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Das Fluestern des Todes

Das Fluestern des Todes

Titel: Das Fluestern des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Wignall
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Scherben und Abfällen. Der ranzige Gestank von Industriemüll lag in der Luft.
    Kaum dass sie eingetreten war, sah sie den Mann, der in der Mitte des Schuppens stand – kurzes dunkles Haar, schlank, mit schwarzem Anzug und schwarzem T-Shirt. Sie brauchte einen Augenblick, um den zweiten Mann zu registrieren, der auf dem Boden saß, die Arme mit Handschellen auf dem Rücken gefesselt. Er wirkte verzweifelt. Seine Haare hingen wirr in sein zerschundenes Gesicht, das T-Shirt war schmutzig und blutverschmiert. Und er war erstaunlich jung. Da Lucas erwähnt hatte, dass er seit sieben Jahren in London lebte, hatte sie einen älteren Mann erwartet und nicht einen Jungen Mitte zwanzig.
    »Ella, das ist Dan Borowski. Dan – Ella.« Der Mann im schwarzen Anzug lächelte sie an. Er war ebenfalls Mitte bis Ende zwanzig und sah blendend aus – auch wenn Ella es als etwas irritierend empfand, dass er genau dem Klischee des Typen entsprach, der er tatsächlich war: ein Auftragskiller, ein Mann der Unterwelt. »Und das hier ist Vasko Novakovic.« Lucas drehte sich zu Dan um. »Danke. Ich ruf dich später an.«
    »Cool.« Dan sah zu Novakovic hinunter und dann wieder Lucas an. »Er hat von mir gehört, von dir aber nicht. Ist das zu glauben?« Lucas nickte sichtlich amüsiert. Dan ging hinaus, und Ella hörte, wie sein Range Rover über den Schotter rollte, gefolgt vom Rauschen eines weiteren Zuges.
    »Komm her. Schau ihn dir genau an.« Sie trat näher. Novakovic sah kurz zu ihr hoch, wandte sich dann aber wieder ab. »Wir haben nicht die Absicht, dir wehzutun. Wir wollen nur eine Information.« Er schaute Lucas ungläubig an. »Mark Hatto, seine Frau, sein Sohn – wer steckt hinter dem Auftrag?«
    Er nickte grimmig – als habe er von vornherein gewusst, dass ihm dieser Job nur Ärger einbringen würde. Er schien seine Optionen durchzuspielen, bevor er mit den Achseln zuckte. »Bruno Brodsky«, sagte er. Lucas lächelte Ella selbstzufrieden an – auch wenn sie nicht wusste, was das zu bedeuten hatte.
    »Fragen Sie ihn, warum er meinen Bruder umgebracht hat.«
    Novakovic schaute sie überrascht an – als würde ihm nun erst klar, wie sie in das Ganze verwickelt war. »Er braucht mich nicht zu fragen. Mein Englisch ist gut.« Er zögerte kurz, bevor er fortfuhr. »Ich wurde für drei Personen bezahlt – Vater, Mutter, Bruder.«
    »Er war gerade mal siebzehn«, sagte Ella.
    Novakovic schien nicht beeindruckt. »Ich tue das, wofür ich bezahlt werde. Wenn Brodsky sagt, bring den Jungen um, bring ich ihn um. Wenn Brodsky sagt, dass ich dich umbringen soll, bring ich dich um.«
    Das klang schon fast angeberisch, und sie spürte, wie ihre konfusen Gefühle in Abscheu und Hass umschlugen. Als sie ihn vorhin zum ersten Mal gesehen hatte, hatte sie noch gehofft, dass er so etwas wie Reue zeigen würde – ja, dass sie ihm vielleicht sogar verzeihen könnte.
    Aber anscheinend berührte es ihn nicht im Geringsten, was er ihrer Familie angetan hatte. Wenn überhaupt, schien er auf seine Tat sogar stolz zu sein. Ihr wurde übel. In diesem Augenblick wusste sie, dass sie die Erinnerung an diese menschenverachtende Häme nie aus ihrem Gedächtnis würde löschen können – selbst wenn Lucas ihn auf der Stelle erschoss.
    »Okay, Ella, gehen wir.« Beide schauten ihn ungläubig an. »Er war der Bote, nicht der Mörder«, sagte Lucas. »Ich weiß, es fällt dir schwer, aber du musst dir diesen Unterschied klarmachen. Hier ist niemand, an dem du Rache nehmen könntest.«
    Sie brauchte ein, zwei Sekunden, um die Absurdität seiner Aussage völlig zu verdauen. Sie dachte an ihre Eltern, dachte an Ben, wie er makellos und verloren in seinem Sarg lag, und sie wusste mit jeder Faser ihres Körpers, dass sie dieses Monster tot sehen wollte – selbst wenn es letztlich keine befriedigende Lösung war.
    »Bringen Sie ihn um.«
    »Was hast du vor, Ella? Willst du nun jeden umbringen, der auch nur im Entferntesten mit diesem Mord zu tun hatte?«
    »Nur ihn. Lucas, ich bezahle Sie dafür. Wie könnte ich ihn leben lassen, wenn ich doch weiß, was er getan hat? Wie um alles in der Welt soll das denn gehen?« Er antwortete nicht. »Sie sagen, es war nur ein Job für ihn. Dann ist das hier für Sie auch nur ein Job. Ich bezahle Ihnen, was immer Sie für gewöhnlich verlangen, aber Sie müssen ihn umbringen. Sie müssen .«
    »Wie gesagt: Ich will dein Geld nicht.« Sie sah nicht einmal, wie er seine Waffe zog, sondern hörte nur die plötzliche Detonation

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