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Das Fünfte Geheimnis

Titel: Das Fünfte Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Starhawk
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sagen?“
    „Es ist wahr“, antwortete Lily, „unsere Späher brachten uns die Nachricht vor zwei Tagen.“
    „Was haben wir eigentlich bisher getan?“ fragte Cress, „außer bequemes Opfer der Stewards zu sein?“
    „Einige von uns haben, ohne Zustimmung der Gemeinschaft, ihre Dämme gesprengt.“ Lou vom Council der Heiler stand Cress gegenüber und blickte ihm in die Augen. „Wenn das nicht gewesen wäre, hätten wir jetzt wahrscheinlich nicht soviel Ärger.“
    „Wenn das nicht gewesen wäre“, gab Cress zurück, „hätten wir nicht solche Wasserreserven in unseren Zisternen.“
    „So kommen wir nicht weiter“, mischte sich Salal ein. Sie sah sehr erschöpft aus und schien am Ende ihrer Selbstbeherrschung. Ihr sonst so schönes rotes Haar schimmerte nur noch leicht bräunlich. „Ich wäre sehr erleichtert, wenn wir alle etwas abwarten würden. Ich rufe jeden auf, wenn er dran ist mit sprechen. Hat denn jemand einen konkreten Vorschlag?“
    „Ja, wir, der Verteidigungsausschuß“, rief Lily.
    „Und was?“
    „Bevor Marie starb, erzählte sie den Stewards, daß es in unserer City eine Kraft gäbe, die sie niemals überwinden könnten. Nun glauben die Stewards, wir hätten eine geheime Waffe. Bird hat ihnen unter Folter gestanden, was das für eine Waffe ist.“
    Maya zog eine Grimasse. Wie kann sie das so einfach behaupten, fragte sie sich, und es als Tatsache hinstellen? Ja, wenn es um ihren
    Enkel ginge...
    „Was hat er ihnen erzählt?“ fragte Salal.
    „Wieso hat er uns nicht erzählt, was es ist“, rief jemand aus den hinteren Reihen. Es klang ärgerlich.
    „Bleibt bitte im Prozeß!“ rief Salal scharf.
    Lily fuhr fort. „Er erzählte ihnen, unsere Waffe sei der Tod. Wenn sie einen von uns töteten, würde der Mörder verhext. Wir müssen seine Worte wahr machen!“
    „Wie meinst du das?“
    In dem Moment, bevor Lily weitersprach, meinte Maya, in der Ferne eine Trommel zu hören.
    „Der Verteidigungs-Ausschuß schlägt vor, daß wir jeden Killer erschrecken!“
    „Haben wir denn die Toten rekrutiert?“ fragte Cress, „halten wir jetzt zur Verteidigung Seancen ab?“
    Einige Leute kicherten. Doch Lily fuhr unbeeindruckt fort. „Ich meine natürlich nicht, daß wir die Toten aufstehen lassen. Aber wir sollten versuchen, bei den Stewards den Eindruck zu erwecken, wir hätten die Geister auf unserer Seite. Wir sollten ihnen Geschichten erzählen, über jeden, den sie getötet haben. Wieder und wieder, bis sie die Nerven verlieren. Gleichzeitig sollten wir ihnen – wie bisher – einen Platz an unserem Tisch anbieten.“
    „Du bist nicht ganz bei Trost!“ sagte Cress.
    „Werden denn nicht noch mehr Leute getötet?“ fragte Sachiko.
    „Ja“, sagte Lily, „auf jeden Fall werden noch einige Leute sterben müssen. Cress hat jedenfalls in einem Recht: Wir müssen aktiver werden, viel aktiver.“
    „Wir müßten ihre Ängste ausnutzen“, sagte Salal gedankenvoll, „wenn sie wirklich glauben, was Bird ihnen erzählt hat, dann werden sie immer nervöser werden, und das untergräbt schließlich ihre Moral.“
    „Sicher“, stimmte Lily zu, „aber darum geht es nicht allein. Wir müssen weiter versuchen, an ihre menschlichen Gefühle zu appellieren. Wir dürfen den Glauben nicht aufgeben, daß auch im übelsten Mörder ein Fünkchen der fünf geheiligten Dinge glimmt. Wenn wir das erreichen, können wir sogar im Tod noch siegen.“
    „Du bist komplett verrückt“, wiederholte Cress. Aber nach einer längeren Diskussion entschied das Council sich für Lilys Vorschlag. Cress und seine Anhänger mußten sich geschlagen geben.

    ✳✳✳

    Die Frau im weißen Kleid näherte sich dem Soldaten auf der Central Plaza. Ja, er war es. Sie würde dieses Gesicht niemals vergessen. Niemals den kalten Ausdruck, als seine Hände den Gewehrkolben auf den Kopf ihres Bruders niedersausen ließ. Sie stellte sich dicht vor den erstaunten Mann.
    „Mein Bruder Jorge, den du gestern getötet hast, war ein guter Holzschnitzer“, sagte sie. „Als ich noch klein war, machte er mir immer das schönste Holzspielzeug.“
    „Komm mir nicht zu nahe“, drohte der Soldat.
    „Er hat mir einen Spielzeughund auf Rädern gemacht. Ich konnte ihn an einer Schnur hinter mir herziehen, und sein Kopf wackelte dabei auf und nieder. Er bekam Ärger mit Tante Anna, als sie ihn fragte, was machst du da? Und er antwortete: Das ist eine Hexe auf Rädern!“
    In den Augen der jungen Frau standen Tränen. Der Soldat

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