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Das geborstene Schwert

Das geborstene Schwert

Titel: Das geborstene Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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einzigen, die Valgard anführen wollte. Er plünderte jeden Sommer, ob Orm ging oder nicht, und Orm hörte bald wieder damit auf. Als Valgard seine volle Stärke erreicht hatte, wurde sein Name überall gefürchtet. Mit dem erbeuteten Gold kaufte er Schiffe. Die bemannte er mit den schlimmsten der Übeltäter, und das ging so weit, daß Orm ihm verbot, mit seinen Männern auf den Hof zu kommen.
    Die anderen Kinder des Hauses wurden von fast jedem geliebt. Ketil ähnelte seinem Vater, war groß und fröhlich, immer bereit zu einem Kampf oder einem Spaß, und als er alt genug war, fuhr er oft zur See. Aber nur einmal ging er auf Beutefahrt, geriet in bitteren Streit mit Valgard und unternahm danach allein Handelsfahrten. Asmund war schlank und ruhig, ein guter Bogenschütze, aber kein Liebhaber des Kampfes, und er nahm sich immer mehr der Bewirtschaftung des Hofes an. Asgerd war eine große, helle Maid mit blauen Augen, goldenem Haar und kühlen, starken Händen, aber Frida wurde zu einer Schönheit wie ihre Mutter.
    So stand es, als die Hexe den Entschluß faßte, es sei an der Zeit, die Fäden ihres Gewebes zusammenzuziehen.
     
     

VII.
     
    An einem stürmischen Herbsttag, als der Geruch nach Regen in der Luft hing und die Blätter sich zu Gold und Kupfer und Bronze verfärbten, ritt Ketil mit ein paar Gefährten auf die Jagd. Sie waren noch nicht weit in den Wald eingedrungen, da sahen sie einen weißen Hirsch, so groß und edel, daß sie es kaum glauben konnten.
    » Ho, das ist ein Wild für einen König! «rief Ketil, gab seinem Pferd die Sporen, und fort ging es durch Busch und Strauch, und der Wind sang in ihren Ohren. Seltsam war nur, daß die Hunde gar nicht eifrig bei der Jagd waren, und obwohl Ketil nicht das beste Pferd ritt, war er bald den Hunden und den anderen Jägern weit voraus.
    Vor ihm schimmerte im Abendlicht der weiße Hirsch, lief und sprang, und sein Geweih hob sich wie zwei Bäume gegen den Himmel ab. Eisiger Regen fiel, doch Ketil in seinem Jagdeifer merkte es kaum. Auch wurde ihm nicht bewußt, welche Strecke er zurücklegte und wieviel Zeit verging.
    Auf einer kleinen Lichtung holte er den Hirsch ein. Das Licht war trübe, aber er warf seinen Speer. Noch während der Speer in der Luft war, schien der Hirsch zusammenzuschrumpfen, wie ein Nebelfetzen vom Wind verweht zu werden, und dann war er verschwunden, und nur eine Ratte raschelte durch die toten Blätter.
    Ketil wurde klar, daß er seine Gefährten verloren hatte. Ein kalter Wind wimmerte durch die Dämmerung. Sein Pferd zitterte vor Müdigkeit. Sie waren in einen Teil des Waldes geraten, der so weit westlich von Orms Hof lag, daß Ketil ihn nicht kannte. Er verstand nicht, was vorgegangen war, und ihm schauderte.
    Aber am Rand der Lichtung stand ein sauberes kleines Holzhaus mit einem Strohdach unter einer großen Eiche. Ketil fragte sich, wer dort so einsam leben mochte und wovon er sich ernährte, denn er sah keine Spur von bebautem Land. Doch war hier wenigstens eine Unterkunft für ihn und sein Pferd. Er stieg ab, hob seinen Speer auf und klopfte an die Tür.
    Sie öffnete sich und zeigte einen gut eingerichteten Raum mit einem leeren Stall dahinter. Aber Ketils Augen sahen nur die Frau, und sein Herz hämmerte ihm gegen die Rippen.
    Sie war hochgewachsen, und das tief ausgeschnittene Kleid zeigte jede Rundung ihres wundervollen Körpers. Dunkles, loses Haar fiel ihr bis zu den Knien und umrahmte ein vollkommenes Gesicht, weiß wie Meeresschaum. Ihr voller Mund war blutrot, ihre Nase zart gebogen, die Augen unter den feinen Brauen von langen Wimpern beschattet. Diese Augen waren von einem unergründlichen Grün mit goldenen Flecken, und sie schienen Ketil bis ins innerste Herz zu blicken. Niemals, so sagte er sich benommen, niemals hätte er sich träumen lassen, daß eine Frau so aussehen könne.
    » Wer bist du? «fragte sie mit weicher, klingender Stimme.» Was suchst du hier? «
    Ketils Mund war trocken, und seine Pulse dröhnten so, daß er ihre Worte kaum vernehmen konnte, aber er antwortete:» Ich bin Ketil Ormssohn … ich habe meine Jagdgefährten verloren, und ich möchte dich um ein Unterkommen für mein Pferd und … für mich bitten … «
    » Sei willkommen, Ketil Ormssohn «, sagte sie und schenkte ihm ein Lächeln, bei dem ihm das Herz beinahe aus der Brust sprang.» Wenige Menschen kommen hierher, und ich freue mich, dich zu sehen. «
    » Lebst du – allein? «fragte er.
    » Aye. Doch heute nacht nicht!

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