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Das fremde Gesicht

Titel: Das fremde Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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sie.
    »Wir zahlen dann dafür, daß sie weiter aufbewahrt werden. Wer weiß? Ich bin erst achtundzwanzig.
    Vielleicht überlege ich’s mir doch noch anders. In ein paar Jahren könnte ich dann wieder herkommen, und es ist schön zu wissen, daß ich noch Embryos für mich bereitstehen habe.«
    »Vorausgesetzt, daß sie überhaupt die Auftauprozedur überstehen?« fragte Meghan.
    »Ja, natürlich.«
    Als nächstes gingen sie in das Sprechzimmer von Dr. Williams. Meg setzte sich für das Interview ihm gegenüber.
    »Doktor Williams, nochmals vielen Dank, daß wir kommen durften«, sagte sie. »Zum Einstieg möchte ich Sie gern bitten, die In-vitro-Befruchtung so einfach zu erläutern, wie Sie es vorhin für mich getan haben. Wenn Sie uns dann noch erlauben, uns im Labor umzusehen, und uns zeigen, wie kältekonservierte Embryos aufbewahrt werden, dann werden wir Ihre Zeit nicht länger in Anspruch nehmen.«
    Dr. Williams war ein ausgezeichneter Interviewpartner.
    Bewundernswert bündig erklärte er die Gründe, weshalb Frauen möglicherweise nicht zu einer natürlichen Empfängnis gelangten, und die Prozedur der künstlichen Befruchtung. »Die Patientin erhält ›Fruchtbarkeitspillen‹, also Hormone zur Stimulierung der Eiproduktion; die Eier werden aus ihren Eierstöcken entnommen; im Labor werden sie befruchtet, und das erwünschte Resultat dabei ist, daß wir lebensfähige Embryos bekommen. Embryos im Frühstadium werden in den Mutterleib verpflanzt, normalerweise zwei oder drei auf einmal, in der Hoffnung, daß wenigstens einer davon zu einer erfolgreichen Schwangerschaft führt. Die übrigen werden für den potentiellen späteren Gebrauch kältekonserviert, oder wie der Laie sagt: tiefgefroren.«
    »Doktor Williams, in wenigen Tagen werden wir, sobald es geboren ist, ein Baby sehen, dessen eineiiger Zwilling vor drei Jahren zur Welt kam«, sagte Meghan. »Würden Sie unseren Zuschauern bitte erklären, wie es möglich ist, daß eineiige Zwillinge mit einem Unterschied von drei Jahren geboren werden?«
    »Es ist möglich, wenn auch sehr selten, daß der Embryo sich in der Petrischale in zwei Teile teilt, genauso wie er das im Mutterleib tun könnte. In diesem Fall beschloß die Mutter offensichtlich, sich den einen Embryo sofort einsetzen zu lassen, den anderen aber für späteren Gebrauch per Kältekonservierung aufzuheben. Zum Glück waren trotz der geringen Wahrscheinlichkeit beide Prozeduren erfolgreich.«
    Bevor sie die Praxis von Dr. Williams verließen, machte Len einen Kameraschwenk über die Wand mit den Bildern der Kinder, die dank der Methoden des Instituts zur Welt gekommen waren. Anschließend nahmen sie das Labor auf, unter besonderer Beachtung der Behälter zur langfristigen Lagerung, worin die tiefgekühlten Embryos, in flüssigem Stickstoff eingetaucht, ruhten.
    Es war fast halb sechs, als Meghan feststellte: »Okay, das war’s. Vielen Dank an alle. Doktor Williams, ich bin wirklich dankbar.«
    »Ich auch«, versicherte er ihr. »Ich kann Ihnen garantieren, daß diese Art von Publicity viele Anfragen von kinderlosen Paaren nach sich ziehen wird.«
    Draußen verstaute Len seine Kamera im Lieferwagen und begleitete Meghan zu ihrem Auto. »Geht einem irgendwie unter die Haut, finden Sie nicht?« fragte er.
    »Ich meine, ich habe drei Kinder und finde die Vorstellung fürchterlich, sie hätten ihr Leben wie diese Embryos in einem Kühlschrank begonnen.«
    »Auf der anderen Seite bedeuten diese Embryos Existenzen, die ohne diesen Vorgang überhaupt keine Lebenschance gehabt hätten«, meinte Meghan.
    Als sie sich auf die lange Fahrt nach Connecticut zurück begab, wurde ihr klar, daß das problemlose, angenehme Interview mit Dr. Williams eine Erholung gewesen war.
    Jetzt waren ihre Gedanken wieder bei dem Augenblick angelangt, als Cyrus Graham sie als Annie begrüßt hatte.
    Jedes Wort, das er gesagt hatte, als sie beieinander saßen, hörte sie von neuem – als liefe in ihrem Kopf eine Bandaufnahme des Gesprächs.

    Am Abend desselben Tages, kurz nach acht Uhr, rief Fiona Black Bob Marron an. »Edwin Collins ist tot«, sagte sie ruhig. »Er ist seit vielen Monaten tot. Sein Körper liegt unter Wasser.«

    35
    Es war halb zehn, als Meghan am Donnerstag abend zu Hause ankam und erleichtert feststellte, daß Mac zusammen mit ihrer Mutter wartete. Auf seinen fragenden Blick hin nickte sie. Es war eine Geste, die ihrer Mutter nicht verborgen blieb.
    »Meg, worum geht’s?«
    Meg bemerkte, daß ein Duft

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