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Das Frühlingsfest

Das Frühlingsfest

Titel: Das Frühlingsfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. K. Bloemberg
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Charakter der Gräfin genommen haben.
    Es gingen Gerüchte um, dass sie ihren Mann Maximilien schon des Öfteren hatte vergiften wollen und der Diener hätte noch ganz andere Dinge bestätigen können, doch er hielt sich an die Tugenden eines Dieners, dem Gebot der Schweigsamkeit zu folgen - zumindest in dieser Hinsicht.
    »Ein Gespenst? Hier auf Schloss Fontainevert? Wie gruselig«, kiekste Pierrettes Gesprächspartnerin, die eine gigantische, weißhaarige Perücke trug, so dass es wirkte, sie führe einen Spitzturm aus Zuckerwatte spazieren. Ihr Gesicht war eine Komposition feuchter Männerträume und dem Diener, gelang es nur mit Mühe seine Contenance zu wahren. Schmale, akzentuierte Augenbrauen schwebten wie Schwalbenflügel über staunenden Jungmädchenaugen. Ein feines Stupsnäschen und die schönsten Lippen, die er jemals bei einer Frau gesehen hatte, komplettierten ein Gesicht, das wie geschaffen war für sein Vorhaben. Der Puder, die Schminke und ein neckischer, doch lediglich kosmetischer Leberfleck störten nur unwesentlich ihre offensichtliche Schönheit. Er erinnerte sich jetzt, ihren Namen auf der Gästeliste für das Fest gesehen zu haben. Es handelte sich um die Edeldame Adeline de Cazardieu.
    Wenn Adeline strahlte wie die Sonne, so war ihr Gatte, Étienne de Cazardieu, der Mond. Seine Gesichtszüge waren hart, das markante Kinn kündete von Selbstbewusstsein und die kohlefarbenen Augen hatten mehr Dinge gesehen als ein normaler Speichellecker aus dem niederen Adel. Sein Justaucorps war in der neuen Mode geschnitten, nicht so lang wie die Exemplare der älteren Generation und sehr körperbetont.
    »Sorge dich nicht, mein Vögelchen«, beruhigte er seine Gattin. »In meiner Gegenwart habt Ihr vor Gespenstern nichts zu befürchten. Außerdem wird unsere bezaubernde Gastgeberin dieses Gerücht sicherlich gleich aufklären können, nicht wahr, Eure Durchlaucht?«
    Der Diener wägte ab. Adeline de Cazardieu war perfekt für seine Sammlung. Mehr als perfekt. Er würde sich ihr noch am Ende seines Lebens erinnern. Doch ihr Gatte war gefährlich und nicht dumm. Er fragte sich, ob sie das Risiko wert wäre, am Galgen zu landen …
    Pierrette de St. Courchose lächelte Étienne de Cazardieu an, doch es erreichte nicht ihre Augen. »Ihr müsst Euch sicherlich keinerlei Sorgen machen, werter Étienne, Lady Adeline«, beschwichtigte sie. Adeline wedelte sich beruhigend mit dem Fächer Luft zu, doch ihr Gatte benötigte offensichtlich keinen billigen Trost, sondern war vielmehr neugierig.
    »Aber es gibt dieses Gespenst und Ihr kennt es, Eure Durchlaucht?«, forschte er mit stechendem Blick nach. Dem Diener fiel auf, dass Étienne und Pierrette sehr gut zusammenpassen würden, wäre da nicht der entscheidende Unterschied in der adligen Rangfolge.
    Die Gastgeberin spielte mit ihrer Reitpeitsche hinter dem Rücken, die der Diener erst in diesem Moment bemerkte. Wie seltsam und unpassend auf einem Fest. Möglicherweise war die Gräfin im Begriff, einen Ausritt zu unternehmen oder kam soeben von einem solchen zurück? Vielleicht hatte sie die Peitsche auch für andere Zwecke verwendet. Es war kein Geheimnis, dass sie gerne erotische Spiele der härteren Gangart bevorzugte.
    »Das kann ich nicht leugnen«, gab Lady Pierrette zu und ihr Mund wurde noch verkniffener, die Lippen verschwanden zu einem schmalen, roten Strich. Dieses Thema gefiel ihr offensichtlich nicht. »Zu viele haben es gesehen. Leider konnte es immer wieder entfliehen«, fügte sie nach einiger Überlegung schließlich doch hinzu, was dem Diener ein Lächeln entlockte.
    Étienne schwieg nachdenklich. Er sah aus wie ein Falke, der in der Luft schwebte und auf Beute aus war. Adeline hingegen plapperte Belanglosigkeiten und sah dabei hinreißend aus. »Sonst wäre es wohl auch kein Gespenst, nicht wahr, Eure Durchlaucht?« Sie lachte, doch trotz der Beteuerungen ihres Gatten sowie ihres geschauspielerten Amusements war ihr die Unsicherheit und ihre Angst deutlich anzumerken. »Oh, sie ist wundervoll und ein Risiko wert«, dachte der Diener.
    Adeline de Cazardieu legte nachdenklich einen Zeigefinger an ihre vollen Lippen. »Aber warum wird es “das feuchte Gespenst” genannt?«, fragte sie mit zuckersüßen Unschuldsaugen.
    Pierrettes Blick erdolchte das Vögelchen beinahe, als sie sagte »Glaubt mir, liebe Adeline, das wollt Ihr nicht wissen.«
    Étienne de Cazardieu lächelte spöttisch. »Ist das Wissen um dieses Detail also so schlimm?«
    »Nein,

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