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Das Fremde Mädchen

Das Fremde Mädchen

Titel: Das Fremde Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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daß die Liebe mit der Zeit kommen würde, eine Art von Liebe vielleicht, die besser war als die in vielen anderen Ehen, aber dennoch weit von der Erfüllung entfernt.
    »Ich will versuchen«, sagte sie gleichmütig, »ihm alles zu geben, was er will und erwartet. Er verdient es, und er soll das Beste bekommen, was ich zu geben vermag.«
    Sinnlos, ihr zu sagen, daß es womöglich dennoch nicht reichte, denn sie wußte es schon und fühlte sich mit der Täuschung, die sie nicht vermeiden konnten, nicht wohl.
    Vielleicht hatte das, was hier im Hundezwinger gesprochen worden war, bereits einen Abgrund des Zweifels aufgerissen, den sie schon beinahe verschlossen hatte. Besser, er ließ sie in Frieden, wenn es keine Möglichkeit gab, die Bürde zu erleichtern, die sie auf sich nehmen wollte.
    »Nun, ich bete darum, daß Ihr in allem, was Ihr tut, gesegnet werdet!« sagte Cadfael und machte ihr Platz. Die Hündin hatte sich von ihren Welpen befreit und stieß mit der Schnauze ans Gitter, während sie hungrig und erwartungsvoll mit dem buschigen Schwanz wedelte. Geburten, Heiraten, Todesfälle und Feiern, all dies kann die Alltagsgeschäfte nicht stören. Als er sich in der Türe noch einmal umdrehte, hatte Helisende sich gebückt, um den Napf der Hündin zu füllen. Der schwere braune Zopf pendelte über den kleinen Hunden. Sie blickte nicht auf, doch er hatte das Gefühl, daß sie sich seiner Gegenwart voll bewußt war und angespannt blieb, bis er sich umdrehte und sich leise entfernte.
    »Ihr werdet Euer Pflegekind vermissen«, sagte Cadfael, als Edgytha ihnen mittags Essen und Trinken servierte. »Oder geht Ihr mit ihr in den Süden, wenn sie verheiratet ist?«
    Die alte Frau zögerte, denn sie war von Natur aus schweigsam, doch andererseits mußte sie unbedingt ihr Herz ausschütten, weil sie ihr Pflegekind verlieren sollte. Unter den steifen Falten ihrer Haube bebten ihre verwitterten Wangen.
    »Was sollte ich in meinem Alter noch an einem fremden Ort tun? Ich bin zu alt, ich kann nicht mehr viel ausrichten und werde hier bleiben. Hier kenne ich mich wenigstens aus, und alle anderen kennen mich. Welche Achtung würde ich in einem fremden Haus genießen? Aber sie wird gehen, das weiß ich!
    Sie wird gehen, sie muß gehen. Und der junge Mann wäre keine schlechte Partie – wenn mein Lamm nicht einen anderen im Auge und im Herzen hätte.«
    »Und einen, der unerreichbar ist«, erinnerte Haluin sie sanft, doch sein Gesicht war bleich, und als sie sich umdrehte und ihn einen Moment schweigend ansah, schlug er die Augen nieder und wandte den Kopf ab.
    Ihre Augen hatten das bleiche, ausgewaschene Blau von verblühten Glockenblumen. Einst von Wimpern beschattet, die jetzt ausgedünnt und schütter waren, mochten sie früher eher die Farbe von Immergrün gehabt haben. »Dann hat mein Herr es Euch erzählt«, sagte sei. »Alle sagen das, und wenn es keine Hilfe gibt, dann könnte es ihr noch schlechter gehen. Ich weiß es! Ich kam vor vielen Jahren her, um ihrer Mutter aufzuwarten, und auch damals war es keine Liebesheirat, wo sie doch so jung war und er fast dreimal so alt wie sie. Sie brauchte unbedingt jemand aus ihrer Heimat, die arme Lady, den sie kannte und dem sie trauen konnte. Wenigstens verheiraten sie mein Mädchen mit einem jungen Mann.«
    Cadfael stellte nun endlich die Frage, die ihn schon eine Weile beschäftigt hatte und über die niemand ein Wort verloren hatte: »Ist Helisendes Mutter denn tot?«
    »Nein, tot ist sie nicht. Aber sie ging vor etwa acht Jahren in die Klause von Polesworth, nachdem der alte Herr gestorben war. Sie gehört Eurem Orden an, sie ist Benediktinerin. Sie neigte schon immer in diese Richtung, und als ihr Mann starb, kam sie ins Gerede, wie es bei Witwen so geschieht, und man drängte sie, wieder zu heiraten. Aber sie verließ lieber diese Welt. Auch eine Flucht«, bemerkte Edgytha und kniff grimmig die Lippen zusammen.
    »Und ließ die Tochter mutterlos zurück?« warf Haluin vorwurfsvoller ein, als er beabsichtigt hatte.
    »Sie ließ die Tochter gut behütet zurück! Sie ließ sie bei Frau Emma und bei mir!« Edgytha schmollte einen Moment und löschte das kurz aufflammende Feuer, indem sie die Augen niederschlug. »Drei Mütter hatte das Kind, und alle waren ihm zugetan. Meine Herrin Emma war nicht streng mit den Kindern.
    Sie war sogar zu nachgiebig, die beiden bekamen immer ihren Willen. Aber meine Herrin neigte zur Einsamkeit und zur Melancholie, und als eine neue Heirat anstand,

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