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Das fuenfte Imperium

Titel: Das fuenfte Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Pelewin
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hinaus«, sagte ich, »aber was ist mit dem Denken? Sie sagen doch selbst, dass Physiker und Astronomen in der Lage waren, die Grenzen von Raum und Zeit zu entdecken ...«
    »In der Tat, sie sind darauf gekommen ... Aber was das eigentlich zu bedeuten hat, darüber ist sich kein Physiker und kein Astronom im Klaren, derlei Dinge sind für den menschlichen Verstand nicht fassbar, sie sind ein Ausfluss diverser Formeln und sonst nichts. Es ist das gleiche schwindlig machende Kaleidoskop, von dem ich bereits sprach - nur hier in Bezug auf Theorien und Bedeutungen. Ein Abprodukt von Geist B ... Trester aus der Bablosproduktion.«
    Hatte Osiris Trester gesagt? Ein Fachbegriff der Winzer, Osiris hatte ihn bestimmt von seinen Moldawiern. Wenn ich nicht irrte, waren das die Rückstände beim Auspressen der Trauben.
    »Aber Sie wollen doch nicht im Ernst behaupten, alles Wissen der Menschheit über den Aufbau des Universums wäre ... Trester?«
    Osiris steckte den Kopf aus seiner Nische und guckte mich an wie einen armen Idioten.
    »Ich will überhaupt nichts behaupten, es ist nur leider so. Überleg doch mal, wo das Universum so plötzlich herkam!«
    »Herkam? Die Frage verstehe ich nicht.«
    »Ich meine, früher hatten die Leute ihre goldbepunkteten Himmelsschalen über den Köpfen. Wie wurde ein Universum daraus? Womit fing das an?«
    Ich überlegte.
    »Na ja ... Die Menschen fingen an, den Himmel zu erforschen, ihn durch das Fernrohr zu betrachten ...«
    »Aha! Und wozu das?«
    Ich zuckte die Achseln.
    »Dann will ich es dir ins Gedächtnis rufen«, sagte Osiris. »Die großen Entdeckungen auf dem Gebiet der Astronomie -
    Galilei, Herschel und so weiter -, sie wurden gemacht, um zu Geld zu kommen. Galilei wollte der venezianischen Regierung sein Fernrohr verkaufen, Herschel den König George schröpfen. Auf diesem Wege kamen die Sterne und Galaxien zu uns geschwommen. Und man beachte: Bablos hält sich nicht lange, der Trester bleibt für alle Zeit. Das ist wie bei den Mammutjägern in ihrem Nomadenlager: Das Fleisch ist schnell verzehrt, die Rippen und Stoßzähne stapeln sich mit den Jahren, bis man auf die Idee kommt, Häuser daraus zu bauen. Nur aufgrund dieser Rippen und Stoßzähne leben wir heute nicht mehr auf einer runden Insel im Urmeer, wie die Kirche es einst lehrte, sondern schweben im ständig größer werdenden Raum. Der aber nach neuesten Erkenntnissen schon wieder kleiner wird.«
    »Und die Mikrowelt ist auch bloß Trester?«
    »Klar. Aber du solltest diesen Trester nicht gering schätzen. Ich spreche nur von der Herkunft dieser Phänomene. Ihrer Genealogie sozusagen.«
    »Wir springen etwas sehr unvermittelt von einem Punkt zum anderen«, sagte ich. »Noch mal von vorne und der Reihe nach, wenn ich bitten darf. Sie hatten gesagt, die Große Maus sei auf die Erde verbannt worden. Von woher denn? Und durch wen?«
    »Das ist der springende Punkt: Die Strafe für Ischtar bestand darin, dass sie vergaß, wer sie war und woher. Anfangs wusste sie nicht einmal, dass sie in Verbannung war - sie glaubte diese Welt selbst erschaffen zu haben, ohne zu wissen, wann und wie. Dann kamen ihr jedoch Zweifel - und sie erschuf erst einmal uns, die Vampire. Zunächst mit eigenem Körper, wir sahen aus wie Riesenfledermäuse, das kennst du ja schon. Später, als die Klimakatastrophe einsetzte, entwickelten wir uns zu Zungen fort, die in anderen, besser an das neue Milieu angepassten Lebewesen einwohnen.«
    »Wozu hat Ischtar die Vampire denn erschaffen?«
    »Die Vampire waren von Beginn an dazu ausersehen, der Großen Maus zu dienen. Als ihre Verlängerung, ihre Projektionen. Sie hätten den Sinn der Schöpfung ergründen und der Großen Maus nachträglich erklären sollen, wozu sie die Welt geschaffen hatte. Doch es gelang ihnen nicht.«
    »Das kann ich verstehen«, sagte ich.
    »Worauf die Vampire beschlossen, sich wenigstens einigermaßen komfortabel in dieser Welt einzurichten. Zu diesem Zweck schufen sie den Geist B, zogen den Menschen heran. Hat man dir schon erklärt, wie Geist B funktioniert?«
    Ich bejahte.
    »Gut«, sagte Osiris. »Dann weißt du: Das Wort schafft die Dinge und nicht umgekehrt. Wenn für etwas keine Wörter vorhanden sind, existiert es für Geist B einfach nicht. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Es ergab sich nämlich ein interessanter Umkehreffekt. Der Kosmos ist seinerseits zur Widerspiegelung von Geist B geworden. Und seither weiß keiner mehr das eine vom anderen zu unterscheiden, es ist

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