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Das Foucaultsche Pendel

Das Foucaultsche Pendel

Titel: Das Foucaultsche Pendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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mein Liebster, nichts, meine Sophia, ich töte dich nur, ich bin jetzt Giuseppe Balsamo und brauche dich nicht mehr.
    Die Buhle der Archonten erlischt und fährt in die Grube, Luciano ratifiziert mit einem Klingenhieb das Verdikt meiner unerbittli-chen Hand, und ich rufe zu ihm hinunter: jetzt kannst du herauf-kommen, mein Getreuer, mein böser Geist, und während er her-aufsteigt und mir den Rücken zuwendet, stoße ich ihm ein schmales Stilett mit Dreikantklinge, das fast keine Narben hinterläßt, zwischen die Schulterblätter. Er stürzt hinunter, ich schließe die Luke, es ist vollbracht, ich verlasse den Keller, während acht Leichen zum Châtelet davontreiben, durch nur mir bekannte Ka-näle.
    Ich kehre zurück in mein kleines Quartier im Faubourg Saint-Honoré und betrachte mich im Spiegel. Voilà, sage ich mir, ich bin der König der Weit. Von der Spitze meiner Hohlen Nadel aus beherrsche ich das Universum. In manchen Augenblicken schwindelt mir ob meiner Macht. Ich bin ein Meister der Energie. Ich bin trunken von Autorität.
    Aber ach, die Rache des Lebens läßt nicht lange auf sich warten.
    Monate später, in der tiefsten Krypta der Burg von Tomar, nun Herr des Geheimnisses der unterirdischen Ströme und der sechs heiligen Orte jener, die einst die Sechsunddreißig Unsichtbaren waren, letzter der letzten Templer und Unbekannter Oberer aller Unbekannten Oberen, will ich nun auch Cecilia heimführen, die Androgyne mit den eisblauen Augen, von der mich jetzt nichts mehr trennt. Ich habe sie wiedergefunden nach all den Jahrhunderten, seit sie mir damals geraubt wurde von dem Mann mit dem 604
    Saxophon. Sie balanciert gerade auf der Rückenlehne der Park-bank, himmelblau und blond, und ich weiß noch immer nicht, was sie unter dem duftigen Tüllröckchen hat.
    Die Kapelle ist in den Felsen gehauen, den Altar krönt ein beunruhigendes Tafelbild, das die Strafen der Verdammten in den Eingeweiden der Hölle darstellt. Einige kapuzenbewehrte Mönche flankieren mich düster, und noch schöpfe ich keinen Verdacht, fasziniert wie ich bin von der iberischen Phantasie...
    Doch, o Grauen, das Bild hebt sich wie ein Vorhang, und dahinter erscheint, wunderbares Werk eines Arcimboldo der Unterwelt, eine andere Kapelle, in allem gleich der, in welcher ich knie, und dort, vor einem anderen Altar, kniet Cecilia, und neben ihr —
    eiskalter Schweiß perlt mir auf der Stirne, die Haare stehn mir zu Berge —, wen sehe ich dort mit höhnischem Grinsen seine Narbe vorzeigen? Den Anderen, den wahren Giuseppe Balsamo, den jemand befreit haben muß aus seinem Verlies in San Leo!
    Und ich? Jetzt schlägt der älteste der Mönche neben mir die Kapuze zurück, und ich erkenne das gräßliche Grinsen von Luciano, wer weiß, wie er meinem Stilett entkommen ist, wie den Kloaken, der blutigen Schlammflut, die ihn als Leichnam hätte fortschwemmen sollen in die stillen Tiefen der Ozeane — nun ist er übergewechselt zu meinen Feinden aus verständlichem Rachedurst.
    Die Mönche werfen ihre Kutten ab und erscheinen gepanzert in einer bisher verborgenen Rüstung, auf ihren schneeweißen Mänteln ein flammendes Kreuz. Es sind die Templer von Provins.
    Sie ergreifen mich, zwingen mich, den Kopf zu drehen, und hinter mir steht nun ein Henker mit zwei mißgebildeten Helfern, ich werde über eine Art Garotte gebeugt und mit einem rotglü-
    henden Brandeisen zur ewigen Beute des Kerkermeisters geweiht, das infame Grinsen des Baphomet prägt sich für immer auf meinem Rücken ein — jetzt verstehe ich: damit ich Balsamo in San Leo ersetzen kann, oder auch: damit ich den Platz einnehmen kann, der mir seit jeher bestimmt war.
    Aber man wird mich erkennen, sage ich mir, und da alle nun glauben, ich sei er und er der Verdammte, wird mir gewiß jemand zu Hilfe kommen — zumindest meine Komplizen —, man kann nicht einen Gefangenen einfach durch einen anderen ersetzen, ohne daß es irgendwer merkt, wir sind nicht mehr in den Zeiten der Eisernen Maske... Ich Träumer! Jäh begreife ich, während der Henker meinen Kopf über ein kupfernes Becken beugt, aus dem 605
    grünliche Dämpfe aufsteigen... Das Vitriol!
    Mir werden die Augen verbunden, mein Gesicht wird in die ätzende Flüssigkeit gedrückt, ein brennender, unerträglicher Schmerz, die Haut an den Wangen, an Nase und Mund und Kinn wirft sich auf, zerfasert, zerläuft, es genügt ein Moment, und als ich an den Haaren zurückgerissen werde, ist mein Gesicht nicht mehr wiederzuerkennen, ein Blasenbrand,

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