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Das Fremde Mädchen

Das Fremde Mädchen

Titel: Das Fremde Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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auseinanderzureißen und darauf zu vertrauen, daß die Zeit die Wunden heilt. Ich habe meinen Sohn zu meinem Oberherrn gegeben, wo er im Gebrauch der Waffen unterwiesen wird. Wir sind befreundet, und er kennt den Grund und die Notwendigkeit. So traurig er auch über seine Verbannung ist, mein Sohn hat gelobt, erst zurückzukehren, wenn ich ihm die Erlaubnis gebe. Habe ich damit recht getan?«
    »Ich glaube«, erwiderte Haluin, »etwas anderes hättet Ihr nicht tun können. Aber es ist eine Schande, wenn es so lange unentdeckt blieb.«
    »So ist es. Wenn zwei kleine Kinder wie Bruder und Schwester aufwuchsen, kommen sie ohne das geringste Gefühl eines Verzichts gewöhnlich nicht auf die Idee, sie könnten einander heiraten. Ich habe mich oft gefragt, wieviel mehr als ich Edgytha bemerkte. Sie war immer großzügig mit den Kindern. Aber nie, niemals sagte sie ein Wort zu mir oder meiner Frau, und ob wir uns richtig verhalten haben oder nicht, wir können nicht zurück.«
    »Sagt mir«, warf Cadfael ein, der sich zum erstenmal einmischte, »heißt Euer Sohn vielleicht Roscelin?«
    Cenred starrte Cadfael erschrocken an. »So ist es. Aber woher wißt Ihr das?«
    »Und Euer Oberherr ist Audemar de Clary. Sir, wir kamen direkt aus Elford hierher, wir haben mit Eurem Sohn dort gesprochen, und er hat Bruder Haluin gestützt, als dieser Hilfe brauchte.«
    »Ihr habt mit ihm gesprochen? Was hatte mein Sohn dort in Elford nur zu sagen? Und was hatte er über mich zu sagen?«
    Er war wachsam und bereit, bittere Klagen und Vorwürfe zu hören und den Kummer zu schlucken, wenn er mußte.
    »Sehr wenig und gewiß nichts, was Ihr nicht ruhigen Gewissens selbst hättet anhören können. Kein Wort jedenfalls über Eure Schwester. Er erwähnte, er habe das Haus auf den Wunsch seines Vaters verlassen, dem er seinen Gehorsam nicht verweigern konnte. Wir hatten, es war ohnehin ein Zufall, nur wenige Minuten, um uns zu unterhalten. Aber ich sah nichts, auf das Ihr nicht stolz sein könntet. Bedenkt, er ist kaum drei Meilen entfernt, gegen seinen Willen, und hält sein Wort.
    Eines gibt es vielleicht noch, das Ihr als Vater erfahren solltet«, fügte Cadfael hinzu, der den Vater auf die Probe stellen wollte.
    »Er fragte uns sehr ernst, ob unser Orden einem Mann ein sinnvolles Leben bieten könne, wenn ihm das Leben, nach dem er sich am meisten sehnte, verwehrt bliebe.«
    »Nein!« rief Cenred protestierend. »Nicht das! Nicht um alles in der Welt soll er die Waffen und das Ansehen aus der Hand geben und sich im Kloster verbergen. Dafür ist er nicht geschaffen! Ein so vielversprechender Junge! Bruder, das spricht für meine Bitte. Man darf nicht aufschieben, was getan werden muß. Sobald es aber geschehen ist, wird er es akzeptieren. Solange der Verlust nicht endgültig ist, wird er hoffen und sich nach dem Unmöglichen sehnen. Deshalb will ich sie verheiraten, damit sie das Haus verläßt, bevor Roscelin zurückkommt.«
    »Ich kann Eure Gründe sehr gut verstehen«, meinte Haluin, während er die Augen in den tiefen Höhlen weit öffnete, »aber was Ihr sagtet, ist kein rechter Grund für eine Heirat, wenn die Frau nicht bereit ist. So schwer Euer Los auch ist, Ihr könnt nicht den einen opfern, um den anderen zu retten.«
    »Ihr mißversteht mich«, sagte Cenred ruhig. »Ich liebe meine jüngere Schwester, ich habe ganz offen mit ihr gesprochen. Sie weiß genau, welche Ungeheuerlichkeit ihnen beiden drohte, und sie weiß, daß eine solche Liebe unmöglich ist. Sie will, daß dieser schreckliche Knoten durchtrennt wird, genau wie ich. Sie will Roscelin als stolzen, ehrbaren Mann sehen, weil sie ihn liebt, und lieber, als ihm diese Chance zu nehmen, will sie in die Ehe mit einem anderen Mann fliehen. Ich habe sie nicht gezwungen, und auch die Wahl des Mannes geschah nicht willkürlich. Jean de Perronet ist ein wohlhabender, gut erzogener junger Mann aus gutem Hause. Er wird heute hier eintreffen, und dann könnt Ihr ihn selbst kennenlernen.
    Helisende kennt ihn bereits, und sie mag ihn, auch wenn sie ihn noch nicht lieben kann. Das mag mit der Zeit kommen, denn er ist ihr sehr ergeben. Sie hat in diese Heirat eingewilligt. Und de Perronet hat einen unschätzbaren Vorteil auf seiner Seite«, fügte er grimmig hinzu. »Sein Sitz ist weit entfernt. Er wird sie nach Buckingham mitnehmen, weit außerhalb Roscelins Reichweite. Aus dem Auge, aus dem Sinn, das will ich nicht gerade sagen, aber auch ein vertrautes Gesicht verblaßt im Laufe der

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