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Das Frankenstein-Projekt (German Edition)

Das Frankenstein-Projekt (German Edition)

Titel: Das Frankenstein-Projekt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert C. Marley
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Sie selbst sah aus, als habe sie die ganze Nacht kein Auge zugemacht. Unter ihren Augen lagen tiefe Schatten, wie Adrian jetzt feststellte.
    »Hm. Geht so.«
    »Das war mal wieder Katzenwäsche, wie?«
    »Was?« Heute hatte Tante Margret aber echt schlechte Laune. Noch keine drei Sekunden im selben Raum und schon ging es los, dabei war er noch nicht mal ganz wach. »Aber …«
    »Kein ›aber‹«, unterbrach sie ihn. »Du weißt, ich mag es nicht, wenn du dich nicht ordentlich wäschst. Was sollen die Leute denken? Meinst du, die Lehrer bemerken das nicht? Wenn du dreckig und ungepflegt herumläufst, fällt das alles auf mich zurück.«
    »Ich habe mich gewaschen, Tante Margret«, protestierte er. »Was soll denn das? Bist du heute Morgen mit dem falschen Fuß aufgestanden, oder was? Ich beeile mich eben und trödele nicht lange herum.«
    »Hör auf, dich rauszureden, Adrian«, sagte sie. »Wer sich verteidigt, klagt sich an.« Ihre Stimme hatte wieder diesen heiseren Meckerton angenommen, den sie in 30 Jahren Schuldienst vervollkommnet hatte. Mit einem vielsagenden Blick schaute sie zur Küchenuhr auf. Das Messer, mit dem sie den Apfel geschält hatte, lag wie ein Zeigestock in ihrer Hand. »Du hast kaum drei Minuten im Bad verbracht. Wie willst du dich da vernünftig gewaschen, geschweige denn geduscht haben?«
    »Es waren mit Sicherheit mindestens zehn«, meinte Adrian. »Und was heißt denn geduscht? Ich habe gestern geduscht. Du hast selbst gesagt, ich soll nicht jeden Tag duschen. Das sei Wasserverschwendung.«
    »Ach, rede doch keinen Unsinn.« Sie schien das Thema jetzt selbst leid zu sein, denn sie schüttelte seufzend den Kopf und fragte, nun schon merklich milder: »Willst du Toast oder Knäckebrot?«
    »Toast, bitte«, sagte Adrian.
    Margret Bertram stellte ihm den Toastbrotständer hin. Dann nahm sie den Teller mit den Apfelspalten und ihren Kaffeebecher von der Arbeitsplatte neben der Spüle und setzte sich Adrian gegenüber an den Tisch.
    »Hast du die Mathearbeit unterschrieben?«, fragte er. »Ich habe sie dir gestern Abend auf den Wohnzimmertisch gelegt.« Der ganze Aufwand mit der unsichtbaren Tinte hatte sich gar nicht gelohnt, Frau Krailsmeyer war nämlich krank gewesen. »Ich hab keine Lust, noch mehr Ärger zu kriegen«, fügte er scheinheilig hinzu.
    »Oh, gab es Ärger?« Tante Margret frohlockte. »Das geschieht dir mal ganz recht.« Herzhaft biss sie in eine der Apfelspalten. Kauend sagte sie: »Hättest du mich nicht angeschrien, wäre das alles nicht passiert.«
    Adrian schaute sie weiter abwartend an, doch eine Antwort auf seine Frage blieb sie ihm schuldig.
    Otto setzte sich vor ihn hin und stupste ihn mit der Nase an. Ganz offensichtlich wollte er gekrault werden. Qualle dagegen hatte sich vor dem Kühlschrank zusammengerollt, die Schnauze auf den Vorderläufen. Qualle – was war das überhaupt für ein Name? Wie kam man nur darauf, einem Hund so etwas anzutun? Adrian vermutete allerdings, dass Qualle eigentlich Quelle hatte heißen sollen, denn seine Tante bestellte gern und viel aus Katalogen. Quelle und Otto waren dabei ihre bevorzugten Versandhäuser. Es verging kaum ein Tag, an dem nicht irgendein Päckchen oder Paket mit den Blusen, Schuhen und Kleidern eintrudelte, die sie sich zur Ansicht bestellt hatte.
    Ihm fiel das Gespräch mit Herrn Waldmann wieder ein. Womöglich war etwas dran an seiner Theorie, und Tante Margret kaufte all das Zeug aus lauter Langeweile. Ob es wohl möglich wäre, sie mit dem Hausmeister zu verkuppeln? Wenn ihm das gelänge, wirkte sich das unter Umständen positiv auf ihrer beider Leben aus. Auch wenn er bei dem Gedanken an eine in wen auch immer verliebte Tante Margret beinahe eine Gänsehaut bekam, konnte er letztlich nur davon profitieren. Sie würde vielleicht mal auf andere Gedanken kommen. Verliebte kümmerten sich schließlich immer nur um sich selbst – jedenfalls am Anfang. Und Verliebte neigten nicht dazu, einem ständig Vorhaltungen wegen missratener Mathearbeiten zu machen. Wenn auch nur eine dieser Wahrheiten zutraf, würde im Erfolgsfall ein ganz neues Leben für ihn beginnen. Je länger Adrian darüber nachdachte, desto besser gefiel ihm diese Vorstellung. Er würde es wenigstens versuchen.
    Er bestrich seinen Toast mit Butter, löffelte einen Klecks Erdbeermarmelade darauf und sagte: »Gestern Mittag habe ich Herrn Waldmann getroffen.«
    »Na und? Du bist doch ständig bei ihm. Was ist so Besonderes daran, dass du es extra

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