesen Jungen eins und zwei getan hast?«
    Sie fühlte sich mit einem Mal verlegen.
    »Wir sind zusammen«, murmelte sie. »Intim, aber glauben Sie nicht, daß es Liederlichkeit wäre, denn das ist es nicht. Ich bin mir über meine Gefühle vollkommen im klaren.«
    Er spürte eine erstaunliche Hilflosigkeit.
    »Ich verstehe nicht«, murmelte er. »Du hast...« Er schüttelte heftig den Kopf. Der Zorn stieg in ihm auf, gegen die Jungen eins und zwei, aber auch gegen sie. »Vollkommen im klaren über meine Gefühle«, wiederholte er. »Verstehst du, was du da sagst? Oder bist du so ein Gör...« Er nahm einen tiefen Atemzug. »Ja, ein Gör bist du«, sagte er streng, »und wärst du meine eigene Tochter, würde ich dir eine ordentliche Tracht Prügel geben! Jetzt muß ich es wenigstens deinen Eltern erzählen.«
    Ihre blauen Augen waren vor Entsetzen weit aufgerissen. Er wandte sich um. Der Zorn fiel von ihm ab. Es tat weh in ihm, als er daran dachte, daß er ihr Vertrauen getäuscht hätte. Natürlich war er gezwungen, sie zurechtzuweisen. Aber mit harten Worten...
    »Verzeih«, murmelte er.
    Sie wollte nicht weinen. Aber als er um Verzeihung bat, konnte sie nicht länger dagegen ankämpfen; ungestüm warf sie sich mit dem Gesicht auf sein Knie und weinte, daß der ganze Körper sich schüttelte.
    »Ich fand, Sie sahen so lieb aus!« schrie sie zwischen den Schluchzern. »Ich habe Sie bewundert. Oh, wie ich Sie bewundert habe. Aber Sie sind böse, und ich hasse Sie, hasse Sie, hasse Sie!«
    Unglücklich sah er ihre Verzweiflung an.
    »Ja, ich war böse«, sagte er. »Aber, bitte, verzeih mir dennoch.« Sie machte einen Versuch, den Kopf zu schütteln.
    »Niemals werde ich Ihnen verzeihen«, schrie sie. »Nie in meinem Leben!«
    Hilflos legte er seine Hand auf ihre Schulter, sah, wie die flaumige Wirbelsäule in dem weißen Bademantel verschwand.
    »Marianne«, sagte er bittend. »Ich kann es nicht ertragen, daß ich derjenige gewesen bin, der dich so traurig gemacht hat.«
    Endlich setzte sie sich hoch.
    »Ich ertrage es auch nicht länger«, schluchzte sie. »Ich möchte so gerne, daß Sie mich gern haben.«
    Er sah in das verweinte Gesicht.
    »Ich hab’ dich doch gern«, sagte er. »Ganz schrecklich sogar.« Sie strahlte.
    »Wirklich?« sagte sie, und die Stimme zitterte ein wenig. »Wirklich?« Er nickte.
    »In ganz hohem Maße wirklich«, sagte er und lächelte, ohne froh zu sein.

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