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Das Flüstern der Nacht

Das Flüstern der Nacht

Titel: Das Flüstern der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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antwortete Amanvah. Gleich darauf fing sie wieder an zu singen, während sie mit einer Schüssel Wasser über seinen Kopf goss; gleichzeitig angelte Sikvah nach einer Bürste und einem Stück Seife.
    Sie ging energisch und geschickt vor, schrubbte ihm den Dreck und das Blut ab und massierte seine verspannten Muskeln. Aber Rojer merkte es kaum, hielt die Augen geschlossen, trunken von ihren Stimmen und der Berührung mit ihrer Haut, bis Sikvahs Hände in das Wasser eintauchten. Er zuckte zusammen.
    »Shhh«, wisperte Amanvah, ihre weichen Lippen dicht an seinem Ohr. »Sikvah hat schon einem Mann beigelegen und wurde als Kissentänzerin ausgebildet. Anlässlich des Schwarzen Mondes soll sie unser Geschenk an dich sein.«
    Rojer wusste nicht genau, was eine »Kissentänzerin« war, aber in seiner Fantasie konnte er es sich ziemlich gut ausmalen. Sikvahs Lippen legten sich auf seine, und er keuchte, als sie sich auf seinen Schoß setzte.

    Leesha hatte keine Ahnung gehabt, dass Rojers Schlafzimmer direkt unter ihrem lag, bis sie Sikvahs Schreie hörte. Zuerst glaubte sie, das Mädchen litte Schmerzen, und setzte sich mit einem Ruck im Bett auf, bereit, ihre Schürze zu holen, doch dann erkannte sie, was diese Schreie auslöste.
    Sie versuchte wieder einzuschlafen, doch trotz der dünnen Wände ließen sowohl Rojer als auch das Mädchen jede Hemmung fallen. Leesha zog sich ein Kissen über die Ohren, doch die Geräusche durchdrangen selbst dieses Hindernis.

    Im Grunde war sie nicht überrascht. Eher wunderte sie sich, dass es so lange gedauert hatte. Leeshas Argwohn war geweckt worden, als feststand, dass Sikvah bereits Erfahrung in der Liebe hatte; und Ineveras Drängen, die Jungfräulichkeit der beiden Mädchen zu prüfen, schürte ihr Misstrauen nur noch mehr. Es war einfach, an Rojers Edelmut zu appellieren, und eine sichere Methode, ihn dazu zu bringen, die Mädchen als seine Bräute zu akzeptieren. Schließlich war Rojer auch nur ein Mann.
    Sie schnaubte, als sie sich vergegenwärtigte, dass das nur die Hälfte der Geschichte war. Inevera hatte auch sie an der Nase herumgeführt.
    Obwohl sie es nicht billigte, dass ein Mann sich mehr als eine Frau nahm, glaubte sie, dass Rojer einen guten Einfluss auf die Mädchen haben konnte; und wenn er erst als Ehemann Verantwortung trug, half ihm das vielleicht, mehr charakterliche Reife zu erlangen. Wenn eine Ehe mit zwei Frauen seinen Wünschen entgegenkam …
    Aber selbst wenn er sich noch so herrlich amüsiert, muss ich mir diese Lustschreie und das Liebesgestöhne nicht anhören, entschied sie. Kurzerhand sprang sie aus dem Bett, ging durch den Flur und suchte sich eines der vielen leeren Schlafzimmer in ihrer Etage aus. Dankbar ließ sie sich in ein Bett sinken und rechnete damit, sofort einzuschlafen, aber die Geräusche aus Rojers Schlafkammer wollten ihr nicht aus dem Kopf gehen und beschworen unwillkürlich Bilder herauf. In Gedanken sah sie Jardir, ohne Hemd, seine straffe Haut, die durch die vielen Siegel zu leben schien. Sie fragte sich, wie sie sich wohl anfühlen mochte; würden ihre Finger genauso prickeln, wenn sie darüber strich, wie es ihr bei Arlen passiert war?
    Während sie sich diesen leidenschaftlichen Vorstellungen überließ, schlummerte sie endlich ein. In ihren Träumen erinnerte sie sich an die Hitze, die vom Kamin abstrahlte, als sie und Gared sich zusammen auf dem Boden ihrer elterlichen Wohnstube
gewunden hatten. An Maricks Wolfsaugen. An den Sturm der Gefühle, den Arlens Küsse und Umarmungen in ihr ausgelöst hatten.
    Aber Gared und Marick hatten sie verraten, und Arlen wies sie ab. Der Traum wurde zu einem Alptraum, blitzartige Erinnerungen an jenen Nachmittag auf der Straße suchten sie heim, als sie von drei Männern vergewaltigt wurde, wobei diese Bilder mit mehr Einzelheiten befrachtet waren als je zuvor. Sie hörte wieder ihre schmutzigen Witze und ihr Gejohle, spürte, wie sie an ihren Haaren zerrten, und durchlebte noch einmal, was sie ihr angetan hatten, als sie auf ihr lagen. Scheußliche Dinge, die sie aus ihrem Gedächtnis verdrängt hatte, die jedoch tatsächlich geschehen waren. Und über all dem sah sie das höhnische Lächeln, mit dem Inevera sie bei der Auspeitschung beobachtet hatte.
    Sie wurde wach, und ihr Herz hämmerte wie wild in ihrer Brust. Ihre Hände zitterten und sie suchte nach etwas, womit sie sich wehren konnte, aber natürlich war sie allein.
    Nachdem sie die Orientierung wiedergefunden hatte, verflog ihre

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