Das gebrochene Versprechen
doch noch
geschafft.« Er machte mich mit den Umstehenden bekannt und bot mir einen
Schluck von seinem Drink an. In der Tat Whiskey — Bourbon pur. Auf seiner
anderen Seite wandte Hy sich ab, ohne mich eines Wortes zu würdigen. »Gut
gelaufen, das Konzert?«, fragte ich.
»Phantastisch. Und KZLA
boykottiert uns nicht mehr.«
»Ich habe das Transparent
gesehen. Tolles T-Shirt.« Ich zupfte am Ärmel des schwarzen Shirts mit dem
silbernen Aufdruck.
»Klasse, was?« Für einen Moment
verdüsterte sich seine Miene, und ich wusste, er dachte an Rae, vermisste sie.
Der Mann in Shorts, der vom Country
Weekly war, begann, Fragen nach Rickys PR-Team zu stellen. Ich blendete ihn
aus und starrte auf unser Spiegelbild. Es überlagerte Lichter von Gebäuden
draußen; silberne Amtrak-Waggons sausten auf einem Parallelgleis vorbei, waren
dann verschwunden, und die Nacht schien jetzt dunkler und kälter. Ich nahm noch
einen Schluck aus Rickys Glas, zum Aufwärmen, entschuldigte mich dann und ging
um ihn herum zu Hy. Der Zug ruckte und warf mich gegen ihn.
Er fing mich auf, mit kühlem,
übertrieben höflichem Blick. »Sorry wegen vorhin«, sagte er. »Wir können uns
keinen Streit leisten. Aber wenn das hier vorbei ist, müssen wir reden.«
Bei diesen letzten Worten wurde
mir ganz beklommen, aber ich nickte nur. Wir konnten uns jetzt wirklich keine
Differenzen leisten — und hatten auch nicht die Zeit, sie auszuräumen. Ich
sagte: »Ich sollte dich kurz informieren —«
An beiden Enden des Waggons wurde
Jubel laut. Ich guckte mich um, sah, dass an den Wänden angebrachte
Fernsehgeräte angeschaltet worden waren. Sie waren offensichtlich auf Video
gestellt, denn jetzt erschien ein handgeschriebenes Schild mit der Aufschrift
»Radio KMF-LA beendet Boykott! Midnight Train ab Mitternacht im Äther!«
Das Schild verschwand, und
sofort lief ein Video an, auf dem man Ricky vor Union Station aus der Limousine
steigen sah. Ich verfolgte interessiert, wie er Ruhe heischend die Hände hob,
Fragen beantwortete, dann still wurde und unschlüssig guckte, während die
Reporter nach Rae fragten. Als er sich umdrehte und ihr aus dem Wagen half, sah
ich Hy fragend an. Er nickte und guckte so gebannt zu, als hätte er die Szene
nicht selbst miterlebt.
Ricky lachte und scherzte mit
den Medienleuten, wehrte Fragen ab, die ich unverschämt intim fand; Rae stand
da, von seinem schützenden Arm gehalten, und ihre offensichtliche Nervosität
und Verwirrung gaben ihr etwas Verletzliches und Rührendes. Sie sah zu ihm auf,
und er sagte etwas, was sie vor Freude erröten ließ. Dann half er ihr wieder in
den Wagen, wobei er fürsorglich die Hand auf ihren Kopf legte, damit sie sich
nicht stieß.
Wieder sah ich Hy an. Er hatte
einen merkwürdigen Gesichtsausdruck — bedauernd und irgendwie melancholisch.
»Was ist?«, fragte ich.
Er schüttelte den Kopf.
»Nichts. Da, schau.«
Das Geschehen hatte sich jetzt
ins Bahnhofsgebäude verlagert. Eine Menschenmenge brandete gegen die
Security-Leute an, die Ricky und den Tour-Tross durch die Haupthalle
manövrierten. Die Kamera folgte dem Trupp, zoomte auf jedes Transparent, unter
dem er durchkam, richtete sich dann wieder auf die Personen. Kurz vor der
Sperre blieb Ricky stehen und starrte nach oben. Hy packte ihn am Arm und
bugsierte ihn mit entschlossener Miene weiter. Auf der einen Seite entdeckte
ich Linda Toole, die auf das Transparent zeigte und einen Mann von der
Bahnhofs-Security anschrie. Die Kamera zoomte auf die Bahnsteigsperre und
zeigte, wie der Tross sie passierte. Gleich darauf lief ein zweites Video an,
vom Konzert selbst.
Ich berührte Hy am Arm, stellte
mich auf die Zehenspitzen, damit er mich trotz der Musik hören konnte. »Hat
Toole rausgefunden, wie das Transparent da hingekommen ist?«
»Nein, aber sie ist noch dran.
Als ich sie zuletzt gesehen habe, hatte sie gerade mit dem PR-Chef von Amtrak
telefoniert. Hatte ihn aus dem Bett geholt und ihm die Hölle heiß gemacht. Er
hat versprochen, dem nachzugehen.«
»Hör mal, können wir
irgendwohin gehen, wo es ruhiger ist? Damit ich dich kurz über die neuesten
Entwicklungen informieren kann?«
»Später vielleicht, wenn sich
der Rummel gelegt hat. Ich schätze, die meisten von diesen Partylöwen werden so
um zwei, halb drei in ihren Schlafwagenabteilen verschwinden. Dann kann ich
Ricky eher in der Obhut von zwei, drei Wachleuten lassen.«
»Aber sorg dafür, dass sie die
Bandmitglieder von ihm fern halten.«
»Immer noch
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