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Das Flüstern der Nacht

Das Flüstern der Nacht

Titel: Das Flüstern der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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sich aus dem Pakt herauszustehlen wie ein Horcling, der in einem Siegelnetz eine Lücke sucht. Aber ohne seine Unterstützung wird Angiers
niemals imstande sein, die krasianische Streitmacht aufzuhalten.«
    »Würdet Ihr selbst den Pakt missachten, wenn es hart auf hart käme?«, erkundigte sich der Tätowierte Mann.
    »Im Vertrag heißt es, die Unterzeichner sollen sich zusammenschließen und gemeinsam dem gefährdeten Staat beistehen«, grollte Rhinebeck. »Soll ich mich denn allein mit den Wüstenratten anlegen, damit Euchor hinterher die günstige Gelegenheit ergreift, beide geschwächten Armeen vernichtet und sich selbst zum König erklärt?«
    Der Tätowierte Mann schwieg eine geraume Weile. »Warum schickt Ihr ausgerechnet mich zu Herzog Euchor, Euer Gnaden?«
    Rhinebeck schnaubte durch die Nase. »Nur keine falsche Bescheidenheit. Jeder Jongleur in Thesa singt Balladen über dich. Wenn dein Auftauchen in Miln nur halb so viel Unruhe stiftet wie bei uns in Angiers, wird Euchor gar nichts anderes übrigbleiben, als sich an den Pakt zu halten … vor allen Dingen, wenn du ihm diese bittere Pille mit deinen Kampfsiegeln versüßt.«
    »Ich würde sie nie jemandem vorenthalten, nur um ein bestimmtes politisches Ziel durchzusetzen«, warnte der Tätowierte Mann.
    »Natürlich nicht.« Rhinebeck grinste hinterhältig. »Aber das muss Euchor doch nicht wissen, oder?«
    Rojer schob sich näher an den Tätowierten Mann heran. Als geschickter Puppenspieler konnte er brüllen oder flüstern, ohne seine Lippen zu bewegen; er konnte es sogar so erscheinen lassen, als kämen die Geräusche aus einer gänzlich anderen Richtung.
    »Er ist nur darauf aus, dich loszuwerden«, wisperte er dem Tätowierten Mann unbemerkt zu.
    Doch der gab nicht zu erkennen, ob er ihn überhaupt gehört hatte. »Ich bin einverstanden. Ich reise nach Miln. Aber ich benötige Eure schriftliche Weisung, Euer Gnaden, um Herzog Euchor von der Echtheit meine Botschaft zu überzeugen.«

    »Du wirst mit allem ausgestattet, was du brauchst«, versprach Rhinebeck.

    »Euer Gnaden«, flötete die Hofdame, »Lord Janson bat mich, Euch auszurichten, dass die Audienz mit der Abordnung aus dem Tal der Holzfäller beendet ist.«
    »Danke, Ema«, erwiderte Araine; sie fragte nicht einmal, wie die Dinge gelaufen waren. »Bitte gib Lord Janson Bescheid, dass ich mich im Vorzimmer mit ihm treffen werde, nachdem wir unseren Tee getrunken haben.« Ema sank in einen eleganten Knicks und rauschte davon. Wonda leerte ihre Tasse in einem Zug und sprang auf die Füße.
    »Es besteht kein Grund zur Eile, Mädchen«, hielt Araine sie zurück. »Männern kann es nur guttun, wenn Frauen sie ab und an warten lassen. Sie müssen lernen, wie man sich in Geduld übt.«
    »Ja, Euer Gnaden«, stammelte Wonda und verbeugte sich.
    Die Herzoginmutter erhob sich aus ihrem Sessel. »Komm her zu mir, Mädchen, damit ich dich ausgiebig ansehen kann«, befahl sie. Wonda rückte näher und Araine wanderte um sie herum. Sie betrachtete die abgewetzte, geflickte Kleidung, die gezackten Narben in dem unschönen Gesicht, dann streckte sie die Hand aus und drückte die Schultern und Arme des Mädchens, wie ein Schlachter, der ein Stück Vieh begutachtet.
    »Ich kann verstehen, warum du dich entschieden hast, ein Leben wie ein Mann zu führen«, meinte die Herzoginmutter. »Allein schon von deiner Figur her gleichst du einem Burschen. Bedauerst du manchmal, keine hübschen Kleider zu tragen und keine Kavaliere zu haben, die dich zum Erröten bringen?« Auch Leesha erhob sich nun, doch die Herzoginmutter drohte ihr mit dem Finger, ohne sich zu ihr umzudrehen, und Leesha verbiss sich die Bemerkung, die ihr auf der Zunge lag.

    Wonda trat verlegen von einem Fuß auf den anderen. »Hab nie viel darüber nachgedacht.«
    Araine nickte. »Was ist das für ein Gefühl, Mädchen, gemeinsam mit Männern in den Kampf zu ziehen?«
    Wonda zuckte die Achseln. »Es gefällt mir, Dämonen zu jagen. Sie haben meinen Dad umgebracht und viele meiner Freunde. Am Anfang haben ein paar der Holzfäller uns Frauen nicht wie ihresgleichen behandelt. Sie versuchten, sich vor uns zu drängen, wenn die Dämonen kamen, um uns Deckung zu geben. Aber wir töten genauso viele Horclinge wie sie, und nachdem ein paar Männer verletzt wurden, weil sie auf irgendeine Frau aufpassen wollten anstatt auf sich selbst, haben sie ihr Verhalten schnell geändert.«
    »Die angieranischen Männer wären da noch viel schlimmer«, behauptete

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