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Das fünfte Paar

Das fünfte Paar

Titel: Das fünfte Paar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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wurde als charismatisch und sehr intelligent beschrieben - aber auch als sehr zurückhaltend.«
    »Und Elizabeth?«
    »Die war wohl aufgeschlossener. Mußte sie auch sein, wenn sie im Verkauf was leisten wollte.«
    Der Schein der Gaslaternen verscheuchte die Dunkelheit von den kopfsteingepflasterten Bürgersteigen, als wir gemeinsam zum Parkplatz am Merchant's Square gingen. Eine dicke Wolkenschicht verbarg den Mond, die feuchtkalte Luft kroch in die Kleider.
    »Ich frage mich, was all die Pärchen wohl heute machen würden, wenn sie noch am Leben wären.« Abby hatte ihren Mantelkragen hochgestellt und die Hände in die Taschen gesteckt.
    »Was, glaubst du, würde Henna tun?« fragte ich sie vorsichtig nach ihrer Schwester.
    »Wahrscheinlich wäre sie immer noch in Richmond - wahrscheinlich wären wir beide noch dort.«
    »Tut es dir leid, daß du weggezogen bist?«
    »Ich weiß nicht. Seit Henna tot ist, scheine ich keine Wahl mehr zu haben - keinen eigenen Willen. Es ist, als würde ich von einer unbekannten Macht manipuliert.«
    »So sehe ich das nicht. Du hast freiwillig den Job bei der Post angenommen, und jetzt schreibst du freiwillig ein Buch.«
    »Genauso freiwillig, wie Pat Harvey ihre denkwürdige Pressekonferenz gab und all die anderen Dinge tat, die ihr so ungeheuer geschadet haben.«
    »Ja - auch sie hat Entscheidungen getroffen.«
    »Wenn man so was durchmacht, weiß man gar nicht, was man tut - selbst wenn man es glaubt«, sagte Abby. »Und niemand kann wirklich nachempfinden, wie einem zumute ist, wenn er nicht dasselbe erlebt hat. Du fühlst dich total isoliert. Die Leute meiden dich, weichen deinem Blick aus und sprechen nicht mit dir, weil sie nicht wissen, was sie sagen sollen. Dafür flüstern sie miteinander. "Siehst du die da drüben? Das ist die, deren Schwester erwürgt wurde." Oder: Das ist Pat Harvey. Ihre Tochter ist... na, du weißt schon." Es ist, als lebtest du in einem Vakuum. Du hast Angst, allein zu sein, Angst, mit anderen zusammenzusein, Angst, einzuschlafen, weil dann die Träume kommen, und Angst, aufzuwachen, weil die Realität noch schrecklicher ist. Wenn ich heute zurückschaue, erscheint mir alles, was ich seit Hennas Tod gemacht habe, völlig verrückt.«
    »Ich finde, du hast deine Sache bemerkenswert gut gemacht«, widersprach ich ernsthaft.
    »Du weißt ja nicht, was ich getan habe - was ich für Fehler gemacht habe.«
    «,Komm - ich fahr' dich zu deinem Wagen«, sagte ich. Wir hatten den Merchant's Square erreicht.
    Als ich meine Autoschlüssel herauszog, wurde irgendwo in der Dunkelheit ein Motor angelassen - und wir saßen bei verschlossenen Türen in meinem Mercedes, hatten uns bereits angeschnallt, und ich schaltete gerade die Schweinwerfer ein, als ein neuer Lincoln auf uns zukam und neben uns hielt. Das Fenster auf der Fahrerseite glitt herunter. Ich öffnete meines gerade so weit, daß ich hören konnte, was der Mann wollte. Er war jung, glattrasiert und bemühte sich ungeschickt, einen Stadtplan zusammenzufalten.
    »Entschuldigen Sie.« Ein hilfloses Lächeln. »Können Sie mir vielleicht sagen, wie ich von hier auf die Sixty Four East zurückkomme?«
    Ich spürte Abbys Anspannung wachsen, während ich ihm den Weg beschrieb.
    »Schau dir die Nummer an!. drängte sie, als er losfuhr.
    »E-N-T-8-8-9«, las ich im Rückspiegel. Sie schrieb mit.
    »Was ist los?« fragte ich beunruhigt.
    Auf dem Weg zur Ausfahrt hielt Abby unentwegt links und rechts Ausschau nach dem Wagen. »Hast du ihn bemerkt, als wir kamen?«
    Ich überlegte. Der Parkplatz war fast leer gewesen. Aus dem Augenwinkel hatte ich in einer schlecht beleuchteten Ecke ein Auto stehen sehen. Das konnte der Lincoln gewesen sein. Ich sagte es Abby und fügte hinzu. »Aber ich nahm an, es säße niemand drin.«
    »Weil die Innenbeleuchtung nicht an war.«
    »Wie liest man im Dunkeln einen Stadtplan, Kay?«
    »Gute Frage!«
    »Er tat, als sei er fremd hier - aber wie kommt er dann zu dem Parksticker an der hinteren Stoßstange? Ich habe ihn im Außen Spiegel gesehen.«
    »Parksticker?« Ich sah sie verständnislos an.
    »Ja - mit einem Stempel von Colonial Williamsburg. Den gleichen Sticker bekam ich vor Jahren, als das Skelett in Martin's Hundred, der archäologischen Ausgrabungsstätte, gefunden wurde. Ich schrieb eine Artikelserie darüber, war häufig dort, und der Sticker berechtigte mich, im Historic District und bei Carter's Grove zu parken.«
    »Der Junge arbeitet dort und braucht eine Fahranweisung

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