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Das Flüstern der Nacht

Das Flüstern der Nacht

Titel: Das Flüstern der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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zuzulassen, dass man ihn hinrichtete. Inevera hatte behauptet, ihre Schicksale seien miteinander verknüpft, und danach richtete er nun sein Handeln aus.
    Sein Arm schmerzte entsetzlich, und nachdem er die ganze Nacht hindurch gekämpft hatte, fühlte er sich wie zerschlagen. Vor Schmerzen
und Entkräftung war ihm schwindelig, doch er umarmte seine Qualen und verdrängte sie. Wenn er sich bei Everam befand, hatte er Zeit genug zum Ausruhen, doch noch war er nicht da.
    »Hätte ich ihn denn abweisen sollen?«, fragte er so laut, dass jeder ihn hören konnte. »Er kommt zu uns, mit alagai als seinen Feinden, und wir sollen ihn wegschicken? Was sind wir - Männer oder khaffit ?«
    Der Andrah blieb stehen und drehte sich zu Jardir um. Sein Gesicht war vor Wut verzerrt.
    »Er hat einen Felsendämon mitgebracht!«, tobte der Andrah .
    »Es kümmert mich nicht, ob sein Feind tatsächlich Alagai Ka war oder nicht!«, brüllte Jardir zurück. »Verflucht sei Krasia, wenn wir uns so vor den alagai fürchten, dass wir einem Mann in der Nacht nicht beistehen - auch wenn er ein chin ist!«
    Er winkte dem Nordländer zu, der bis zur Mitte der Treppe hochstieg, so dass alle ihn sehen konnten. Seinen Speer hielt er fest umklammert, als erwarte er, dass die Menge sich jeden Augenblick gegen ihn wenden könnte. Der entschlossene Blick in seinen Augen verriet, dass er nicht so leicht zu überwältigen sein würde.
    Er kennt keine Furcht, dachte Jardir. Einen besseren Schicksalsgefährten könnte ich mir gar nicht vorstellen.
    »Das ist kein Feigling aus dem Norden, der den Boden beackert wie ein Weib!«, rief Jardir. »Das ist ein par’chin , ein tapferer Fremder, der kämpft wie ein dal’Sharum ! Soll Alagai Ka ruhig kommen! Wenn ihn nach dem Blut des Nordländers dürstet, ist das Grund genug für jeden, der vor Everam bestehen will, diesen Mann zu verteidigen!«
    Shanjat brüllte seine Zustimmung, und Jardirs Hundertschaft griff den Ruf unverzüglich auf. Im Nu rissen alle anderen dal’Sharum ihre Speere hoch und stimmten in das Geschrei ein.
    »In dieser Nacht haben wir uns gegen Nie behauptet und ihrem großen Diener getrotzt!«, fuhr Jardir mit erhobener Stimme fort. »Und während er in diesem Augenblick geschlagen in den Abgrund
zurückkriecht, zittert er vor Furcht, weil die dal’Sharum des Wüstenspeers ihn verjagt haben!«
    Spuckend und stotternd suchte der Andrah nach einer Entgegnung, doch in Anbetracht der ungeheuren Unterstützung, die man Jardir entgegenbrachte, konnte er nichts mehr gegen ihn ins Feld führen. Er machte auf dem Absatz kehrt und ließ sich schwer in seine Sänfte fallen. Die nie’Sharum ächzten unter der Last seines massigen Leibs, als sie die Trageholme auf ihre Schultern hievten.
    »Du spielst ein gefährliches Spiel«, warnte Amadeveram, als der Andrah außer Hörweite getragen wurde.
    »Für mich ist der Sharak kein Spiel, Damaji «, entgegnete Jardir.

    »Das hast du gut gemacht«, lobte Inevera, als sie ihn auf ihren Operationstisch legte. »Du hast es dem fetten Schwein gezeigt, so dass ihm gar nichts anderes übrigblieb, als mit eingeklemmtem Schwanz das Weite zu suchen!« Lachend fing sie an, ihm die Gewänder vom Körper zu schneiden. Seine Schulter und ein großer Teil des Arms waren schwarz angelaufen.
    »Hin und wieder, in seltenen Momenten, kann ich auch ganz tüchtig sein«, erwiderte Jardir spöttisch.
    Inevera brummte etwas vor sich hin, packte seinen Arm und renkte ihn mit einer scharfen Drehung wieder ein. Jardir war auf die Schmerzen vorbereitet gewesen, die deshalb wie eine linde Brise über ihn hinwegwehten.
    »Brauchst du ein Mittel gegen die Schmerzen?«, fragte sie.
    Jardir schnaubte verächtlich.
    »Wie stark du bist«, schnurrte sie, während ihre forschenden Finger seinen Körper nach weiteren Verletzungen abtasteten. Jardir war von Prellungen und Abschürfungen übersät, aber keine seiner Blessuren schien eine rasche Behandlung zu erfordern, denn
Ineveras Gewänder glitten zu Boden, sie kletterte zu ihm auf den Tisch und setzte sich rittlings über ihn.
    Nichts erregte sie mehr als ein Sieg.
    »Mein Held«, hauchte sie und küsste seine harte Brust. »Mein Shar’Dama Ka .«

    Jardir saß auf dem Speerthron und betrachtete seine kai’Sharum , die ihm Bericht erstatteten. Sein linker Arm ruhte in einer Schlinge, und obwohl die Schmerzen kaum bis in sein Bewusstsein vordrangen, ärgerte es ihn, dass er einen Arm nicht gebrauchen konnte. Seine Gemahlinnen würden

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