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Das Flüstern des Windes (German Edition)

Das Flüstern des Windes (German Edition)

Titel: Das Flüstern des Windes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Wekwerth
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ständig starke Nachfrage nach guten Kämpfern. Dort war man dazu übergegangen, von den Bürgern Eintritt zu verlangen, mit denen man die Kämpfe finanzierte. In Rom war der Kaiser der Geldgeber, der mit den Spielen das Volk bei Laune halten wollte.
    Pinius hatte ihm versprochen, eine Liste von Städten anzulegen, in denen regelmäßig Kämpfe ausgetragen wurden. Weiterhin wollte der Ausbilder ihm ein Empfehlungsschreiben mitgeben, das ihm Unterkunft und Verpflegung in den Gladiatorenschulen des Reiches zusicherte. Trotzdem, es war hoffnungslos.
    Karem hob sein Gesicht zum wolkenverhangenen Himmel und ließ den feinen Nieselregen darüber strömen. Es gab ein Problem, hatte ihm Pinius erklärt. Karem war als Kämpfer ein Niemand, ohne den Ork als Kampfpartner würde wohl kaum jemand dafür bezahlen, ihn in der Arena zu sehen. Hinzu kam, dass Karem keine eigene Ausrüstung besaß. Der Lederschutz, der Schild, das Schwert, ja selbst die Sandalen waren Besitz des Kaisers, und gute Waffen kosteten viel Geld. Geld, das Karem nicht besaß.
    Er überlegte, ob er Crom überhaupt danach fragen konnte, mit ihm wieder in die Arena zu ziehen, zu kämpfen und das Risiko einzugehen, verletzt oder gar getötet zu werden. War es moralisch vertretbar, dass er einen Freund um etwas bat, dass für diesen keinerlei Vorteile, sondern nur Nachteile hatte?
    Aber ohne Croms Hilfe würde Lelina Sklavin bleiben und sich bis ans Ende ihres Lebens fremden Männern hingeben müssen.
    Karem schlug energisch mit der linken Faust in seine geöffnete rechte Handfläche. Er musste mit Crom darüber sprechen! Einen anderen Weg gab es nicht.
     
    Crom lag im hinteren Teil des alten Pferdestalles und döste, wie so oft, vor sich hin. Fliegen summten um seinen mächtigen Schädel, ohne dass er es bemerkte.
    Der Gestank im Stall war einigermaßen erträglich. Trotzdem sog Karem zweimal hintereinander die Luft scharf ein. Crom war einfach nicht dazu zu bewegen, sich zu waschen. Er hatte eine natürliche Abneigung gegen Wasser und rieb seine lederartige Haut stets nur mit Sand ab.
    Der Ork erwachte sofort, als sich Karem ihm näherte. Seine Augen öffneten sich schläfrig und er entblößte seine Oberlippe zu einem Lächeln.
    Karem setzte sich zu ihm. Lange betrachtete er seinen fremdartigen Freund. Schließlich raffte er seinen ganzen Mut zusammen und sagte: »Crom, ich muss dich etwas fragen. Es ist sehr wichtig für mich, aber um mich zu verstehen, muss ich dir erst die ganze Geschichte erzählen.«
    Crom richtete sich erwartungsvoll auf. Er liebte es, wenn man ihm Geschichten erzählte, mochten sie traurig oder lustig, wahr oder erfunden sein, die Hauptsache war, die Erzählung war interessant und wurde spannend vorgetragen. Dann stützte das riesige Wesen seinen schweren Kopf auf die mächtigen Pranken und lauschte verzückt wie ein kleines Kind mit verträumten Augen.
    Karem schluckte schwer. Zuerst stockend, dann aber flüssig, erzählte er von seiner ersten Begegnung mit Lelina an Bord des Sklavenschiffes, wie sie sich gefunden und während der einsamen Stunden aneinander geklammert und getröstet hatten. Als Karem von ihrer zweiten Begegnung berichtete, lächelte der Ork auf seine eigenartige Weise. Schließlich war alles gesagt, die entscheidende Frage, ob Crom mit ihm nochmals in der Arena kämpfen würde, gestellt.
    Croms schwere Hand legte sich auf Karems Schulter.
    »Ich gehe dahin, wohin du gehst, Freund! Karem kämpft in der Arena, dann auch Crom kämpft!«
    »Aber ... aber du könntest sterben!«
    Croms Blick bohrte sich in Karems Augen. »Vor vielen Jahren, ein kleiner Junge hilft Crom. Crom schon lange tot, wenn dieser Junge nicht hilft. Jetzt dieser Junge ist ein Mann. Ich bezahle eine alte Schuld.«
    »Du schuldest mir nichts«, widersprach Karem.
    »Ich schulde dir alles. Wir werden kämpfen. Wir werden siegen!«
     
    Der Tag ihrer Abreise war gekommen. Es war noch früh am Morgen, und in der Gladiatorenschule hatte das tägliche Training noch nicht begonnen. Der Hof lag einsam und verlassen unter einem dunklen Himmel.
    Karem ließ seinen Blick schweifen. Über ein Jahr hatte er hier verbracht. Geschwitzt, geflucht, gelacht und wahre Freundschaft kennen gelernt. Er sah den hölzernen Krieger, an dem Threm mit dem Fangnetz geübt hatte, die Hindernisbahn, die sie täglich mehrfach überquert hatten, um ihre Muskeln zu stählen und die Gelenke geschmeidig zu machen.
    Hier hatte er so etwas wie eine Heimat gefunden. Er hatte unter

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