Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Frankenstein-Projekt (German Edition)

Das Frankenstein-Projekt (German Edition)

Titel: Das Frankenstein-Projekt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert C. Marley
Vom Netzwerk:
unter den Tisch geschoben.
    Auf dem Fußboden beim Kühlschrank saß eine Frau, vermutlich Margret Bertram, mit dem Rücken gegen den Unterschrank gelehnt, die Arme schlaff rechts und links vom Körper. Die Augen weit aufgerissen, starrte sie mit leerem Blick zur Küchenlampe hinauf. Aus dem Loch in ihrer Stirn sickerte Blut.
    Auch sie war tot.

Flucht

    Ingolstadt, Deutschland
     
    Die Hitze war kaum auszuhalten. Sie beobachteten dieses Haus jetzt schon seit Stunden. Es war ein altes Bruchsteinhaus wie all die übrigen in der Straße. Die Rollläden waren, wie Jean-Claude Rains annahm, gegen die Hitze heruntergelassen worden. Es herrschte fast geschäftiges Treiben, doch was den Postboten oder den Paketwagen anging, so tat sich nichts. Eine Gruppe von drei Herren in Anzügen war gekommen, eine Weile geblieben und wieder gegangen. Der Schornsteinfeger war gekommen, eine Weile geblieben und wieder gegangen. Und der Pastor war gekommen, eine Weile geblieben und wieder gegangen. So ging das stundenlang weiter. Allmählich beschlich Rains das dumpfe Gefühl, sie könnten den Mann von der Post möglicherweise verpasst haben.
    Es war fast Mittag und im Wagen wurde die erdrückende Hitze von Minute zu Minute unerträglicher. Nur wer schon einmal zum Zeitvertreib in Mullbandagen gewickelt und mit Handschuhen und einem Schal bekleidet, einen Nachmittag in einer Sauna verbracht hat, kann sich ungefähr vorstellen, wie Monsieur J.-C. Rains sich fühlte.
    »Möchten Sie vielleicht auch einen Schluck Wasser?« Renfield wischte sich den Mund ab, wandte sich auf dem Fahrersitz um und hielt Rains, der auf dem Rücksitz saß und mit seinen schweißgetränkten Verbänden kämpfte, die Flasche hin.
    »Danke nein«, sagte dieser und hob matt die schwarz behandschuhten Hände. »Ich verzichte.«
    Wie oft hatte er Renfield im Laufe des Tages schon dabei beobachtet, wie er sich die Mücken vom Rückspiegel pickte? Es ließ sich gar nicht mehr zählen und Rains sah meist geflissentlich darüber hinweg. Die fette schwarze Kreuzspinne aber, die im Außenspiegel des Mietwagens gelebt hatte … Ein kalter Schauer überlief ihn, trotz der Hitze. Nein, aus dieser Flasche konnte er beim besten Willen nicht mehr trinken.
    Seit ihrer Ankunft in Deutschland schöpfte Rains der jüngsten Niederlage zum Trotz wieder Hoffnung. Vielleicht kam ja doch noch alles in Ordnung. Vielleicht würde er schon sehr bald den Koffer und damit endlich die lang ersehnten Informationen in Händen halten. Der Flug war tadellos verlaufen, und sie hatten ohne Schwierigkeiten die Adresse gefunden, die ihr Informant ihnen gegeben hatte. Jetzt brauchten sie nichts weiter zu tun, als abzuwarten. Und das taten sie nun schon seit unzähligen Stunden.
    Gestern Vormittag hatten sie in aller Herrgottsfrühe in der Nähe des Hauses Position bezogen. Aber weder hatte sich ein Postbote blicken lassen, noch war ein Paketwagen aufgetaucht.
    Hätte Rains geahnt, wie lange die Observation dauern würde, er hätte sich vermutlich seiner Kleider entledigt. Allerdings war es ihm auch 30 Jahre nach dem vermaledeiten Selbstversuch immer noch etwas peinlich. Auch wenn er unsichtbar war und ihn niemand sah, er selbst wusste immerhin, dass er nackt war – und ungeschützt. Das war ein nicht zu vernachlässigender Punkt. Die Delle, die sein breiter Hintern in den Kunstledersitzen des Wagens hinterlassen würde, wäre deutlich zu sehen, von seinem Schweiß ganz zu schweigen. Das Leben eines Unsichtbaren war weiß Gott kein Vergnügen.
    Nach einigen Minuten des Wartens sagte Rains: »Was, wenn wir zu spät dran waren und den Paketwagen verpasst haben?«
    »Wir stehen seit halb acht Uhr hier, Monsieur«, gab Renfield zu bedenken. »Schwer vorstellbar, dass die Post in Deutschland so früh ausgefahren wird. Vor 20 Jahren vielleicht, aber heutzutage?« Er schüttelte den Kopf und fuhr fort, sich mit einem abgebrochenen Zündhölzchen die Chitinreste einer besonders zähen Mistfliege aus den Zähnen zu kratzen.
    »Woher, zum Teufel, wollen Sie das wissen?«, fragte Rains, der mit jeder weiteren Minute unruhiger wurde. »Mir ist beinahe so, als hätte ich auf dem Hinweg einen gelben Wagen in einer Seitenstraße parken sehen.«
    »Der Wagen einer Bäckerei, Monsieur«, sagte Renfield, dem die regelmäßige Einnahme seiner Pillen die Sinne geschärft hatte.
    So leicht war Rains nicht zu überzeugen. »Stand er auf der linken Seite?«
    »Ganz recht.«
    »Ha!« Er beugte sich vor und packte Renfields

Weitere Kostenlose Bücher