Das Flüstern der Nacht
Es kann dir nur von Nutzen sein, wenn alle sehen, dass deine männlichen Gelüste so stark sind, dass selbst die Anführerin der Damaji’ting dir allzeit zu Willen sein muss.«
»Noch eine Täuschung«, erwiderte Jardir müde und ließ sich auf dem Schädelthron nieder.
»Keineswegs«, schnurrte Inevera und glitt auf seinen Schoß. »Ich bin gern bereit, die Wünsche des Shar’Dama Ka zu befriedigen.«
»Du sagst das, als sei es eine lästige Pflicht«, meinte Jardir. »Eine langweilige Aufgabe als Gegenleistung für Macht.«
»Langweilig ist sie ganz bestimmt nicht«, flötete Inevera und fuhr mit einem Finger seine Brust hinunter. Sie löste die Schnüre seiner Pluderhose und setzte sich mit gespreizten Beinen auf ihn.
Jardir konnte sich nicht dagegen wehren, dass ihre Lust seine Begierde weckte, doch er vergaß nicht, dass er auf dem Schädelthron saß, und er blickte hoch, als Inevera sein Glied in sich eindringen ließ, so wie sie den Andrah geritten hatte. Die Tötung des Mannes hatte nicht bewirkt, dass dieses Bild aus seinem Gedächtnis gelöscht wurde. Es verfolgte ihn wie ein Gespenst, dem der Übergang in das nächste Leben verwehrt wird.
Empfand Inevera wirklich Leidenschaft, wenn er sie berührte, oder waren ihr Stöhnen und ihre aufreizenden Bewegungen auch nur eine Maskerade, wie der undurchsichtige Schleier, den sie abgenommen hatte? Jardir wusste es wahrhaftig nicht.
Er stand auf und hob sie von seinem Schoß herunter. »Ich bin nicht in der Stimmung für solche Spielchen.«
Ineveras Augen weiteten sich, aber sie verlor nicht die Beherrschung. »Der hier sagt aber etwas anderes«, gurrte sie und massierte sein steifes Glied.
Jardir schob ihre Hand weg. »Ich lasse mich von ihm nicht beherrschen«, versetzte er und schnürte die Kordeln an seiner Taille wieder zu.
Inevera warf ihm einen Blick zu, der ihn an eine Schlange kurz vor dem Zustoßen erinnerte, und einen Moment lang glaubte er, sie würde ihn angreifen; doch dann kehrte die dama’ting -Maske zurück. Sie zuckte gleichmütig mit den Schultern, als mache es ihr nichts aus, von ihm abgewiesen zu werden, und schwebte mit aufreizend wiegenden Hüften vom Podest herunter.
Hasik berührte mit der Stirn den Marmorboden vor dem Podest, auf dem der Schädelthron stand.
»Ich habe den khaffit hergebracht, Erlöser«, meldete er verächtlich. Auf Jardirs Nicken hin öffneten die Wachen die Tür und Abban humpelte herein. Als er sich dem Podest näherte, versetzte Hasik ihm einen Stoß in den Rücken, der ihn auf die Knie zwingen sollte; doch Abban balancierte sich schnell mit seiner Krücke aus, und es gelang ihm, das Gleichgewicht zu halten.
»Knie nieder vor dem Shar’Dama Ka !«, brüllte Hasik, aber Jardir bedeutete ihm mit einem Wink, er möge schweigen.
»Wenn ich schon sterben soll, dann will ich wenigstens dabei stehen«, erwiderte Abban.
Jardir lächelte. »Wie kommst du darauf, ich könnte dich töten wollen?«
»Bin ich nicht auch ein loser Faden, der abgeschnitten werden soll?«, fragte Abban. »Wie der Par’chin vor mir?« Hasik gab ein zorniges Knurren von sich, er festigte den Griff um seinen Speer und sein Blick war erfüllt mit einer mörderischen Wut.
»Lasst uns allein«, forderte Jardir Hasik und die anderen Wachen auf und unterstrich seinen Befehl mit einem energischen Wedeln der Hand. Nachdem die Männer sich entfernt hatten, stieg Jardir von dem Podest herunter und stellte sich vor Abban hin.
»Du sprichst Dinge aus, die besser nicht gesagt werden sollten«, erklärte er ruhig.
»Er war dein Freund, Ahmann«, erwiderte Abban, ohne sich einschüchtern zu lassen. »Aber ich glaube, das war ich auch einmal.«
»Der Par’chin hat dir den Speer gezeigt«, erkannte Jardir plötzlich. »Du, ein lächerlicher, fetter khaffit , hast vor mir den Speer des Kaji gesehen!«
»Das stimmt«, räumte Abban ein, »und mir war sofort klar, um welche Waffe es sich handelt. Aber ich habe dem Par’chin den Speer nicht gestohlen, obwohl es möglich gewesen wäre. Ich mag ja ein lächerlicher, fetter khaffit sein, aber ich bin kein Dieb.«
Jardir lachte. »Du bist kein Dieb? Abban, du bist nichts anderes! Jeden Tag stiehlst du Dinge, die Toten gehören, und du betrügst die Menschen im Basar!«
Abban zuckte die Achseln. »Ich halte es nicht für ein Verbrechen, wenn ich Gegenstände berge, auf die niemand Anspruch erhebt, und Feilschen ist nur eine andere Form des Kampfes, aus dem der Sieger ohne Ehrverlust hervorgeht.
Weitere Kostenlose Bücher