Das Fremde Mädchen
und zwei Burschen hereingeritten.
Zwei Pferde ohne Reiter wurden für die Braut und ihre Dienerin mitgeführt, dazu Packpferde für ihr Gepäck. Praktisch und sinnvoll schien alles, und de Perronet selbst wirkte sehr offen, ohne übertriebenen Prunk in Kleidung und Verhalten. Cadfael musterte anerkennend die Pferde und das Zaumzeug. Der junge Mann wußte, wo er sein Geld ausgeben und wo er sparen mußte.
Haluin und Cadfael waren zusammen hinausgegangen, um den Gästen beim Absteigen und Abladen zuzusehen. Die Nachmittagsluft klarte auf, in der Nacht würde es Frost geben, aber droben am Himmel zogen vereinzelte Wolken, die vielleicht sogar noch ein wenig Schnee bringen mochten. Die Reisenden waren sicher froh, aus dem kalten Wind heraus und unter ein gutes Dach zu kommen.
De Perronet stieg vor der Tür der Halle von seinem scheckigen Braunen ab, und Cenred kam ihm auf der Treppe entgegen, um ihn zu empfangen und zu umarmen. Bei der Hand führte er ihn zur Tür hinauf, wo die Hausherrin Emma ihn ebenso warm begrüßte. Helisende, bemerkte Cadfael, ließ sich nicht blicken. Beim Abendessen am Tisch des Hauses mußte sie erscheinen, aber zu diesem Zeitpunkt schien es angemessen, die Aufnahme des Gastes ihrem Bruder und dessen Frau zu überlassen, die ohnehin über sie wachten und die Eheschließung angeregt hatten. Gastgeber, Gastgeberin und Gast verschwanden in der großen Halle. Cenreds Diener und de Perronets Burschen luden das Gepäck ab und brachten die Pferde unter. Sie gingen ihren Aufgaben so kundig nach, daß der Hof nach wenigen Minuten wieder verlassen war.
Das war also der Bräutigam! Cadfael überdachte, was er gesehen hatte. Bisher konnte er nichts Falsches daran finden, außer der Tatsache, daß er, wie Edgytha gesagt hatte, der Zweitbeste war. Ein junger Mann von fünfundzwanzig oder sechsundzwanzig Jahren, bereits an seine Autorität und an die Verantwortung für sein Verhalten gewöhnt und durchaus fähig, mit beidem umzugehen. Seine Männer, die ihn begleitet hatten, schienen mit ihm auf gutem Fuße zu stehen. Er kannte sein Geschäft wie sie das ihre, und zwischen ihnen herrschte eine Atmosphäre von gegenseitiger Achtung. Außerdem war er ein gutaussehender junger Mann, groß und gut gebaut, mit offenem, freundlichem Gesicht, und nach dem ersten Blick zu urteilen, war er am Vorabend seiner Heirat in bester Laune.
Cenred hatte das Beste für seine junge Schwester getan, und dieses Beste war in der Tat nicht übel. Eine Schande, daß sie nicht bekommen konnte, was ihr Herz begehrte.
»Aber was sonst hätten sie tun können?« sagte Haluin und verriet mit wenigen Worten seine eigene tiefe Abscheu und seine Zweifel.
8. Kapitel
Am Spätnachmittag schickte Cenred seinen Verwalter zu den Benediktinerbrüdern und ließ fragen, ob sie das Abendessen gemeinsam mit allen anderen in der Halle einnehmen wollten, oder ob Vater Haluin die Ruhe seiner eigenen Kammer vorzöge und lieber dort bedient werden wolle. Haluin, der in ein dunkles, tiefes Grübeln verfallen war, wäre lieber für sich geblieben, aber er hielt es für unhöflich, sich länger zurückzuhalten, und mühte sich, sein besorgtes Schweigen zu brechen und sich der Tischgesellschaft anzuschließen. Sie hatten ihm, da er der Priester war, der die Trauung vornehmen würde, einen Platz in der Nähe des Brautpaares gegeben. Cadfael, der ein wenig abseits saß, hatte alle im Blick. Weiter unten am Tisch waren alle anderen Angehörigen des Haushalts, ihrem Rang entsprechend, im Fackelschein versammelt.
Nach Haluins ernstem Gesicht zu urteilen, schien es das erste Mal zu sein, daß er aufgerufen war, Gottes Werk zu tun.
Natürlich wurden die jüngeren Brüder mehr denn je ermutigt, auf die Priesterweihen hinzuarbeiten, aber sie waren Priester ohne Gemeinde, die in ihrem langen Leben vermutlich nie eine Taufe vornehmen, eine Ehe schließen oder die letzte Ölung geben würden, sie würden nie andere weihen, damit diese dem gleichen geschützten Weg folgen konnten. Es ist eine schreckliche Verantwortung, dachte Cadfael, der nie die Weihen angestrebt hatte, wenn Gott seine Gnade in die Hände eines Menschen legt, der dann im Leben anderer Menschen eine so wichtige Rolle spielen muß. Durch die Taufe kann er ihnen die Erlösung versprechen, durch die Trauung kann er sie auf ewig verbinden, und bei ihrem Tod hält er den Schlüssel zum Fegefeuer in seinen Händen. Wenn ich mich eingemischt habe, dachte er ergeben – und Gott weiß, wie oft ich es
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