Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das fuenfte Imperium

Titel: Das fuenfte Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Pelewin
Vom Netzwerk:
Anteilnahme an meinem Schicksal.«
    Der Moldawier lächelte traurig.
    »Jetzt muss ich aber«, sagte er und klopfte sich an das
    Pflaster am Hals, »sonst wundert sich mein Chef, wo ich bleibe. Und Sie denken an Ihr Versprechen und erzählen keinem von unserem Gespräch.«
    »Ich glaube ja nicht, dass sich jemand dafür interessiert. Obwohl... Wissen Sie was? Sie sollten Ischtar Borissowna zu werben versuchen! Sie ist reif dafür. Damit verrate ich Ihnen eine Insider-Information ...«
    »Denken Sie nach«, blieb der Moldawier bei dem seinen. »Noch steht Ihnen der Weg zurück offen.«
    Dann drehte er sich um und lief die Treppen hinauf.
    Ich trat aus dem Haus und schlenderte zum Auto.
    Der Weg zurück, dachte ich. Wohin zurück eigentlich? Ist da noch was?
    Ich stieg ein und sah im Spiegel Iwans Gesicht. Es lächelte. Den beleidigten Gesichtsausdruck beizubehalten gelang ihm dennoch.
    »Beim Nachdenken übers Leben hab ich gerade ein chinesisches Sprichwort erfunden«, sagte er, einen Schwall Mentholpastillengestank ausstoßend. »Soll ichs sagen?«
    »Sag schon.«
    »Du kannst in tausend Ärsche kriechen - aus dir wird nicht der Kaiser von China.«
    Der Gedanke, so gerechtfertigt er war, schien reichlich anzüglich. Plötzlich wurde mir klar, dass Iwan betrunken war. Womöglich schon seit dem frühen Morgen. Vielleicht war er auch bei unseren früheren Begegnungen nicht nüchtern gewesen. Mir wurde himmelangst zumute. Woher sollte ich wissen, was diesem Mann so durch den Kopf ging?
    »Da ist was dran«, sagte ich, mich diskret nach vorn beugend, »die soziale Mobilität in unserer Gesellschaft hat abgenommen. Daran muss sich wahrlich etwas ändern. Andererseits ... Kaiser wird man vielleicht nicht, aber Kaiserin?«
    Während des letzten Satzes zuckte mein Kopf, wie es sich gehörte. Ich ließ mich in die Rücklehne fallen und hatte eine Weile zu tun, die Pfade der Persönlichkeit meines Chauffeurs auszuleuchten.
    Die Bedenken waren umsonst. Höchstens eine Verkehrskontrolle musste man fürchten. Aber diese Hera wieder ... Wie konnte man nur so schamlos mit einem Chauffeur flirten ... Vielleicht ist das bei denen eine Berufskrankheit, dachte ich verächtlich.

OBERMACKA OFFSEWÖRLD
    Um acht Uhr morgens rief Loki an, um mir mitzuteilen, dass das Duell für heute anberaumt sei.
    »Wir kommen um elf«, sagte er. »Halte dich bereit. Und nimm nicht so viel Flüssigkeit zu dir.«
    Er legte gleich wieder auf, mir blieb keine Zeit nachzufragen. Als ich zurückzurufen versuchte, gab es keine Verbindung.
    In den drei Stunden, die verblieben, drehte meine Phantasie durch.
    Klingen oder Pistolen?
    Ich malte mir aus, wie die tödliche Kugel mich ereilt. Ich stellte es mir wie einen glühenden Peitschenhieb vor. Eine Regel besagt, dass Vampire einander nicht in den Kopf schießen dürfen; Mitra würde mir einen Bauchschuss verpassen wie Puschkin ...
    Oder doch Florett? Was fühlt ein Mensch, wenn die Klinge ihn durchstößt? Vielleicht ist es ein ähnlicher Schmerz, wie wenn man sich mit dem Brotmesser schneidet, nur tief drinnen, am Herzen ... Ich versuchte ein paarmal, es mir vorzustellen, es durchzuckte mich jedes Mal.
    Im Übrigen versetzten mich diese Phantasien nicht in Panik, im Gegenteil, ich zerstreute mich damit. Derlei Varianten drohten mit Sicherheit nicht: Es würde eine Spezialwaffe geben, von der Loki erzählt hatte. Vor dem eigentlichen Duell musste ich keine Angst haben.
    Gefahr ging von Mitras Duellorder aus. Daran mochte ich gar nicht denken. Was, wenn er mir tatsächlich eine Begegnung mit Gott verschrieb, damit ich herausfand, wer recht hatte: Osiris oder sein Red-Liquid-Provider. Und selbst wenn dieser Kelch an mir vorüberging - Mitra würde sich unter Garantie eine unerhörte Fiesigkeit ausdenken, die ich mir lieber nicht vorzustellen versuchte ... Wenn mein Siegeswille bis hierhin noch geschwächelt hatte - dieser Gedanke half.
    Eine halbe Stunde vor elf fiel mir plötzlich ein, dass die Kleiderfrage noch nicht entschieden war. Ich stürzte zum Schrank und fand darin einen schwarzen Anzug, der mir jedoch etwas zu groß war. Umso mehr Bewegungsfreiheit! dachte ich. Dazu wählte ich ein paar Halbschuhe mit harter Spitze - ich rechnete zwar nicht ernsthaft mit einer Prügelei, doch es konnte nicht schaden. Dann schmierte ich mir Gel ins Haar, trank einen Schluck Whisky für den Mut, setzte mich in den Sessel und wartete auf meine Gäste.
    Punkt elf klingelte es an der Tür.
    Loki und Baldur waren frisch

Weitere Kostenlose Bücher