Das Flüstern des Windes (German Edition)
Anfänger.«
Crom legte den Kopf in den Nacken und ließ ein schreckliches Brüllen erklingen, das alle Männer auf dem Hof veranlasste, den Kopf nach ihm zu drehen.
Pinius war ungerührt stehen geblieben. »Und wenn ihm das nicht gefällt, dann wird er draußen im Hof angepflockt. Ist das klar?«, brüllte er zurück.
»Ja«, brummte der Ork. Es war das erste Mal, dass er zu einem anderen Menschen als Karem gesprochen hatte.
Der Ausbilder lachte laut auf. »Ich denke, du und ich, wir werden gute Freunde werden.«
Pinius beobachtete Karem beim täglichen Training. Der junge Mann trug in der rechten Hand ein omrakisches Rundschild, in der linken ein römisches Kurzschwert, die Waffe, an der alle Gladiatoren ausgebildet wurden, bevor sie sich später ihren Fähigkeiten entsprechend spezialisierten.
Die Augen des Ausbilders nahmen jedes Detail auf. Er sah, mit welcher katzenähnlichen Geschmeidigkeit sich Karem bewegte, die Schnelligkeit seiner Reaktionen, aber er sah auch das Ungeschick, mit der er die Waffe handhabte.
Karem übte mit einem der Hilfsausbilder, einem kleinen, dünnen, aber sehr flinken Mann namens Ropa, der mühelos seinen Schlägen auswich, gleichzeitig aber selbst Probleme hatte, einen Treffer anzubringen.
Die Sonne stand hoch am Himmel und beide Männer schwitzten, während Pinius sie aus dem Schatten des Haupthauses heraus beobachtete.
Dieser Karem war ein Bewegungstalent, wie er es selten zuvor gesehen hatte, aber irgendetwas stimmte nicht. So wie er mit dem Schwert umging, würde er bei seinem ersten Auftritt in der Arena keine zehn Minuten überleben. Pinius grübelte über den Grund dieser Ungeschicklichkeit nach. Schließlich erhob er sich von der Holzveranda und ging auf die beiden Kämpfer zu.
»Ropa, lass gut sein! Ihr habt eine Pause verdient.«
Der Hilfsausbilder wandte sich sofort wortlos um und ging zu den im Schatten stehenden Wasserfässern, um sich abzukühlen und zu trinken. Karem dagegen blieb abwartend stehen. Seit über neun Monaten trainierte er nun schon in der Gladiatorenschule, und sein Körper hatte sich an die neuartige Anstrengung gewöhnt. Obwohl er schon immer schlank gewesen war, hatte das harte Training die letzten Fettreste von seinem Körper gebrannt und die Muskelstränge traten überall deutlich hervor.
Bisher hatten sie lediglich ein Ausdauer- und Krafttraining absolviert. Erst seit drei Monaten übten sie mit der Waffe, aber Karem war schon jetzt der Verzweiflung nahe. Er würde es niemals lernen. Ropa war einfach zu schnell, und dabei galt er noch als schlechtester Kämpfer unter allen Ausbildern.
Pinius gab Karem durch eine Handbewegung zu verstehen, dass er ihm in den Schatten folgen sollte.
»Setz dich, Junge.«
Karem legte Schwert und Schild ab und hockte sich auf die groben Holzdielen.
»Ich beobachte dich jeden Tag«, meinte der Ausbilder. »Und so langsam glaube ich, dein Problem zu kennen. Das Schwert in deiner Hand wirkt wie ein Holzprügel, mit dem du versuchst, Fliegen zu erschlagen.«
Karem senkte beschämt den Kopf. Er mochte Pinius, der stets gutgelaunt war und ihn mit Achtung behandelte. Dass er ihn enttäuschte, beschämte den jungen Mann.
»Lass mich dich etwas fragen«, sprach Pinius weiter. »Warum hältst du das Schwert nicht in der rechten Hand?«
Der Gladiator hob die Hand. Deutlich sichtbar stand der verkrüppelte Zeigefinger ab, während er die Hand zu einer Faust schloss.
»Karem, das weiß ich! Trotzdem, mit welcher deiner Hände isst du?«
Die Frage überraschte Karem.
»Mit der Rechten.«
»Na also, und warum kämpfst du dann mit der Linken?«
»Ein Löffel ist kein Schwert.«
Pinius lachte. »Mein Junge, warum sind wir nicht schon früher dahinter gekommen? Du bist ein geborener Rechtshänder, versuchst aber deiner linken Hand etwas beizubringen, was sie nicht lernen kann.«
»Aber ich habe schon Schwierigkeiten, das Schwert in der Rechten zu halten!«, protestierte Karem.
Pinius blickte ihn nachdenklich an. »Dann müssen deine restlichen vier Finger die Kraft entwickeln, die sonst in fünf Fingern ist. Ab heute übernehme ich persönlich deine Ausbildung. Mir wird schon etwas einfallen.«
Am nächsten Tag überraschte Pinius den jungen Gladiator mit einer ungewöhnlichen Aufgabe. Beide saßen wieder auf der Veranda.
Der Ausbilder gab ihm einen faustgroßen Lederball, der mit Sand gefüllt war.
»Ab heute wirst du diese Lederkugel in jeder freien Minute kneten. Das wird deine Finger kräftigen.
Weitere Kostenlose Bücher