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Das Fünfte Geheimnis

Titel: Das Fünfte Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Starhawk
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Er mußte vermeiden, daß die Wachen auf sie aufmerksam wurden. Es war ziemlich ruhig in der Baracke. Wenn Littlejohn sich auf dem Lager herumwarf, schien es Bird als erbebten die Blech-wände. Doch niemand wachte auf, niemand kümmerte sich um sie.
    Bird zog all seine Heilungskräfte zusammen und versuchte, Littlejohn etwas davon zu geben. Der Morgen graute, und Littlejohn machte nun einen wesentlich klareren Eindruck als am Tag zuvor. Bird mußte kaum etwas sagen, um ihn vom Frühstück fernzuhalten.
    Weil Littlejohn seine ganze Aufmerksamkeit beansprucht hatte, wußte Bird nicht, wie Hijohn die Nacht überstanden hatte. Als der Morgen kam, konnte Bird zu seiner Freude sehen, daß die Furchen in Hijohns Gesicht zwar noch schärfer geworden waren, aber seine Augen wirkten nun hell und klar, und er nickte Bird grüßend zu, während sie sich vorsichtig vom Frühstück zurückzogen.
    Während sie zur Arbeit marschierten, ließ Bird zum ersten Mal bewußt seine Blicke über die Umgebung schweifen. Er war sicher, wenn sie nur erst in den Hügeln verschwunden waren, daß niemand ihnen mehr folgen konnte. Es gab genügend Deckung in den Hohlwegen, zwischen den Büschen und Bäumen. Es war zwar Trockenzeit, aber er wußte, sie würden Wasser und etwas zu essen finden.
    Ein Problem waren ihre elektronischen Armbänder. Doch gerade daß sie elektronisch waren, erfüllte Bird mit Hoffnung. Gegen gewöhnliche Schlösser war Magie machtlos, aber Elektronik ließ sich durch elektrische Hirnströme beeinflussen. Zu Hause war das genügend durch ihre Kristall-Computer bewiesen, die allein durch die Kraft des Gehirns gesteuert wurden. Ja, dachte Bird, die Techniker zu Hause würden genau wissen, was sie mit diesen verdammten elektronischen Handfesseln anstellen mußten. Aber die Techniker hatten auch jahrelanges Training hinter sich, und er nicht. Bird erinnerte sich nur noch dunkel an die Übungsstunden, die jedes Schulkind bei ihnen zu absolvieren hatte. Aber das war lange her, und er hatte seitdem nie wieder über solche elektronischen Probleme nachgedacht.
    Okay, er würde es einfach versuchen. Maya hatte oft genug gesagt, daß Magie so einfach sei wie Radfahren: »Das lernt man einmal und vergißt es nie wieder.« Nie mehr. Freilich, dachte Bird bei sich, je mehr du aus der Übung bist, umso eher machst du Fehler. Er wünschte sich, daß er erst einmal etwas üben könnte. Etwa, die Lichter in der Braracke flackern zu lassen, allein durch die Kraft seiner Imagination. Oder gar die Computer der Wachen ein bißchen durcheinander bringen. Aber er wagte es nicht, es wäre verdächtig gewesen, es hätte Aufsehen erregt, Wachsamkeit herausgefordert. Noch hatte niemand von den Stewards bemerkt, daß drei ihrer Gefangenen das Essen verweigerten, und dabei sollte es auch bleiben.
    Am sechsten Tag seines Fastens wachte er auf und vermißte nach einer Weile das bisher vorherrschende Hungergefühl. Er fühlte sich leicht und beschwingt, sein Entschluß war jetzt sonnenklar. Verschwörerisch flüsterte er Hijohn und Littlejohn zu: »Heute!« Hoffnung und Angst ließen ihn innerlich erbeben.
    Sie wanderten den gewundenen Weg zu ihrer Arbeit, und sie schlurften genauso müde daher wie die übrigen Gefangenen. Doch Bird war hellwach. Nur vor einem hatte er Angst: daß irgend etwas Unvorhergesehenes ihre Flucht unmöglich machen würde. Die paar Tage seines freiwilligen Drogenentzugs hatten ihm gezeigt, wie wenig er seinem malträtierten Körper zumuten konnte. Seine Muskeln hatten in den Jahren der Gefangenschaft ihre Spannkraft eingebüßt, auf sie durfte er nicht allzu lange vertrauen. Das Gleiche galt sicher für seine Gefährten.
    Ja, und sein Bein. Bird schüttelte den Kopf. Sein Bein war niemals richtig behandelt worden, es war niemals richtig geheilt. Er konnte zwar gehen, aber nur hinkend, und dieses Hinken beanspruchte die Sehnen und Muskel ungleichmäßig. Er fragte sich, ob er beides bewältigen könnte – die Magie und das Laufen. Vielleicht würde er zurückfallen, unfähig, Schritt zu halten. Und vielleicht würden sie alle sterben müssen.
    Die Zeit schien sich heute endlos zu dehnen, jeder Schritt, jeder Handgriff immer länger zu dauern. Doch endlich neigte sich die Sonne dem westlichen Horizont zu, und im schwindenden Licht des Tages reihten sich die Gefangenen zum Rückmarsch auf. Es herrschte dumpfes Schweigen.
    Bird richtete es so ein, daß sie zu dritt etwa in der Mitte der Kolonne marschierten. Einer der Wächter ging

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