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Das Flüstern des Windes (German Edition)

Das Flüstern des Windes (German Edition)

Titel: Das Flüstern des Windes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Wekwerth
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Hintergrund wartenden Helfern das Zeichen, den Stand abzubauen. Er wollte sich gerade abwenden und zu seiner Sänfte gehen, als ein dicklicher Fremder vor das Podest trat. Ben Hari erkannte sofort an der Toga, dass es sich um einen Römer handelte.
    In den letzten Monaten hatte sich das Verhältnis zwischen Omrak und Roma Secundus wieder gebessert und man traf nun häufiger Untertanen des Imperators Cassius III. auf den Märkten der Handelswelt.
    Der Auktionator setzte sein liebenswürdigstes Lächeln auf, während er den Mann musterte. Fettleibig, mit aufgequollenem, von der heißen Sonne gerötetem Gesicht stand der Römer vor ihm und glotzte ihn an. An seinen dicken Fingern protzten Goldringe und eingefasste Diamanten.
    »Was kann ich für euch tun, edler Herr?«, fragte Safed. »Habt Ihr Interesse an dem Knaben? Eine gute Wahl möchte ich meinen, Ihr verfügt über ein scharfes Auge.«
    »Der Knabe?«, knurrte der Römer unwirsch. Ben Hari war innerlich entsetzt über den unhöflichen Ton. »Was soll ich damit? Lustknaben gibt es auf Roma Secundus im Überfluss. Mich interessiert das Vieh!« Seine Hand deutete auf den Ork.
    »Entschuldigt, Herr!«, schmeichelte der Auktionator. »Wie konnte ich Euch so unrecht tun! Natürlich wollt Ihr nur das Beste!«
    »Wie viel?«, unterbrach ihn der Bürger.
    Safed Ben Hari tobte innerlich. So ein ungebührliches Benehmen war ihm noch nie begegnet. Diese fette, weiße Missgeburt von einem Menschen versuchte erst gar nicht, ihn mit Respekt zu behandeln. Trotzdem veränderte sich sein Lächeln nicht.
    »Der Ork kostet 300 Goldtalir, Herr!«
    Die Augen des Römers wurden zu Schlitzen, aus denen er Safed bösartig anstarrte. »Sagtet Ihr heute Morgen nicht, der Preis wäre 200 Goldtalir.«
    »Sagte ich das?« Der Auktionator tat, als müsse er überlegen. Ein Leuchten ging über sein Gesicht. »Ihr habt recht! Natürlich, 200 Goldtalir, ein unverzeihlicher Fehler.«
    Der Römer entspannte sich wieder ein wenig.
    »Ich biete Euch 100 Goldtalir!«
    Safeds Gesicht verlor jede Farbe. »Herr, Ihr scherzt mit mir. Für so ein außergewöhnliches Wesen wäre das ein geradezu lächerlicher Preis. Man wird in Rom begeistert sein, wenn ihr den Ork in die Arena schickt.«
    »Dieses Vieh wird die Arena nie sehen. Es wird auf meinen Gütern in Venturien als Arbeitstier eingesetzt.«
    Safed Ben Hari kam aus dem Staunen nicht heraus. Für den geforderten Goldpreis konnte sich dieser Römer dreißig Grouls, gezähmte Echsen, die auf ihren massigen Hinterbeinen gingen, kaufen, die ohne weiteres jede gewünschte Arbeit erledigen würden. Aber natürlich schwieg er darüber und begann, die Kraft und die Ausdauer des Orks in den höchsten Tönen anzupreisen.
    »Trotzdem 200 Goldtalir sind zu teuer!«, beharrte der Bürger.
    Da hatte Safed plötzlich eine Idee. »Herr, ich habe einen Vorschlag, der uns beide zufrieden stellen wird.« Er deutete auf Karem. »Ihr bezahlt mir die für den Ork geforderte Summe, und ich gebe Euch diesen Knaben noch dazu. Seht das als Zeichen meiner Großzügigkeit und meines Respekts Euch gegenüber. Seid Ihr einverstanden?«
    Der Römer dachte eine Weile schweigend nach, dann nickte er.
    Safed konnte sein Glück kaum fassen. Nicht nur, dass er den Ork zu diesem unglaublichen Preis verkauft hatte, von dem er immerhin zehn Prozent für sich veranschlagen durfte, er ersparte sich auch die Widerlichkeit, den Knaben erdrosseln lassen zu müssen.
    Noch lange, nachdem der Römer mit seiner gefesselten Ware auf einem von Grouls gezogenen Wagen durch das Stadttor verschwunden war, saß Safed Ben Hari auf dem Podest und starrte in die Ferne.
    Das Gebet hatte er längst vergessen, und als ein alter, dürrer Mann, den er schon öfters auf dem Markt bemerkt hatte, ihm kandierte Heuschrecken anbot, kaufte er ihm, entgegen seiner sonstigen Gewohnheit, einen Spieß ab. Dass er für diese klebrige Masse mit einem Silberstück bezahlte, kam ihm gar nicht in den Sinn.
     
     

14.
     
    Karem lief, an den Handgelenken gefesselt und mit dem Wagen durch eine Kette verbunden, hinter dem Karren her, auf dem der Ork, wie ein Paket verschnürt, lag.
    Ganz vorn in dieser kleinen Karawane marschierte die persönliche Leibwache des Römers. Sechs bärtige, schwarzhaarige Männer - bewaffnet, in glänzendem Brustharnisch über der Lederkleidung, mit Unterarm- und Wadenschützern aus gehämmertem Messing. Sie trugen kleine, an den Oberarmen befestigte Schilde aus Büffelhaut, und an ihren Hüften

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