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Das Flüstern der Nacht

Das Flüstern der Nacht

Titel: Das Flüstern der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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zitternde Hand, um ihre schmerzenden Augen zu schützen, bis sie sich an die Beleuchtung gewöhnt hatten. Als das geschehen war, stellte sie fest, dass sie bäuchlings vor Inevera lag, die auf einem Bett aus Kissen ruhte und sie betrachtete wie eine Katze eine in die Enge getriebene Maus beobachten würde.
    »Ihr wart nie hier«, wandte sich Inevera an die beiden Entführer. Die verbeugten sich und verschwanden.

    Lächelnd sah sie dann auf Leesha hinab. »Männer können sehr nützlich sein. Bitte, setz dich zu mir.« Sie wies auf einen zweiten Kissenberg ihr gegenüber.
    Leesha wankte leicht, während das Blut in ihre tauben Füße zurückströmte, doch sie stand so schnell auf wie sie konnte und widerstand der Versuchung, ihren malträtierten Hals zu massieren. Neugierig sah sie sich in dem großen Zimmer um. Es war ein mit Kissen ausgepolstertes Liebesnest, schummrig beleuchtet und von Parfümdüften durchdrungen; jede Fläche war mit Samt oder Seide verkleidet. Die Tür befand sich direkt hinter ihr.
    »Auf der anderen Seite stehen keine Wachen«, erklärte Inevera lächelnd und wedelte mit der Hand, als erteile sie Leesha die Erlaubnis, ihre Behauptung nachzuprüfen. Sie tat es und wollte nach dem Zugring aus Messing greifen, doch ein magischer Blitz zuckte, Leesha wurde nach hinten geschleudert und landete auf dem weichen Teppich. Sie sah, dass rings um die Tür Siegel aufflammten, um sofort wieder zu erlöschen; zurück blieben lediglich geisterhafte Nachbilder, die vor ihren immer noch nicht ganz erholten Augen tanzten.
    Eher wissbegierig als ängstlich rappelte Leesha sich wieder auf, trat an die Tür heran und studierte die Siegel, die meisterhaft in Silber und Gold auf den Rahmen gemalt waren. Viele waren ihr unbekannt, aber ihr fiel auf, dass Siegel der Stille in die übrigen Symbole eingeflochten waren. Draußen auf dem Korridor würde niemand hören, was in diesem Raum vor sich ging.
    Sie tippte mit einem Finger gegen das Netz und sah, wie die Siegel rings um die Stelle, die sie berührt hatte, kurz aufglühten und das eng gewobene Geflecht aus Zeichen erhellten.
    Leesha wusste, mit ein wenig Zeit konnte sie die Siegel ausschalten und fliehen, doch während sie sich damit beschäftigte, konnte sie Inevera nicht ihre volle Aufmerksamkeit widmen, und dieser Frau traute sie alles zu. Sie wandte sich wieder an die Damajah , die immer noch wie hingegossen auf ihren Kissen lag.

    »Also gut«, meinte Leesha, ging zu ihr und ließ sich auf den anderen Kissenberg sinken. »Worüber möchtest du mit mir sprechen?«
    »Hast du vor, hier die Dumme zu spielen?«, fragte Inevera. »Dachtest du, ich würde nichts merken? Ich wusste es im selben Moment, als du ihn angerührt hast!«
    »Ja, und?«, versetzte Leesha. »Das war doch kein Verbrechen. Nach euren eigenen Gesetzen darf ein Mann jeder Frau beiliegen, nach der es ihn gelüstet, solange sie nicht das Eheweib eines anderen ist.«
    »Vielleicht angeln sich die Frauen aus dem Norden einen Gemahl, indem sie sich wie ein Hure aufführen«, zischte Inevera. »Aber in meinem Volk werden solche Weibsbilder von den Gemahlinnen ihrer Opfer bestraft.«
    »Ahmann hat um meine Hand angehalten, lange bevor ich mit ihm schlief«, entgegnete Leesha, um Inevera mit voller Absicht zu provozieren, während sie sich einen Fluchtplan zurechtlegte. »Und ich bezweifle, dass er sich als Opfer fühlt.« Sie lächelte genießerisch. »Er dachte nicht daran, sein Begehren zu zügeln.« Inevera stieß ein raubtierhaftes Fauchen aus und setzte sich aufrecht hin. In diesem Augenblick wusste Leesha, dass sie sie getroffen hatte.
    »Lehne den Antrag meines Gemahls ab und flieh noch heute Nacht aus Everams Füllhorn«, forderte Inevera sie auf. »Für dich ist das die einzige Chance, am Leben zu bleiben.«
    »Deine früheren Versuche, mich ermorden zu lassen, sind fehlgeschlagen, Damajah «, erklärte Leesha trocken. »Wie kommst du darauf, der nächste könnte von Erfolg gekrönt sein?«
    »Weil ich mich dieses Mal nicht eines fünfzehnjährigen Mädchens bedienen werde«, erklärte Inevera, »und weil mein Gemahl nicht rechtzeitig hier sein kann, um dich zu retten. Ich werde allen erzählen, dass du in der Nacht, als du meinen Gemahl verführt hast, zu mir kamst, um mich zu töten. Das gibt mir das Recht, dich umzubringen.«

    Leesha lächelte immer noch. »Ich bezweifle, dass du es fertigbrächtest.«
    Unter ihren Kissen zog Inevera einen kleinen Gegenstand hervor. Eine Stichflamme

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