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Das Fünfte Geheimnis

Titel: Das Fünfte Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Starhawk
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schlug sich die Knie auf. An den Bächen zu laufen war schwieriger, aber oft konnte er keine anderen Pfade finden und hier hatte er wenigstens Wasser. Wenn die Sonne brannte, schwitzte er zwischen den glühendheißen Felsen das Wasser schneller aus als er es trinken konnte. Und die kleine Flasche, die er aus Avalon mitgenommen hatte, faßte nicht genug, um seinen Durst zu stillen.
    Er kam nur langsam voran. Er machte weiter bis an die Grenze seines Leistungsvermögens. Er pausierte schließlich und gab sich Zeit für zehn tiefe Atemzüge, dann mühte er sich weiter, noch bevor er sich dazu in der Lage fühlte. Er fürchtete, wenn er darauf wartete, daß es ihm wieder besser ginge, würde er nicht mehr weiter machen. Er benutzte jeden magischen Trick, den er kannte, um zu heilen, um seine Schmerzen zu lindern, sich selbst abzulenken, seine Aufmerksamkeit auf das irisierende Grün der Bergahornblätter zu lenken oder auf den leicht schwankenden Flug der heiser schreienden Geier. Schließlich konnte er nur noch keuchend weiter, mechanisch einen Fuß vor den anderen setzen und den Atem in die Lungen hinein- und wieder herauspumpen.
    Die Berge waren hier dicht bewaldet; nur selten standen die Bäume lichter und gaben einen weiten Ausblick frei. Bestände von Küstenmammutbäumen wechselten sich ab mit Gehölzen aus Eichen, Lorbeer und kalifornischem Erdbeerbaum. Im Unterholz wucherte ein Dickicht aus Blaubeeren. Seine Hände und Arme waren übersät mit Pusteln und Blasen und juckten, aber er aß die Blaubeeren, nachdem das Essen aus seinem Gepäck verbraucht war. Dann setzte er seinen Weg fort, stolperte über Flußgestein, das seine Füße verletzte. Fallend und sich wieder aufraffend setzte er seinen Weg fort, zerschunden und voller Schrunden. Er schlief eingewickelt in seine Decke; unter Bäumen suchte er Schutz vor dem durchdringenden Wind, der vom Ozean herwehte.
    Er hatte inzwischen den Überblick verloren, wieviele Tage er schon unterwegs war: vielleicht eine Woche, vielleicht auch mehr. Er durchquerte einen Fluß, der so tief war, daß er bis zur Hüfte im Wasser stand. Die Kälte betäubte den Schmerz in seinen Muskeln.
    Vom linken Ufer strömte ein Geruch, der ihm bekannt vorkam, und ihn an etwas erinnerte. Er schnupperte noch einmal. Was war es nur? Dann sah er am Ufer einige muldenförmige Wasserbecken, die vom Strom durch Steine abgetrennt waren. Er ging hinüber und berührte das Wasser. Es war warm. Heiß. Heiße Quellen, dachte er und erkannte den Schwefelgeruch.
    Plötzlich wußte er, wo er war. Es gab nur eine Stelle in den Bergen, wo das Wasser auf natürliche Weise als heiße Quelle hervorsprang. Er war hier schon gewesen, in den guten Jahren, mit Madrone und den anderen.
    Er zog sich aus und kletterte in eins der Becken. Der Boden war schlüpfrig von grünen und schwarzen Algen. Er legte sich ins heiße, stinkende Wasser, lagerte seinen Kopf auf dem Beckenrand und ließ die Wärme seine Beine umschmeicheln. Er schloß die Augen und ließ die Schmerzen vergehen.
    Lange Zeit ruhte er, während sein Körper in die Felsen und das Wasser hineinschmolz. Schließlich öffnete er die Augen und nahm seine Umgebung wieder deutlicher wahr. Zunächst bemerkte er, daß die Quellen gut gepflegt waren. Die Felsbecken waren frisch repariert, mit Zement. In den Ästen des Madrone-Baumes, der den Platz überschattete, hingen Opfergaben: bunte Bänder, Stoffpuppen, Federn, Tonbilder der Göttin mit ausladenden Hüften und großen Brüsten und Bäuchen und runden Augen, Bilder des Hirsch-Gottes mit der Sonne zwischen seinen Hörnern, Haarlocken mit bunten Fäden befestigt, Wachsstummel und Blumen. Er fühlte sich geschützt, willkommen und er ließ sich langsam in heilende Trance versinken.
    Als er erwachte, war die Haut an seinen Fingerspitzen verschrumpelt und er wußte, daß es Zeit war, aus dem Becken zu klettern. Er ging hinunter und watete in den Fluß. Der eisige Schock des kalten Wassers durchfuhr ihn und weckte ihn auf. Mit einem Schlag war sein Kopf wieder klar. Sein Körper fühlte sich jetzt fast gut an.
    Dieser Platz wurde offensichtlich häufig besucht, und so mußte es auch Wege hierher geben. Die Küstenstraße war etwa zwölf Meilen entfernt, erinnerte er sich, früher ein leichter Tagesmarsch für ihn, aber auch jetzt würde er es in zwei Tagen schaffen, wenn nicht in einem. Und wo es einen benutzten Weg gab, würden auch Menschen sein, freundliche, wie es aussah, die ihm zu essen geben würden und

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