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Das fuenfte Imperium

Titel: Das fuenfte Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Pelewin
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staatlichen Gelddruckerei aus dem Verkehr gezogene Scheine - schon aus Respekt vor der menschlichen Arbeit.«
    Er sah auf die Uhr.
    »Und jetzt muss ich mich umziehen. Bitte noch nichts anrühren!«
    Baal Petrowitsch schenkte uns ein aufmunterndes Lächeln und entschwand in dieselbe Richtung wie seine Chaldäer.
    »Komische Sessel«, befand Hera. »Wie beim Zahnarzt.«
    Mir kamen sie eher wie Studiodekorationen für Odysseen im Weltraum vor.
    »Komisch, ja«, sagte ich. »Besonders dieser Brustschild.«
    An jedem der Sessel war eine Vorrichtung wie in den Starship-Troopers-Filmen - dort fahren den Astronauten solche Dinger von oben auf Brust und Schultern herunter, um sie bei Start und Landung in den Sitzen zu halten.
    »Damit wir, wenn wir uns in Krämpfen winden, nicht aus dem Sessel fallen«, mutmaßte ich.
    »Wahrscheinlich«, stimmte Hera zu.
    »Fürchtest du dich?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Mitra sagt, es wäre ein sehr angenehmes Erlebnis. Nur am Anfang täte es ein bisschen weh, aber dann ...«
    »Würdest du bitte in Zukunft Mitra nicht mehr erwähnen?«
    »Gut«, sagte Hera. »Dann schweigen wir lieber.«
    Bis zur Rückkehr von Baal Petrowitsch fiel kein Wort mehr. Ich betrachtete mit übertriebenem Interesse die Bilder an der Wand; sie hockte auf der Sesselkante und blickte zu Boden.
    Als Baal Petrowitsch hereinkam, war er nicht wiederzuerkennen. Er trug eine lange Robe aus dunkelroter Seide und ein Schuldeneintreiberköfferchen in der Hand. Mir fiel ein, wo ich diese Robe gesehen hatte.
    »Baal Petrowitsch, sind Sie schon mal in Enlil Maratowitschs Arbeitszimmer gewesen?«
    Baal Petrowitsch war zum Kamin gegangen und hatte das Köfferchen neben dem Gitter abgestellt.
    »Nicht nur einmal«, antwortete er.
    »Da hängt ein Bild an der Wand«, sagte ich, »mit irgendwelchen merkwürdigen Gestalten in Zylindern, die an ihre Stühle gefesselt um das Feuer sitzen. Geknebelt, wenn ich nicht irre. Und daneben steht ein Mann in genauso einer roten Robe, wie Sie sie tragen. Ist das die rote Zeremonie?«
    »Das ist sie«, bestätigte Baal Petrowitsch meine Vermutung. »Genauer gesagt, das war sie - vor zweihundert Jahren. Damals noch mit ernsthaften Gesundheitsrisiken verbunden. Inzwischen eine absolut gefahrlose Prozedur.«
    »Und wie gelang es ihnen, das Bablos zu schlucken? Denen auf dem Bild, meine ich. Mit Knebel im Mund?«
    »Das waren keine Knebel«, antwortete Baal Petrowitsch, während er zu dem Steuerpult hinüberging. »Es waren spezielle Vorrichtungen, in die die aus Fischblasen gefertigten Kapseln mit Bablos eingesetzt wurden. Sie schützten zugleich vor Verletzungen von Zunge und Lippen. Heute verwenden wir eine vollkommen andere Technologie.«
    Er drückte am Pult einen Knopf, und die Brustschilde an den Sesseln fuhren surrend in die Höhe.
    »Sie dürfen sich setzen.«
    Ich setzte mich ganz nach außen. Hera ging auf zwei Sessel Abstand.
    »Kann losgehen«, sagte ich. »Wir sind bereit.«
    Baal Petrowitsch sah mich missbilligend an.
    »Leichtsinn mag ich gar nicht leiden. Woher nimmst du die Gewissheit, bereit zu sein, wenn du gar nicht weißt, was auf dich zukommt?«
    Ich zuckte die Schultern.
    »Dann erklären Sie es uns.«
    »Hört genau zu«, sagte Baal Petrowitsch. »Da ich weiß, wie viel Blödsinn in euren Köpfen steckt, will ich gleich vorweg sagen, dass die Erfahrung, die ihr heute machen werdet, unvergleichlich sein wird. Es ist nicht das, womit ihr rechnet. Und um das, was euch widerfährt, richtig einzuordnen, solltet ihr etwas verinnerlichen, was an eurer Selbstliebe kratzt: Nicht wir sind es, die das Bablos saugen. Die Zunge ist es.«
    »Gehören wir denn nicht zusammen?«, fragte Hera.
    »Bis zu einer gewissen Grenze ja. Und diese Grenze ist genau hier erreicht.«
    »Aber wir werden doch etwas davon spüren, oder nicht?«
    »Oh ja!«, sagte Baal Petrowitsch. »Und nicht zu knapp. Aber es wird etwas ganz anderes sein als das, was die Zunge spürt.«
    »Und was spürt sie?«, fragte ich.
    »Das weiß ich nicht. Niemand weiß es.«
    War das möglich?
    »Wie kann das sein?«, fragte ich perplex.
    Baal Petrowitsch lachte.
    »Erinnerst du dich an das Bild, das bei dir im Kabinett hängt?« fragte er. »Neben dem Archiv? Napoleon zu Pferde?«
    »Ehrlich gesagt, bin ich es langsam leid, immerzu mit einem Pferd verglichen zu werden.«
    »Zum letzten Mal, ich schwöre es. Was meinst du: Weiß das Pferd, was Napoleon denkt?«
    »Ich denke, nicht.«
    »Das denke ich auch. Dabei meint man,

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