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Das Fluestern des Todes

Das Fluestern des Todes

Titel: Das Fluestern des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Wignall
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Blatt Papier über den Schreibtisch. »Bitte schreiben Sie Namen und Adresse Ihrer Angehörigen sorgfältig auf. Ebenso Ihre eigene.« Als sie ihm das Papier zurückgab, sagte er: »Sehr gut. Bitte entschuldigen Sie mich für einen Moment.« Er stand auf und verließ das Büro.
    Sie drehte sich in ihrem Stuhl und bemerkte zum ersten Mal, dass Katharina in diskretem Abstand hinter ihr saß. Lucas stand an der Tür, als schöbe er Wache, doch sein Gesicht verriet, dass er tödlich gelangweilt war.
    »Besuchen Sie eine Universität?«, fragte Katharina.
    »Ja, ich studiere Englische Literatur. Und Sie?«
    Katharina lächelte. »Jura.« Ella fühlte einen Anflug von Neid auf dieses Mädchen, das offensichtlich in die Fußstapfen ihres liebenswürdigen Vaters treten wollte.
    Ella hatte sich nie übermäßig viele Gedanken gemacht, was sie mit ihrem Leben anstellen wollte. Mit Sicherheit wollte sie nicht in die Fußstapfen ihres Vaters treten – allein schon deswegen, weil sie nie die Wahrheit über seine Geschäfte erfahren hatte, auch nie danach gefragt hatte, sondern sich immer mit vagen Beschreibungen wie »Investor« und »Finanzier« abspeisen ließ.
    Und nun war sie ungewollt selbst in diesem Metier gelandet. Man hatte ihr ein Vermögen in die Hand gedrückt – ein Vermögen allerdings, von dem wohl nur Lucas annahm, dass es »nur Geld« war. Sie wollte es nicht – und hatte keine Probleme damit, es Simon zu vermachen oder auch zu verschenken, wenn sie dadurch ihr bisheriges Leben fortsetzen konnte.
    Nachdem Max zurückgekommen war, dauerte es nur noch ein paar Minuten, bis die Beglaubigung fertig war. Sie schaute Lucas an und schämte sich ein wenig. Vielleicht hätte die ganze Sache doch warten können, bis sie wieder zu Hause war.
    Als sie zur Tür ging, sah sie, dass auf einem Nebentisch diverse Handzettel lagen. Ihr Auge fiel auf ein Blatt mit einem süßen Welpen, der flehentlich in die Kamera blickte. Sie blieb stehen. »Das sind Wohltätigkeitsorganisationen. Es gibt zum Glück immer noch Leute, die dafür spenden. Und natürlich gibt es auch Leute, die überhaupt niemanden haben, dem sie ihr Geld vermachen können, also …« Er zeigte auf den Handzettel mit dem Welpen: »Die hier ist natürlich für Hunde.«
    Sie lächelte. Die beiden letzten Tage waren ein Albtraum gewesen, wie ein Blindflug durch einen Sturm – und sie hatte das Gefühl, als habe sie die Kontrolle über ihr Leben längst aus der Hand gegeben.
    Möglicherweise sollte ja alles noch schlimmer kommen, aber irgendetwas an diesem liebenswerten Mann mit seiner Tochter und seinen Hilfsorganisationen gab ihr die Hoffnung, dass es da draußen immer noch ein Leben gab, dem sie guten Mutes entgegensehen konnte, dass noch Dinge existierten, die die Mörder ihrer Familie nicht zerstört hatten.
    Es waren dunkle Tage, die vor ihr lagen, ein Verlust, der sie bis ans Ende ihres Lebens begleiten würde, aber sie musste einfach daran glauben, dass sich irgendwann in der Zukunft alles zum Guten wenden würde. Sie musste es nur lebend bis zu diesem Punkt schaffen – was sie wiederum daran erinnerte, wie sehr sie auf Lucas angewiesen war. Vielleicht sollte sie ihn ja bitten, mit ihr nach England zu kommen. Sie konnte sich nicht vorstellen, ohne ihn in Sicherheit leben zu können.

TEIL 2

SECHS
    Er war wieder ein freier Mann. Und hatte seine Lektion gelernt. Wer immer in Zukunft bei ihm um Hilfe bat, selbst wenn es ein alter Weggenosse war: Er würde auf seine Dienste verzichten müssen. Sicher, unterm Strich war sein letzter Job nicht mal so schlimm gewesen, und nette Kinder waren die beiden auch, aber er musste sich nun einmal entscheiden: War er im Ruhestand oder nicht?
    Als er zurück in den Bahnhof ging, musste er noch mal an die beiden denken – wie hilflos sie dreingeschaut hatten, als er sie in ein Taxi zum Konsulat gesetzt hatte. Sie waren offensichtlich davon ausgegangen, dass er mitkommen würde. Aber natürlich gab es gute Gründe, warum er auf ein persönliches Erscheinen dort verzichtet hatte.
    Sie würden auch ohne ihn über die Runden kommen. Nachdem Ella frühmorgens ihren Besuch telefonisch angekündigt hatte, war das Konsulatspersonal sicher damit beschäftigt, die Geschichte auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen und die nötigen Vorkehrungen zu treffen. Vermutlich hatten sie bereits Flüge für sie gebucht – und das war nun mal das Ziel seiner Mission gewesen: sie sicher abzuliefern.
    Er war auch erleichtert, Ella nicht mehr in

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