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Das fuenfte Imperium

Titel: Das fuenfte Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Pelewin
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gebrauchen. Also kannst du ihn zu unserem nächsten Rendezvous mitbringen ... Zufrieden? Jetzt bist du ein Big Mäc mit eigenem Bimmer. Ich hoffe, das hebt die Stimmung ein wenig. Ruf an. Schmatz, Hera PS Ich hab Osiris Adresse rausbekommen - über Mitra. Iwan weiß, wo es ist. Wenn du hinfahren willst, musst du es ihm bloß sagen. PSS Bablos: demnächst! Ich weiß es aus sicherer Quelle.
    Ich blickte zu Iwan.
    »Was hat Hera jetzt für ein Auto?«
    »Einen Bentley«, erwiderte Iwan und hüllte mich in eine Mentholwolke. »Was befehlen Sie?«
    »Ich bin in einer Viertelstunde unten«, sagte ich. »Warten Sie bitte im Auto auf mich.«
    Osiris wohnte in einem großen Haus aus vorrevolutionärer Zeit nahe der Metrostation Majakowskaja. Der Fahrstuhl funktionierte nicht, ich musste zu Fuß in den fünften Stock steigen. Im Treppenhaus herrschte Finsternis, da die Fenster mit Sauerkrautplatten vernagelt waren.
    Eine Wohnungstür wie die von Osiris hatte ich schon lange nicht mehr gesehen. Ein fernes Grüßgott aus der Sowjetära -falls kein Designer-Retro-Fake, versteht sich. Zehn Klingelknöpfe mindestens zierten die Wand, allesamt alt, mehrfach überpinselt; auf den Klingelschildern die hässlichen Namen des siegreichen Proletariats: Nosoglasych, Kuprijanow, Sedych, Salomastow. Nosoglasych stand in verschmierten Kopierstiftbuchstaben angeschrieben; vielleicht deswegen drückte ich den darüber befindlichen Knopf. Hinter der Tür gellte eine Klingel. Ich wartete ein, zwei Minuten, dann klingelte ich bei Kuprijanow. Dieselbe Klingel sprang an. Ich drückte der Reihe nach sämtliche Knöpfe - alle hingen sie an derselben widerwärtig gellenden Blechglocke, deren Ruf niemanden zu interessieren schien. Schließlich hämmerte ich mit der Faust an die Tür.
    »Ich komme«, ertönte eine Stimme drinnen auf dem Flur. Dann ging die Tür auf.
    Vor mir stand ein hagerer, blasser Mann mit Hängeschnauzbart. Schwarze Lederweste über einem schmuddeligen, aus der Hose hängenden Hemd. Etwas Transsilvanisches ging von ihm aus, obgleich er mir für einen Vampir reichlich welk vorkam. Aber Osiris war Tolstoianer, fiel mir ein. Vielleicht war dieses Äußere ein Effekt der selbstverordneten schlichten Lebensart.
    »Guten Tag, Osiris«, sprach ich. »Ich komme von Ischtar Borissowna.«
    Der Schnauzbart gähnte sich matt in die hohle Hand.
    »Ich bin nicht Osiris. Ich bin sein Gehilfe. Kommen Sie.«
    An seinem Hals gewahrte ich ein quadratisches kleines Pflaster mit braunem Fleck in der Mitte und wusste Bescheid.
    Osiris’ Wohnung sah aus, wie eine große, verwahrloste Kommunalka mit vielen aus der Not geborenen Flickschustereien aussieht: Schweißspuren am Heizkörper, Spachtelstreifen an der Decke, ein Strang neuer Kabel neben den alten verlegt. Scheuerleistenmarxismus.
    Ein Zimmer, das größte, dessen Tür offen stand, sah fertig saniert aus: geweißte Wände, neues Parkett. An die Tür war mit rotem Marker geschrieben:
    MUSTOPF MOSKAU STADT DER FLIEGEN
    Dort befand sich allem Anschein nach das geistige und ökonomische Zentrum der Wohnung: Zigarettenmief und resolute Männerstimmen drangen heraus, während der Rest der Wohnung in Altersstarre lag. Drinnen wurde, wenn ich nicht irrte, Moldawisch gesprochen.
    Ich trat in die Tür. In der Mitte des Zimmers stand ein großer Esstisch, an dem vier Männer mit Spielkarten in Händen saßen. Am Fußboden Kartonstapel, Taschen, Schlafsäcke. Sämtliche Kartenspieler hatten die gleichen Pflasterchen am
    Hals wie der Moldawier, der mir geöffnet hatte. Alle vier trugen gleiche graue T-Shirts mit den weißen Buchstaben WTO auf der Brust.
    Die Unterhaltung verstummte, die Kartenspieler starrten mich an. Ich hielt den Blicken wortlos stand. Schließlich ergriff der Größte von ihnen, ein bulliger Typ, das Wort.
    »Überstunden? Dreifacher Tarif, oder du verpisst dich lieber gleich!«
    »Ich verpiss mich lieber gleich«, erwiderte ich höflich.
    Der Schnauzbart hinter mir sagte etwas auf Moldawisch, und die Kartenspieler verloren jegliches Interesse an mir. Dezent fasste er mich beim Arm.
    »Hier sind wir falsch. Es ist weiter hinten. Da entlang, kommen Sie.«
    Ich lief ihm nach durch einen langen Gang.
    »Was waren das für Leute in dem Zimmer?«
    »Gastarbeiter. So muss man es wohl nennen. Ich bin auch Gastarbeiter.«
    Ganz am Ende des Gangs machten wir halt. Der Moldawier klopfte an eine Tür.
    »Was ist?«, hörte man eine leise Stimme.
    »Besuch für Sie.«
    »Wer?«
    »Von Ihren Leuten, denk

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