Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das fuenfte Imperium

Titel: Das fuenfte Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Pelewin
Vom Netzwerk:
andere Tätigkeiten! Du denkst immer noch wie ein Mensch!«
    Die Spitze ließ ich an meinem Ohr vorbeisausen.
    »Soll ich denn leben wie ein Parasit?«
    »Du bist ein Parasit«, antwortete Hera. »Beziehungsweise sein Fortbewegungsmittel.«
    »Und du, was bist du?«
    »Ich genauso«, sagte Hera seufzend.
    Sie sagte es leise und irgendwie ernüchtert. Traurigkeit machte sich in mir breit. Und nach diesen Worten fühlte ich mich ihr näher denn je. Ich zog sie an mich und küsste sie. Es geschah wie von selbst, so natürlich wie nie zuvor in meinem Leben. Sie wehrte sich nicht. Ich fühlte, dass uns nur noch dieses idiotische Gleiskissen trennte, hinter dem sie sich vorhin verschanzt hatte. Ich warf es beiseite, und Hera lag in meinen Armen.
    »Bitte nicht!«, bat sie.
    Sie wollte es genauso wie ich, dessen war ich mir sicher.
    Das verlieh mir in dem Moment die Selbstsicherheit, an der es mir sonst gewiss gefehlt hätte. Ich warf sie in die Kissen.
    »Ich sagte: bitte nicht!«, sprach sie kaum hörbar.
    Aber ich war kaum noch zu stoppen. Ging daran, sie auf die Lippen zu küssen und gleichzeitig den Reißverschluss an ihrem Rücken aufzuziehen.
    »Bitte! Nein!«, flüsterte sie schon wieder.
    Ich verschloss ihr den Mund mit einem Kuss. Sie zu küssen war berauschend und beängstigend zugleich - wie ein Sprung in die Finsternis. Etwas an ihr war besonders, das spürte ich, sie war anders als all die anderen Mädchen, und mit jedem Kuss rückte ich ihrem Geheimnis näher. Immer zuversichtlicher fuhren meine Hände über ihren Leib, es war schon kein Fahren mehr, sondern ein Fummeln, so weit ging ich schon. Und da endlich ließ sie sich auf meine stürmischen Zärtlichkeiten ein: hob mein Bein an, platzierte mein Knie auf ihrem Oberschenkel.
    Nun schien die Zeit anzuhalten. Ich fühlte mich als ein Läufer im Stadion der Ewigkeit, wie er dem Augenblick des Triumphs entgegensieht. Das Rennen ging zu Ende, ich lief vorneweg. Die Zielgerade! Vor mir ein Punkt alles überstrahlenden Glücks, von dem mich nur noch wenige Schritte trennten ...
    Einen Moment später wurde mir schwarz vor Augen.
    Nie zuvor hatte ich solch einen Schmerz gefühlt.
    Ach was, nicht einmal geahnt hatte ich, dass es diesen Schmerz geben konnte: so grellfarbig-scharfkantig, pulsierend zwischen Körpergefühl und zuckendem Licht...
    Sie hatte mit dem Knie zugestoßen. Eine präzise ausgerichtete Bewegung. Sie hatte extra mein Bein angehoben, damit freie Bahn war für einen Stoß von größtmöglicher Brutalität. Mich einrollen, wegpacken - für immer in Luft auflösen mit all meinen auf Sein und Nichtsein abhebenden Plänen - das war das Einzige, was ich wollte, doch es ging nicht, der Schmerz, sich auswachsend von Sekunde zu Sekunde, verhinderte es. Ich merkte, dass ich schrie, und wollte damit aufhören, aber auch das klappte nicht ganz, es wurde ein Jaulen daraus.
    »Tut es weh?«, fragte Hera, die sich über mich beugte.
    Sie sah bestürzt aus.
    »A-a-a-a-ah«, winselte ich.
    »Entschuldige bitte!«, sprach sie. »Es war ein Reflex. Loki hat das mit mir eingeübt: dreimal warnen und dann Ernst machen. Es tut mir sehr leid, wirklich.«
    »O-o-o-oh ...«
    »Möchtest du einen Tee?«, fragte sie. »Er ist aber schon kalt.«
    »U-u-u-uh ... danke, ich will... keinen Tee ...«
    »Das geht vorbei«, sagte sie. »Ich hab nicht sehr heftig zugestoßen.«
    »Wie bitte?«
    »Nein, wirklich. Es gibt fünf Angriffsarten. Das war die schwächste, die sogenannte Warnung. Man übt sie aus gegen Männer, zu denen man weiterhin Beziehungen pflegen möchte. Sie ist nicht gesundheitsschädigend.«
    »Und du hast... nichts verwechselt?«
    »Wo denkst du hin ... Tut es wirklich so sehr weh?«
    Ich merkte, dass ich schon wieder fähig war, mich zu rühren, und ging auf die Knie. Der Versuch, mich aufzurichten, misslang noch.
    »Du möchtest also ... weiterhin Beziehungen pflegen ...«, ächzte ich.
    Reuevoll senkte sie ihren Blick.
    »Ja. Schon.«
    »Und das hat Loki dir beigebracht?«
    Sie nickte.
    »Und wie hast du den Stoß trainiert? ... Ihr hattet keinen Simulator, hast du gesagt.«
    »Hatten wir nicht, nein. Loki hat sich den Tiefschutz vorgeschnallt. Aus der Eishockeytorwartausrüstung. Ich hab mir sämtliche Knöchel geprellt, trotz Schoner. Was ich für blaue Flecken hatte!«
    »Und welche Stöße gibt es noch?«
    Sie sah mich kurz an.
    »Wozu musst du das wissen?«
    »Nur so«, sagte ich. »Damit ich weiß, was ich zu erwarten habe bei... anhaltender

Weitere Kostenlose Bücher