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Das Fünfte Geheimnis

Titel: Das Fünfte Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Starhawk
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Idee, warum war ihm das nicht schon eher eingefallen?
    „Wenn sie so weit weg ist, am oberen Fluß, warum hast du dann so verzweifelt versucht, ihre Existenz vor mir zu verbergen?“
    „Ich hatte Angst. Angst, Sie würden sie suchen und sie quälen, wenn Sie die Wälder erobern.“
    „Ach, du glaubst also an unseren Sieg?“ Der General lächelte.
    „Wie könntet ihr verlieren?“ antwortete Bird.

    ✳✳✳

    „Meine Frau war Mutter von fünf Kindern.“ Der Mann auf der Plaza sprach stockend, vom Schmerz gebeugt. „Ich liebte sie sehr. Liebst du auch jemanden? Kannst du dir vorstellen, wie das ist, wenn dieser Mensch plötzlich tot ist? Wie soll ich die Fragen meiner weinenden Kinder beantworten?“
    Die Geister waren zum ausgetrockneten Brunnen gekommen, wo Bird seine fruchtlose Wache hielt. Neben ihm Nullneun, Drei-zwo und noch einige andere Stewards. Bird sah, daß Nullneun in äußerst gereizter Stimmung war, er sah es an den zusammengekniffenen Augen und hörte es an der gepreßten Stimme. Keiner von ihnen hatte in den letzten Nächten wirklich schlafen können. Nacht für Nacht waren alle in der Kaserne von bösen Träumen heimgesucht, von den entsetzten Schreien aufwachender Männer hochgeschreckt worden.
    Gespenstische Figuren in Weiß schienen um sie herum zu schweben. Bird fühlte sich beklommen. Es waren seine früheren Freunde, gute Nachbarn. Aber nun waren sie entrückt, ungreifbar fern. Er grübelte darüber nach, und zum Schluß wußte er nicht mehr, war er tot und sie lebendig, oder umgekehrt?
    Doch die weißen Schatten kümmerten sich nicht um ihn, sie kamen näher und sammelten sich um Nullneun. Bird erkannte Rob Johnson und seine Kinder, entfernte Cousinen aus der Familie seines Vaters. Nellie Johnson, sie hatte zum Wasser-Council gehört, und Nullneun
    – Bird wußte es – war einer ihrer Mörder. War es sein Fehler? Hatte er ihren Namen genannt? Er wollte sie doch lieber anrufen, diese Geister, und Schlimmeres verhindern. Nicht heute, nicht an diesem Tag, wollte er sagen. Doch keiner der Geister schenkte ihm auch nur die geringste Beachtung.
    „Verschwinde, du Bastard“, kreischte Nullneun, „verschwinde, bevor ich bis drei gezählt habe, sonst kannst du deinem Hexenweib zur Hölle folgen.“
    „Hier sind unsere Kinder...“, begann Johnson.
    Ein Schuß peitschte. Auf Rob's Stirn öffnete sich eine blutende Wunde. Er fiel. Der älteste Johnson-Boy trat schnell einen Schritt vorwärts. Er war vielleicht fünfzehn, groß und schlank, seine Stimme zitterte kaum merklich: „Mein Vater war ein guter Mensch. Er liebte uns, und er konnte alles in Ordnung bringen.“
    Nullneun schoß dem Jungen in die Stirn. Seine jüngere Schwester trat nach vorn. Wahnsinn, dachte Bird, ich sollte etwas tun, aber was? Er war erstarrt.
    „Mein Bruder hat immer versucht, mich zu beschützen“, sagte Iris Johnson mit sanfter aber eindringlicher Stimme. „Meine Mutter und mein Vater liebten uns sehr. Liebst du nicht auch jemanden? Und liebt dich denn niemand? Weiß deine Mutter, daß du Mütter tötest?“
    Noch ein Schuß. Nun trat die achtjährige kleine Schwester nach vorn. Nullneun, von Panik gepackt, schoß, bevor sie noch ein Wort sagen konnte. Nun war da nur noch ein kleineres Mädchen, an der Hand ihre knapp zweijährige Schwester. Sie brach zusammen, schlang ihre Arme um den toten Vater und warf einen vorwurfsvollen Blick auf den Mann, der langsam sein Gewehr auf die beiden Kinder richtete. Bird hielt den Atem an. Nullneuns Hand zitterte.
    „Wir haben einen Platz für dich an unserer Tafel gedeckt, komm, iß mit uns gemeinsam“, ein alter Mann war vorgetreten. Nullneun riß den Gewehrlauf herum, doch dann erschien eine Frau neben dem Mann, und noch eine und noch eine. Überall erschienen Menschen, Frauen und Kinder und umringten Nullneun. Bird konnte kaum noch etwas erkennen. Und alle sangen im Chor mit freundlicher Stimme: „Auch jetzt noch ist ein Platz für dich an unserem Tisch frei!“
    Ich sollte auf ihrer Seite stehen, dachte Bird. Ich hätte Nullneun am Töten hindern sollen. Ich hätte selbst sterben sollen. Ich hätte zwischen ihn und seine Opfer treten sollen. Aber, Diosa, ich bin nicht stark genug. Ich bin ein Feigling, ein Feigling.
    Nullneun ließ sein Gewehr fallen und begann zu schreien. Erstarrt sahen die anderen Soldaten zu, wie Nullneun sich am Boden krümmte und sich schließlich erbrach, schluchzend und zuckend.
    „Die Dämonen haben ihn gepackt“, flüsterte Drei-zwo

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