Das Fünfte Geheimnis
Hause bringen, dachte Madrone. Aber rechtfertigt das meine Rückkehr?
Alles ist bisher nur eine Vermutung, nicht viel anders als die Spekulationen, die wir bei den morgendlichen Treffen beim Kaffee-trinken ausspinnen. Ich habe noch immer nicht erfahren, was unsere Epidemien auslöst oder eines der Gegengifte untersucht. Ich habe noch nicht viel getan, um dem Netzwerk zu helfen, eine nennenswerte Anzahl von Soldaten von dem Invasionsgedanken abzubringen. Vielleicht sollte ich weiter nach Süden gehen.
»Ich gebe ihm diese Nachricht weiter. Kann ich ihm sagen, daß du in drei, vier Wochen kommen wirst?«
»Laß' mich darüber schlafen.«
Littlejohn ging wieder, und Rhea begab sich ins Haus und ließ Madrone und Isis allein.
»Komm' heute Abend mit mir zum Boot«, sagte Isis, während sie ihre Hand um Madrones Hüfte legte. »Ich werde gut zu dir sein. Du wirst es nicht bereuen.«
Madrone wand sich heraus. Isis Hand glitt von ihrer Brust. Was ist los mit mir, fragte sie sich. Ist es nur Müdigkeit? Aber das hat mich noch nie daran gehindert, Sex zu haben. Doch mit Bird oder Nita oder Sandy, die sie verstanden, war der Liebesakt etwas gewesen, was sie erfüllt hatte, sie wie ein Schluck kalten Wassers nach einem langen Lauf erfrischt hatte. Mit Isis war Sex eine körperliche Übung, die eine Ausdauer verlangte, die sie nicht besaß.
»Ich weiß, du bist müde«, sagte Isis. »Ich werde dich nicht weiter belästigen, wenn du nicht willst. Aber ich könnte dich nähren und deinen Rücken massieren und du würdest so gut schlafen können auf dem Wasser.«
»Vielleicht morgen«, sagte Madrone. »Ich werde früh da sein. Ich sollte dich sowieso überprüfen, um zu sehen, wie du ohne die Drogen zurechtkommst. Sie sollten jetzt fast aus deinem Körper heraussein.«
»Komm heute.«
»Ich muß arbeiten.«
»Was für eine Arbeit mußt du nachts machen?«
»Träumen.« Und während sie das sagte, bemerkte sie, daß es wahr war.
✳✳✳
In ihrem Traum schwamm sie, nein sie flog nicht, sie schwamm durch die Luft, die zäh und neblig war. Die Luft zerrte an ihr wie eine Sturmflut und zog sie gen Süden. Ja, so fühle ich mich, dachte sie: gefangen in einem Sog, der für mich zu stark ist, der micht mitreißt. Aber ich muß lernen, Widerstand zu leisten; sonst wird mich die Flut nach Süden tragen, um in der Stadt der Engel zu dursten. Vielleicht werde ich dorthin gehen, aber es muß meine Entscheidung sein; ich kann nicht einfach hineindriften. Ihre wirkliche Angst jedoch schien hinter den Camps in den Hügeln und den trockenen Straßen dort unten zu liegen. Sie hatte keine Angst vor dem Kampf dort unten im Süden, sie hatte nur Angst, dieser leeren Stelle in ihrer Erinnerung wieder näher zu kommen. Lily. Ich träume mich zu Lily, sagte sie sich fest. Lily, Lily, Lily! Sie sagte den Namen bis ein Gesicht erschien, Augen, die ihr wie ein nach innen gekehrtes Lächeln in der Nacht zublinzelten.
»Madrone, geht es dir gut?«
»Ich habe einige Informationen für den Rat der Heiler.«
»Gib sie mir.«
Madrone erklärte ihr, was sie über die Booster vermutete. Dann mußte sie warten und es erneut erklären, während Lily die Bezeichnungen aufschrieb, die sie nicht kannte.
»Und die Invasion?« fragte Lily.
»Ich weiß es nicht. Ein Gerücht hier sagt, daß sie es irgendwann im Frühling planen.«
»Und du, Kind? Geht es dir gut?«
»Sie möchten, daß ich weiter nach Süden gehe, direkt nach Angel City. Ich habe Angst. Aber das macht nichts. Ich meine, es scheint kein Grund zu sein, es nicht zu tun.«
»Wo Angst ist, ist auch Kraft.«
»Das hast du mir schon einmal gesagt. Lily, wie weiß ich, daß dies Wirklichkeit ist, daß du mich wirklich hörst, daß Sam auch diese Nachricht bekommt? Was, wenn dies alles nur in meinem Geist passiert?«
»Ich kann es dir nicht beweisen«, sagte Lily. »Ich kann dir sagen, daß es Maya gut geht, daß Bird operiert wurde und er sich gut erholt, daß die Regenfälle dieses Jahr sehr gut waren. Ich kann dir sagen, daß du Vertrauen haben sollst.«
»Ich habe keine große Wahl, nicht wahr?«
»Und ich gebe dir einen guten Rat. Bilde die Leute, die dich ersetzen werden, gut aus, bevor du gehst. Laß diese Leute nicht von dir abhängig sein. Letztlich ist das nicht gesünder als von den Boostern abhängig zu sein.«
»Ich habe damit begonnen, Lily. Ich werde Gruppen ausbilden und sie lehren, mit Kräutern zu arbeiten, mit Akupressur und Massage. Ich habe Vorträge in
Weitere Kostenlose Bücher