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Das Gastgeschenk der Transsolaren

Das Gastgeschenk der Transsolaren

Titel: Das Gastgeschenk der Transsolaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Leman , Hans Taubert
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ich durch einen löchrigen schwarzen Vorhang die glitzernde Unendlichkeit schaue. Na ja, der Alte spinnt, nicht wahr?«
      »Aber Professor! Gewiß, ein prächtiger Anblick ist es schon, aber…«
      »Und die Felsspitzen da? Ist das nicht wie im Märchen?«
      Warp beugte sich vor, bis seine Stirn an die kalte Frontscheibe stieß: »Wo? Dort? Die sehe ich zum erstenmal. Komisch. Dabei kenne ich die Strecke.«
      »Quod erat demonstrandum.« Kuslow verbarg ein Augenzwinkern hinter mächtigen, aber kurzlebigen Rauchwolken; der Exhaustor riß die verbrauchte Luft rasch aus der engen Kabine.
      »Ihr Latein in allen Ehren, Professor, aber ich bin dennoch mehr für nüchterne Technik. Oder möchten Sie hier auf dem Hundeschlitten entlang spuren? Außerdem könnte ich mich dann nicht sorglos aufs Ohr legen. Bin hundemüde.« Und während sich Warp unter lautem Gähnen ausgiebig dehnte, meinte er noch: »Mich könnte nur eines ret ten – die Schneekönigin persönlich! In diesem Falle bitte ich allerdings, sofort geweckt zu werden!«
      »Nun mach schon, daß du in die Falle kommst.« Kuslow schüttelte mißbilligend den Kopf, er war mit der nüchternen Mentalität Warps nicht ganz einverstanden. »Was ist? Was guckst du so?« fragte er, weil Warp plötzlich stutzte und gespannt zum Kabinenfenster hinausstarrte.
      »Das hat doch eben geblitzt? Haben Sie das nicht bemerkt?«
      »Beruhige dich – so schnell wird sie dir kaum in die Arme schweben.« Kuslow lachte, und während sich Warp in die seitwärts angebrachte Koje fallen ließ, versetzte er ihm einen freundschaftlichen Rippenstoß. Dann deckte er den schon halb Schlafenden mit väterlicher Sorgfalt zu und lehnte sich in seinen Sessel zurück. »Ordnungsgemäß übergeben könntest du eigentlich«, brummte er.
      »Technik tipptopp, Kurs liegt an. Zeitplan eingehalten. Und nicht vergessen, Professor, die Schnee…«, die letzten Worte gingen jedoch schon in tiefen Atemzügen gesunden Schlafes unter.
      Langsam, unbeirrbar malmte sich der Schleppzug durch den losen Fegschnee in die Unendlichkeit der jungen Polarnacht, seinem fernen Ziel entgegen. Weit hallte das Knirschen der Stahlketten in die Einsamkeit dieser vergessenen Welt, in deren kaltem Sternenlicht die vier durch Harmonikas verbundenen Fahrzeuge wie ein Urwelttier dahinkrochen.
      Kuslow rekelte sich in seinem Sitz, verbarg die Beine unter einer molligen Decke und gab sich ganz dem Genuß der Fahrt hin. Für ihn war sie tiefes Erleben, denn er konnte abstrahieren. Ihm dröhnte nicht das Brummen der Turbinen in den Ohren, er spürte nicht, wie das Fahrzeug schwankte und schaukelte, wenn es hart gegen splitterndes Alteis stieß. Er sah nur die Pracht der Polarlandschaft, ihre gespenstische Schönheit, von den Scheinwerfern dem Nichts brutal entrissen und rechts und links wieder im Nichts verschwindend. Die Zeiger der Kontrolluhren spielten gleichmäßig wie seit Tagen. Das matte Licht der Glimmlämpchen beruhigte und versprach Sicherheit. Sprechfunk mit der Station? Wozu? Soll sich die Radarantenne mit dem Leitstrahl herumärgern, das genügte. Köstliche Funkstille! Noch sechzehn Stunden lang. Er paffte und warf ab und zu einen liebevoll sorgenden Blick auf seinen jugendlichen Piloten. Er mochte ihn. »Mein Söhnchen«, sagte er oft und verstand es immer so einzurichten, daß sie zusammen fuhren.
      Professor Kuslow hatte seine Lebensgefährtin, eine stille, liebenswürdige Frau, sehr früh verloren. Mancher, der um die Zusammenhänge nicht wußte, nannte ihn unnahbar und fühlte sich von ihm abgewiesen. Daß er als Koryphäe galt, mochte mit dazu beitragen.
      Mit Warp war das anders. Der Professor erinnerte sich mit verborgenem Schmunzeln ihres ersten Zusammentreffens. In Mirny? Ja, im Hafen von Mirny. Als Neuankömmling stand er hilflos an der Anlegestelle. Da sah er gerade noch, wie die schwere Kupplung eines Druckschlauches ein tiefes Loch in das Eis schlug – dort, wo er eben gestanden hatte. Benommen vor Schreck begriff er erst Sekunden später, daß ihn zwei derbe Fäuste zur Seite gerissen hatten und eine kräftige Stimme drauflospolterte: »Alterchen, was suchst du denn hier? Fahr mit dem nächsten Bus wieder zurück zur Oma…«
      Seit Jahren fühlte er sich von Ehrerbietung und scheuer Zurückhaltung ummauert, und auf einmal dieser Ton – er hätte den jungen, ölverschmierten Techniker in seiner speckigen Montur umarmen können!
      Als sich Warp am Abend bei ihm

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