Das Flüstern der Nacht
Jardir.
Ashan verneigte sich tief. »Vergib mir, Par’chin .« Der Nordländer nickte, nachdem Abban übersetzt hatte.
»Und seitdem verfolgt dich dieser Dämon?«, vergewisserte sich Jardir.
Der Fremde nickte heftig. »Seit fast sieben Jahren«, dolmetschte Abban, »aber eines Tages werde ich ihm die Sonne zeigen.«
Jardir wiegte nachdenklich den Kopf. »Warum hast du uns nicht erzählt, dass ein so mächtiger Feind dir auf den Fersen ist? Du hast meine Stadt in Gefahr gebracht.«
Der Nordländer machte eine Erwiderung und Abbans Augen weiteten sich. Er sagte etwas zu dem Fremden, doch der schüttelte den Kopf und fing wieder an zu sprechen.
»Ihr seid nicht hier, um Privatgespräche zu führen, khaffit !«, brüllte Jardir und sprang von seinem Platz auf. Die dal’Sharum an der Tür senkten ihre Speere und rückten vor.
»Ich bitte vielmals um Vergebung, Erster Krieger!«, kreischte Abban und presste sein Gesicht wieder auf den Fußboden. »Ich wollte mich nur vergewissern, was genau der Fremde meinte!«
»Was der Klärung bedarf, entscheide ich !«, donnerte Jardir. »Wenn du noch einmal außer der Reihe sprichst, hacke ich dir die
Daumen ab. Und jetzt wirst du alles übersetzen, was gesprochen wurde!«
Abban nickte eifrig. »Der Mann aus den Grünen Ländern sagte: ›Es war doch nur ein Felsendämon. Im Norden sind sie nichts Ungewöhnliches, und ich hielt es nicht für erwähnenswert, dass einer von ihnen mir persönlich nachstellt.‹ Daraufhin erwiderte ich: ›Du übertreibst doch sicher, mein Freund! Es kann nicht zwei derart riesige alagai geben.‹ Und er sagte: ›Doch, in den Bergen im Norden kommen solch riesige Dämonen häufig vor.‹«
Jardir nickte. »Sind diese Felsendämonen verletzlich? Wo sind ihre Schwachpunkte?«
»Soweit ich weiß«, antwortete der Nordländer über Abban, »haben sie keine. Und ich habe sie überaus gründlich studiert.«
»Wir werden eine verletzliche Stelle finden, Par’chin «, versprach Jardir. »Zusammen.«
»Diese Form der Verständigung ist untragbar«, meinte Jardir, nachdem der Nordländer den Audienzsaal verlassen hatte.
»Der Par’chin verfügt über eine rasche Auffassungsgabe und ist sehr gescheit«, erwiderte Abban. »Er hat angefangen, unsere Sprache zu lernen, und es wird nicht mehr lange dauern, bis er sie beherrscht, das versichere ich dir.«
»Das reicht mir nicht«, beschloss Jardir. »Es werden noch andere Nordländer hier auftauchen, und mit ihnen will ich ebenfalls sprechen. Da keiner unserer gelehrten Männer«, er streifte Ashan mit einem abfälligen Blick, »es für nötig erachtet hat, sich die Sprache der Wilden anzueignen, wirst du sie uns beibringen müssen, angefangen bei mir.«
Abban erbleichte. »Ich?«, quiekte er. »Ich soll dich unterrichten?«
Jardir spürte Ekel in sich aufsteigen. »Hör auf zu greinen! Ja, du! Oder gibt es noch jemanden, der diese Sprache spricht?«
Abban zuckte die Achseln. »Auf dem Markt ist diese Sprache ab und an ganz nützlich. Meine Ehefrauen und Töchter können ein paar Brocken, damit sie heimlich belauschen können, was die Kuriere erzählen. Viele andere Frauen im Basar tun das Gleiche.«
»Erwartest du etwa, dass der Sharum Ka sich von einer Frau unterweisen lässt?«, fragte Ashan scharf, und Jardir nahm die unbeabsichtigte Ironie hin, ohne den Geistlichen zurechtzuweisen. Ohne Inevera wäre er immer noch ein ungebildeter dal’Sharum , des Lesens und Schreibens nicht mächtig.
»Dann vielleicht von einem anderen Händler«, schlug Abban vor. »Ich bin nicht der Einzige, der mit dem Norden Handel treibt.«
»Aber keiner hat so viele geschäftliche Kontakte zu den Grünen Ländern wie du«, widersprach Jardir. »Das beweisen deine weibischen Seidengewänder und die Tatsache, dass ein jämmerlicher fetter khaffit mehr Ehefrauen hat als die meisten Krieger. Darüber hinaus kennt der Par’chin dich und vertraut dir. Falls sich kein richtiger Mann findet, der die Sprache des Nordens beherrscht, wirst du mein Lehrer sein.«
»Aber …«, stammelte Abban mit flehentlichem Blick. Jardir hob eine Hand, und er verstummte.
»Einmal sagtest du, du schuldest mir dein Leben«, erinnerte Jardir ihn. »Der Zeitpunkt ist gekommen, an dem du anfangen solltest, diese Schuld abzutragen.«
Abban verbeugte sich tief und drückte seine Stirn auf den Boden.
Bevor die Nacht hereinbrach, hatte man das Stadttor instand gesetzt. Der gigantische Felsendämon fuhr fort, die Mauern zu attackieren,
doch
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