Das Flüstern der Stille
Ben nach Hause kam und seine Mutter in eine Decke gehüllt auf dem Sofa liegen sah, Calli an ihrer Seite, die ihre Schulter streichelte. Ich konnte Calli nicht dazu bringen, mit mir zu sprechen. Sie sah mich nur mit ihren großen braunen Augen an und saß stumm da, als der Krankenwagen ihre Mutter fortbrachte.
Ich hatte Ben gefragt, wo sein Vater sei, und er konnte es mir nicht mit Sicherheit sagen. Vielleicht bei Behnke’s, einer Bar in der Stadt. Ich hatte kurz überlegt, dort anzurufen, um mit Griff zu sprechen, doch schien mir ein Gespräch von Angesicht zu Angesicht dann doch effektiver. Ich bat einen Nachbarn, nach den Kindern zu sehen, und fuhr ins Behnke’s.
Durch die rauchige Luft konnte ich Griff an der Bar sitzen sehen, im Kreise einiger alter Schulfreunde. Seine Kumpels lachten und quatschten, tauschten zweifelsohne Erinnerungen an die guten alten Tage aus, das Einzige, was diese Jungs hatten. Griff war ungewöhnlich ruhig, schüttete einen Kurzen nach dem anderen in sich hinein, nickte, lächelte ab und zu über etwas, das jemand sagte. Ich ging zu ihm hinüber, und er schaute mich an. Er schien nicht überrascht, mich zu sehen. Ich fühlte die Augen aller Anwesenden auf mich gerichtet, erwartungsvoll, was als Nächstes passieren würde. Meine Vergangenheit mit Toni war in Willow Creek kein Geheimnis. Ich wartete auf Griffs übliche sarkastische Begrüßung. „Deputy Sheriff“, sagte er immer in so einer übertriebenen Art, dass es klang, als würde er einen König oder ein Staatsoberhaupt begrüßen. Aber er schaute mich nur erwartungsvoll an, und Schweigen senkte sich über seine Freunde.
„Können wir uns draußen einen Moment unterhalten, Griff?“, fragte ich freundlich.
„Haben Sie einen Haftbefehl, Deputy Sheriff?“, fragte Roger, sein idiotischer Freund, und lachte hysterisch.
„Wir können ruhig hier drinnen miteinander sprechen, Louis“, sagte Griff sanft und schüttete einen weiteren Kurzen hinunter. „Kann ich dir einen Drink ausgeben?“
„Nein, danke, ich bin im Dienst“, erwiderte ich, und aus irgendeinem Grund fanden seine Freunde das totkomisch und brachen in lautes Gelächter aus.
Ich beugte mich näher zu Griff. „Es geht um Toni, Griff“, sagte ich leise; ich wollte nicht, dass die Idioten es hörten.
Griff stand auf. Ich bin gute zehn Zentimeter größer als er, aber er ist breit und wie ein Gewichtheber gebaut. Ich hatte keinen Zweifel, dass er mich verprügeln könnte, so wie damals, als ich neunzehn und vom College zurückgekommen war, um zu versuchen, Toni zurückzugewinnen. Ich war zu ihrem Haus gegangen, wo sie immer noch mit ihrem Vater lebte, der seit dem Tod seiner Frau um Jahrzehnte gealtert zu sein schien. Ein Blick in Tonis ausdrucksloses Gesicht an diesem Abend reichte, und ich wusste, dass zwischen uns etwas unwiederbringlich zerbrochen war. Wir konnten nicht dahin zurückkehren, wo wir mal gewesen waren. Zu dem Zeitpunkt wollte ich nicht in Willow Creek bleiben, und Toni wollte nicht fort. Meine Mom hatte Anfang des Jahres erneut geheiratet und war zusammen mit meinem Bruder und meiner Schwester nach Chicago zurückgezogen. Ich liebte das College, ich liebte Iowa City, und ich wollte, dass Toni mit mir käme. In Willow Creek gab es doch nichts mehr für sie, dachte ich. Aber sie sagte nein, wenn auch mit Bedauern, wie ich denke. Sie erklärte, dass sie sich mit Griff Clark treffe und es ihr gut gehe. Dass sie ihren Vater nicht allein lassen könne, da er schon zu viel verloren habe. Dann verschränkte sie die Arme vor der Brust, wie sie es immer tat, wenn sie eine endgültige Entscheidung gefällt hatte. Ich beugte mich vor, um ihr einen Abschiedskuss zu geben, aber sie senkte ihr Kinn in letzter Sekunde, und meine Lippen landeten auf ihrer Nase.
Griff wartete, bis ich weggefahren war. Wartete, bis ich siebzig Kilometer entfernt tanken musste. Wartete, bis ich bezahlt hatte und auf dem Weg zurück zu meinem Auto war. Dann kam er auf mich zu, boxte mir mit aller Kraft in den Magen, und als ich nach Luft schnappend vornüber zusammensackte, trat er mir in die Eier.
„Halt dich von Toni fern, Arschloch“, zischte er mir zu. Ich konnte den Alkohol in seinem Atem riechen. „Wir werden heiraten“, nuschelte er, bevor seine Faust, so groß wie ein Felsbrocken, mitten in mein Gesicht krachte. Diese drei Worte taten mehr weh als der Schlag.
Einige Monate später hörte ich von einem Freund, dass Toni und Griff geheiratet hatten. Und nur wenige
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