Das Flüstern der Stille
Festung daraus zu machen, unser eigenes, geheimes Versteck. Aber sie lag zu tief im Wald, der Weg dorthin war für Calli zu anstrengend, und so haben wir die Idee wieder verworfen. Vielleicht hatten Calli und Petra beschlossen, die alte Schule zu finden und sich dort umzusehen. Das war ein weitaus beruhigenderes Szenario als das andere, in dem es um Callis Fußabdrücke ging. Calli, die von irgendwem weggeschleppt wird.
„Was ist mit den Reportern?“, will Martin wissen.
„Können wir sie irgendwie ablenken?“, frage ich. „Ihnen sagen, dass es auf dem Revier eine Pressekonferenz gibt oder so?“
„Das ist alles so lange gut und schön, bis sie vor Ort feststellen, dass es keine Pressekonferenz gibt. Wir wollen sie nicht verärgern, Toni. Vielleicht brauchen wir sie später noch“, gibt Louis zu bedenken.
„Ich glaube ich weiß, was wir tun können“, wirft Martin ein. „Darf ich mal Mrs. Norlands Telefon benutzen?“
„Natürlich“, antworte ich. „Wen willst du anrufen?“
„Fielda“, erwidert er. „Sie wollte sowieso mit einem Reporter von Channel 12 sprechen. Ich glaube nicht, dass ein paar weitere Reporter sie stören werden.“
„Ich weiß sogar, wie wir die Journalisten noch länger beschäftigen können“, sagt Louis. „Wenn es Fielda nichts ausmacht. Ich kenne jemanden, der unbedingt helfen will. Mary Ellen McIntire ist in der Stadt.“ Louis schaut uns erwartungsvoll an.
„Du meinst die Frau, deren Tochter ermordet worden ist? Du glaubst doch nicht, dass derjenige, der ihrer Tochter das angetan hat, auch hiermit was zu tun hat, oder, Louis?“, frage ich mit leiser Stimme.
„Ich weiß es nicht, Toni. Ich hoffe nicht. Dies hier ist auf viele Arten anders, aber Jenna McIntire wurde auch irgendwie aus dem Haus und in den Wald gelockt. Es gibt genügend Ähnlichkeiten, damit sich Agent Fitzgerald für den Fall interessiert und die Presse ganz wild auf Informationen ist. Es wird sie eine Weile beschäftigen.“
Martin und ich sehen einander an. „Ich rufe Fielda an und erkläre ihr, was wir vorhaben. Louis, ruf Mrs. McIntire an, sie soll zum Haus meiner Schwiegermutter kommen. Antonia, du gehst raus und informierst die Journalisten, dass es bei den Mournings eine Pressekonferenz in …“, er schaut auf seine Armbanduhr, „… fünfzehn Minuten gibt.“
Ben
Ich bin so müde und nicke immer wieder ein. Meine Augen sind beinah zugeschwollen, und mein Kopf pocht. Dad sieht aus, als ob er schläft, also entspanne ich mich ein bisschen. Durch meine Sehschlitze – mehr sind meine Augen nicht mehr – sehe ich, dass Petra sich bewegt, nur ein kleines bisschen. Also ist sie nicht tot. Gott sei Dank. Ich stehe auf, stütze mich an einem Baum ab. Mir ist schwindelig, und ich bin so müde. Ich will nichts mehr als einen Schluck Wasser trinken, eiskalt, und dann in mein Bett kriechen und für Tage schlafen. Ich stolpere zu Petra hinüber; sie hat sich zu einem kleinen Ball zusammengerollt, ihre Arme bedecken ihren Kopf, sodass ich ihr Gesicht nicht sehen kann, was vermutlich ganz gut ist. Mein Magen fühlt sich nicht sonderlich wohl, und ich glaube nicht, dass ich einen näheren Blick auf Petras zu einer breiigen Masse geschlagenes Gesicht ertragen würde. Aber ich muss sie dazu bringen, mit mir zu sprechen, mir zu sagen, was passiert ist, solange Dad noch schläft.
„Petra“, flüstere ich. „Petra!“ Ein bisschen lauter. Ich knie mich hin und lege meine Hände auf ihre Schultern. Meine Finger sind mit getrocknetem Blut verschmiert, und ich kann sie an meinen Shorts abwischen, soviel ich will, es geht nicht weg. Petra rollt sich noch enger zusammen.
„Petra, ich bin’s, Ben. Bitte, wach auf. Ich muss mit dir reden.“
Sie stöhnt ein bisschen, als ob ihr sogar meine Stimme im Ohr wehtun würde.
„Es ist okay, Petra, du bist jetzt in Sicherheit. Ich werde nicht zulassen, dass er dir noch mal wehtut.“ Ich werfe einen Blick zu meinem Vater, der immer noch schläft. Petra stöhnt erneut, und ich tätschle ihren Arm.
„Mommy“, weint sie leise.
„Du wirst deine Mom bald wiedersehen, Petra.“ Ich versuche, sie zu beruhigen. „Petra, hat mein Dad dir das angetan?“ Keine Reaktion. „Komm, Petra, mir kannst du es sagen. Hat mein Dad dir wehgetan? Wer hat dich hierhergebracht?“
Keine Antwort. Ich seufze und setze mich auf den Hosenboden. Zumindest hat sie etwas gesagt, sie wird also nicht sofort sterben. Für eine Siebenjährige ist Petra ganz in Ordnung. Und sie ist sehr
Weitere Kostenlose Bücher