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Das fremde Haus

Das fremde Haus

Titel: Das fremde Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Hannah
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kurz vor ein Uhr morgens? Im Bett neben dir. Ich habe gelesen, du hast geschlafen. Du hast so getan, als würdest du schlafen«, korrigiert er sich. »Und wo war ich um 1.23 Uhr? Wieder im Bett – hellwach und verärgert. Ich überlegte, ob ich es noch weitere sechs Monate mit deinen paranoiden Wahnvorstellungen aushalten oder packen und gleich am nächsten Morgen verschwinden sollte.«
    Es stimmt, was er sagt. Ich sehe, dass Grint den niedergeschlagenen Ausdruck auf meinem Gesicht bemerkt. Er muss denken, ich will, dass mein Mann ein Hacker oder Bigamist ist.
    Oder ein Mörder.
    Dabei will ich es nur verstehen – das ist alles, was ich will. Ich will es wissen. In diesem Augenblick ist mir ganz egal, wie die Erklärung aussieht, solange ich nur eine bekomme. Wenn Kit sich nicht in die Website des Maklerbüros eingehackt hat …
    »Und was werden Sie jetzt unternehmen?«, frage ich Grint. »Lassen Sie … Leute von der Spurensicherung den Teppich untersuchen? Haben Sie mit Selina Gane gesprochen?«
    Er ignoriert meine Fragen und deutet mit ausgestrecktem Finger erst auf mich und dann auf Kit. Da er den Daumen erhoben hat, wirkt es, als würde er mit einer Pistole auf uns zielen. »Sie gehen nirgendwohin. Sam und ich werden jetzt mit Jackie Napier sprechen, danach kommen wir wieder her.« Sam springt auf, wie aufs Stichwort. Ich glaube nicht, dass ihm klar war, dass seine Anwesenheit dabei vonnöten sein würde, aber er wird nicht anfangen, sich zu streiten, er wird dem Anführer folgen.
    Sobald sie fort sind, stehe ich auf und gehe zur Tür.
    »Con, warte …« Kit streckt die Hand aus.
    »Nein«, sage ich. »Ich werde nicht warten. Ich habe schon viel zu lange gewartet.«
***
    Als ich das Polizeirevier verlassen habe, fange ich an zu laufen. Mein Kopf hämmert, übervoll mit Blut, als ich um eine Ecke biege, um noch eine Ecke und noch eine. Der Bürgersteig schwankt. Ich blinzle und atme so viel Luft ein, wie es geht. Meine Knie geben nach, als gehörten die Beine nicht mehr zum Rest meines Körpers. Ich sinke zu Boden, ein Häufchen Elend, und lehne mich gegen die Wand. Eine Frau kommt vorbei, gefolgt von zwei kleinen Jungen, beide auf Tretrollern, die aussehen wie seltsame eckige Hunde. Einer der Jungs fragt: »Mama, warum sitzt die Frau auf der Straße?« Ich muss aussehen wie eine Geistesgestörte, mit krampfhaft vor die Brust gedrückter Tasche – als hätte ich Angst, überfallen zu werden.
    Wenn man weiß, dass es eine Bedrohung gibt, man aber nicht weiß, woher sie kommt, ist es durchaus sinnvoll, sich vor allem zu fürchten. Ich glaube kaum, dass die gepflegte Mutter der beiden Kinder sich je die Mühe gemacht hat, ihnen das zu erklären.
    Als ich wieder Luft kriege, zücke ich mein Handy, rufe die Auskunft an und erkundige mich nach Hotels in Cambridge, deren Name mit einem »D« oder »Du« beginnt. Sam hat gestern gesagt, dass Selina Gane in ein Hotel gezogen ist. Es bestehen durchaus gute Chancen, dass sie noch dort ist. Sie wollte schon einmal mit mir reden, aber ich bin davongerannt. Vielleicht hätte ich die Wahrheit schon längst herausgefunden, wenn ich das nicht getan hätte.
    »Da wäre das Doubletree am Granta Place, es gehört zu den Hilton Garden House Hotels. Meinten Sie das?«
    Es wäre möglich.
    »Es ist das einzige zentral gelegene Hotel in Cambridge, das mit einem D anfängt.«
    »Stellen Sie mich durch«, sage ich. Sie wird nicht dort sein. Sie wird im Krankenhaus sein. Ich bleibe dran. Höchstwahrscheinlich ist sie nicht da, aber ich will herausfinden, ob es das richtige Hotel ist.
    Warum? Hast du vor, ihr einen Besuch abzustatten?
    Ich höre mir die Anweisungen der Computerstimme an: Für Tagungen und private Veranstaltungen drücken Sie die 1, die 2 für Gruppenreservierungen, die 3 für Zimmerpreise und Einzelreservierungen, die 4 für Anreiseinformationen und alle sonstigen Anfragen. Ich drücke die 4, und ein Mensch meldet sich, eine Frau. Mit französischem Akzent. Ich erkundige mich, ob eine Dr. Selina Gane im Hotel wohnt und erwarte eine Ein-Wort-Antwort: ja oder nein.
    »Ich stelle Sie durch«, sagt die Empfangsdame. Mein Herz beginnt zu rasen. Mit purer Willenskraft zwinge ich mich, nicht erneut ohnmächtig zu werden. Das Einzige, was mich davon abhält, auf die rote Taste zu drücken und den Anruf zu beenden, ist meine sichere Überzeugung, dass Selina Gane an einem Dienstagnachmittag um halb drei nicht in ihrem Zimmer sein wird. Vielleicht hat sie eine eigene Nachricht

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