Das fünfte Paar
aufgegangen.«
»Wo fahren wir jetzt hin?« wollte Abby wissen.
»Richtung Downtown«, antwortete ich vage.
»Was für eine exakte Angabe.« Sie sah mich scharf an. »Du willst den verdammten Lincoln suchen!«
»Zumindest können wir's versuchen.«
»Und was machst du, wenn du ihn findest, Kay?«
»Dann schreibe ich die Zulassungsnummer auf und lasse feststellen, auf wen er diesmal zugelassen ist.«
Sie lachte. »Wenn du einen dunkelgrauen 1990er Mark Seven mit einem Colonial-W illiamsburg-Sticker an der hinteren Stoßstange entdeckst, geb' ich dir hundert Dollar.«
»Dann zücke schon mal dein Scheckbuch - wenn er hier ist, finde ich ihn.«
Und das tat ich - keine halbe Stunde später: Ich hatte beschlossen, zum »Ort des Geschehens« zurückzukehren, und als wir zum Merchant's Square kamen, stand der Lincoln dort auf dem Parkplatz - nicht weit von der Stelle entfernt, an der der Fahrer bei uns angehalten hatte.
»Großer Gott!« flüsterte Abby. »Ich fasse es nicht!« Der Wagen war leer und machte den Eindruck, als sei er frisch gewaschen und gewachst. Links hinten klebte ein Parksticker auf der Stoßstange. Die Zulassungsnummer lautete ITU 144. Abby schrieb sie auf.
»Das ist zu einfach, Kay - er kann es nicht sein.«
»Natürlich kann ich nicht mit Sicherheit sagen, daß es derselbe Wagen ist - aber er sieht genauso aus.«
Wir parkten etwa zwanzig Stellplätze entfernt zwischen einem Kombi und einem Pontiac so, daß wir den Mark Seven im Auge behalten konnten. Ich ließ den Blick über die Geschäftsfassaden gleiten: Ein Geschenkeshop, ein Bilderrahmengeschäft, ein Restaurant, zwischen einer Bäckerei und einem Tabakladen eine kleine Buchhandlung. »Der Austeiler« stand in altmodischen Lettern auf dem Holzschild über der Tür.
»Kreuzworträtsel!« stieß ich hervor. Ein Schauder lief mir über den Rücken.
»Was hast du gesagt?« Abby wandte den Blick nicht von dem Lincoln.
»Dill und Elizabeth liebten Kreuzworträtsel - und sonntags morgens holten sie sich deshalb das New York Tinws Magazine.« Ich öffnete meine Tür.
Abby legte mir die Hand auf den Arm. »Wo willst du hin?«
»Da drüben ist ein Buchladen. Vielleicht haben die beiden dort die Zeitung gekauft - und ihren Mörder kennengelernt.«
»Was wilde Spekulationen angeht, bin ich ja ein Waisenkind gegen dich! Aber mal im Ernst: Wenn du recht haben solltest, wäre es ein Wahnsinn, einfach da reinzumarschieren: Es ist durchaus möglich, daß er dich wiedererkennen würde.«
»"Austeiler" könnte sich auf Karten beziehen«, überlegte ich laut, als eine junge Frau mit schwarzen Locken die Tür zur Buchhandlung öffnete und darin verschwand. »Jemand, der Karten austeilt, teilt auch Herzbuben aus«, fügte ich hinzu.
»Er hat dich aus der Nähe gesehen, dein Bild war in der Zeitung... Ich werde reingehen.«
»Wir gehen beide.«
»Das ist doch verrückt!«
»Du hast recht.« Ich hatte mich entschlossen. »Du bleibst hier - ich gehe.« Bevor sie weiter protestieren konnte, war ich schon ausgestiegen. Sie stieg ebenfalls aus - doch sie blieb neben dem Wagen stehen, als ich mit festen Schritten auf die Buchhandlung zuging: Sie war zu vernünftig, um eine Szene zu machen.
Als ich die Hand auf die Messingklinke legte, klopfte mein Herz bis zum Hals - und als ich den Laden betrat, wurde mir schwach in den Knien.
Er stand hinter dem Tresen und schrieb lächelnd eine Quittung aus, während eine Frau mittleren Alters in einem Wildlederkostüm auf ihn einschwatzte: »... so ist das mit Geburtstagen: Man schenkt dem Ehemann ein Buch, weil man es selber lesen will...«
»Wenn Sie beide dieselben Bücher mögen, ist dagegen nichts zu sagen.« Seine Stimme war sehr weich und freundlich - eine Stimme, die Vertrauen einflößte.
Jetzt, da ich hier war, konnte ich es gar nicht erwarten, wieder gehen zu können. Am liebsten wäre ich hinausgestürzt. An einem Ende des Ladentisches lagen Stapel verschiedener Zeitungen. Auch die New York Timer war dabei. Sollte ich eine kaufen? Nein - dann hätte ich ihm ins Gesicht sehen müssen, und das wagte ich nicht.
Ich drehte mich auf dem Absatz um und ging. Abby saß rauchend im Wagen.
»Ein Mensch, der hier arbeitet, muß den Weg zur Sixty Four kennen«, sagte ich und ließ den Motor an.
Sie verstand. »Willst du Marino gleich anrufen oder erst von zu Haus aus?«
»Gleich.« Ich fand einen öffentlichen Fernsprecher und erfuhr, Marino sei unterwegs. Ich hinterließ ihm die Nachricht »ITU 144. Rufen
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