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Das fuenfte Imperium

Titel: Das fuenfte Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Pelewin
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sehr bequem - darin sitzend, spürte man seinen Körper kaum noch.
    Baal Petrowitsch drückte einen Knopf, und der Schild kam herabgefahren, bis er mir sanft auf die Brust drückte. Mit Rasten, die aussahen wie dicke Plastikketten, fixierte Baal Petrowitsch meine Arme und Beine am Sessel. Dasselbe bei Hera.
    »Kinn nach oben!«
    Kaum war ich dem Kommando gefolgt, stülpte er mir eine Art Motorradhelm bis ins Genick. Nun konnte ich nur noch Zehen und Finger bewegen.
    »Im Verlauf der Zeremonie kann es einem so Vorkommen, als bewegte sich der Körper im Raum. Das ist eine reine Illusion. Ihr bleibt unter Garantie die ganze Zeit da sitzen. Merkt euch das und fürchtet euch nicht.«
    »Und warum werde ich dann angeschnallt?«, fragte ich.
    »Weil die Illusion so überwältigend ist«, erläuterte Baal Petrowitsch, »dass der Körper zu unkontrollierten Bewegungen neigt, um die eingebildeten Lageänderungen zu kompensieren. Hierdurch könnte man sich tatsächlich verletzen. Früher kam das des Öfteren vor ... So, wir sind so weit. Hat noch jemand eine Frage?«
    »Nein«, antwortete ich für uns beide.
    »Bedenkt, dass es nach Beginn der Prozedur kein Zurück gibt. Dann heißt es bis zum Ende durchhalten. Versucht gar nicht erst, die Rasten zu lösen und aufzustehen. Das klappt sowieso nicht. Verstanden?«
    »Verstanden«, antwortete Hera.
    Baal Petrowitsch ließ noch einen prüfenden Blick über uns hinweggehen - und war offenbar zufrieden mit dem, was er sah.
    »Auf gehts?«, fragte er.
    »Achtern abwärts! Aus dem Licht!«
    »Viel Glück.«
    Baal Petrowitsch trat hinter den Sessel, womit er aus meinem Gesichtsfeld verschwand. Ich vernahm ein leises Surren. Aus der rechten Helmseite schob sich ein kleines transparentes Röhrchen und stoppte genau vor meinem Mund. Zwei weiche Gummirollen wälzten sich über meine Wangen, mein Mund öffnete sich automatisch; im selben Moment löste sich vom Ende des Röhrchens ein himbeerfarbener Tropfen und fiel hinein.
    Er fiel mir genau auf die Zunge, die ich mit einer reflexhaften Bewegung gegen den Gaumen presste. Die Substanz war dickflüssig und zäh, scharf und süß im Geschmack - wie eine Mischung aus Sirup und Apfelessig. Sie wurde umgehend absorbiert; es war, als hätte sich dort hinten ein kleiner Mund geöffnet und schlürfte das Zeug gierig in sich hinein.
    Schwindel setzte ein. In Sekundenschnelle wurde er so heftig, dass ich jede räumliche Orientierung verlor. Ich war heilfroh, dass mein Körper fest verankert war und nicht stürzen konnte. Aber dann fing der Sessel an zu steigen.
    Das war sehr seltsam. Zwar sah ich meine Umgebung -Hera, den Kamin, die Wände, die Sonne an der Decke, Baal Petrowitsch in seinem dunkelroten Umhang - wie zuvor. Zugleich aber fühlte ich deutlich, dass der Sessel mit mir in die Höhe fuhr. Und das in solcher Geschwindigkeit, dass ich mich unter einer Tonnenlast in den Sessel gepresst fühlte wie ein Raumfahrer beim Raketenstart.
    Ich geriet in Atemnot, bekam Angst zu ersticken, wollte es Baal Petrowitsch sagen, doch mein Mund gehorchte mir nicht. Ich konnte die Finger bewegen, das war alles.
    Allmählich wurde das Atmen wieder leichter. Die gefühlte Geschwindigkeit ließ nach, so als näherte ich mich einem unsichtbaren Gipfel. Gleich, so spürte ich, würde ich darüber hinwegfegen, und dann ...
    Ich schaffte es gerade noch, die Fäuste zu ballen, da plumpste mein Körper in eine Schwerelosigkeit, die lustig und schaurig zugleich war. Ein kalter Kitzel in der Magengrube, und ich sauste, nach wie vor im starren Sessel sitzend, rapide abwärts.
    »Augen zu«, befahl Baal Petrowitsch.
    Ich schaute zu Hera hinüber. Deren Augen waren geschlossen. Also kniff ich meine auch zusammen. Doch davon wurde mir sogleich angst und bange, denn das Gefühl zu fliegen wurde überwältigend real, und das feststehende Zimmer, das mich hätte zu jeder Sekunde daran erinnern können, dass dies nur eine Halluzination des Gleichgewichtssinns war - ich sah es nun nicht mehr. Also versuchte ich die Augen wieder zu öffnen und musste feststellen, dass das nicht mehr ging. Vor Entsetzen jaulte ich auf und hörte Baal Petrowitsch leise lachen.
    Jetzt traten noch visuelle Halluzinationen hinzu. Ich sah mich unzweifelhaft am bewölkten Nachthimmel fliegen; totale Finsternis, und trotzdem ließen sich immer noch schwärzere Wolken darin ausmachen, wie Gerinnsel von Dampf; ich düste in unglaublichem Tempo da durch. Es war, als hätte sich um mich her eine Falte im Raum

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