Das fuenfte Imperium
ich eine leise quäkende Männerstimme.
»Bei mir natürlich«, sagte Ischtar. »Wir unterhalten uns ... Ein netter Junge, jaja. Lass ihn noch bisschen älter werden, dann setz ich ihn an deiner statt, hast du gehört, du alter Eber? Da geht dir der Arsch auf Grundeis, was? Ha-ha ...«
In dem Knopf quäkte es noch einmal.
»Na schön«, sagte sie. »Wenn es so ist, dann muss er halt gehen.«
Sie richtete den Blick auf mich.
»Enlil. Er sagt, du müsstest wieder nach oben.«
»Wie komme ich da hin?«
» Mit dem Fahrstuhl.«
»Und wo ist der?«
Ischtars Kopf deutete zur Wand.
Da begriff ich, dass dies der letzte Raum der Galerie war. Die Tür, auf die Ischtar wies, führte nicht zum nächsten Saal, sondern in den Fahrstuhl.
»Dann hätte ich damit ja auch runterkommen können. Ich wäre um ein Haar abgesoffen!«
»Runterfahren geht nicht. Nur aufwärts. Wenn man Glück hat ... Gut, dann empfehle ich mich jetzt. Mir wird sowieso gleich übel.«
»Aber warum denn?«, fragte ich erschrocken.
»Mir schießt das Bablos ein. Und ich bin so was von besoffen. Werd mich noch in den Flügeln verheddern ... Geh jetzt. Oder nein, komm noch mal her ...«
Will sie mich etwa noch mal beißen?, schoss es mir durch den Kopf.
» Sie wollen doch nicht etwa ... ?«
»Nicht doch! Komm schon her, hab keine Angst...«
Ich trat nahe vor sie hin.
»Beug dich nach vorn und schließ die Augen.«
Kaum hatte ich ihre Bitte erfüllt, ploppte etwas Feuchtes gegen meine Stirn - ungefähr wie ein Poststempel.
»Das wars.«
»Auf Wiedersehen«, sagte ich und ging auf den Fahrstuhl zu. Trat ein, drehte mich noch einmal nach Ischtar um.
»Ach, noch eins!«, sagte sie und sah durchdringend zu mir herüber. »Mit Hera sei ein bisschen vorsichtiger. Vor vielen Jahren hatte Enlil eine Freundin wie sie. Tralafitti, Techtelmechtel ... Aber bis ins Bett sind die beiden nie gekommen. Einmal hab ich ihn gefragt, wieso nicht. Und weißt du, was er drauf geantwortet hat? Wenn man die Schwarze Mamba nicht zum Biss herausfordert, kann man lange Jahre ihre Nestwärme genießen ... Ich fand das damals kaltherzig und zynisch, aber jetzt denke ich, er ist nur deshalb noch am Leben ...«
Wie sie jetzt auf Hera komme, wollte ich sie fragen, aber da schloss sich die Tür, und der Fahrstuhl rauschte aufwärts. Ich spiegelte mich in der polierten Stahltür und sah auf meiner Stirn den Lippenabdruck, der aussah wie eine rote Rose.
ACHILLES STRIKES BACK
Enlil Maratowitsch holte mich am Fahrstuhl ab.
»Du kommst gerade richtig«, sagte er mit einem Blick auf meine Stirn. »Die Tombola läuft schon.«
»Tombola?«
»Du bekommst einen Chaldäer für die Verkostung zugelost. «
»Von wem?«
»Das machen sie immer selbst, da mischen wir uns nicht ein. Sie haben dafür ein ziemlich hübsches Ritual. Die Lose mit den Namen kommen in einen roten Zylinderhut ... Das siehst du ein andermal.«
Wir kamen an seinem Kabinett vorbei und gelangten vor die große Tür, die in den runden Saal führte. Außer uns war niemand auf dem Korridor.
»Wir warten hier«, sagte Enlil Maratowitsch. »Wenn die Tombola zu Ende ist, werden sie uns holen.«
»Ich bräuchte eine Serviette, um mir die Stirn abzuwischen.«
»Wo denkst du hin! Ischtars Kuss ist deine Eintrittskarte ins neue Leben. Die muss für alle sichtbar sein.«
»Eine Eintrittskarte an merkwürdiger Stelle.«
»Es gibt keine bessere. In den Diskotheken pflanzen sie einem diese bunten Stempel auf die Haut, damit erst gar keiner anfängt, an den Papierdingern herumzufrisieren. So ist das auch hier ... Inklusive Freigetränke, hi-hi ...«
»Da Sie gerade von Getränken reden ... Wann kriege ich das Bablos?«
Enlil Maratowitschs Blick war voller Befremden, ja, beinahe verächtlich.
»Glaubst du, du wärest schon reif für den Dienst?«
Diese Frage fand ich erheiternd. Ach ja! dachte ich. Vampire sind, scheints, auch wieder nur eine Schar Erwählter für den höheren Dienst am Volke. Hätte man sich denken können ... Das auszusprechen verkniff ich mir jedoch.
»Warum denn nicht?«, fragte ich. »Ischtar Borissowna wollte mir schon eine Portion ausgeben, es war bloß gerade keines im Haus.«
Enlil Maratowitsch lachte auf.
»Rama!«, sagte er. »Ischtar hat sich einen Scherz mit dir erlaubt. Ich weiß wirklich nicht, was ich von deinem Leichtsinn halten soll. In unserer Welt ist nicht alles so einfach, wie du es dir ausmalst.«
»Wo ist das Problem?«
»Das wirst du gleich merken. Hast du dein
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