Das Geburtstagsgeschenk
damals jemand vorausgesagt, er würde verzweifelt nach einer Gelegenheit suchen, mit dieser Frau zu sprechen – er hätte nur gelacht.
Jetzt sah sie sich zum ersten Mal um. Er war weit hinter ihr. Hatte sie ihn erkannt? Anzumerken war ihr nichts. Sie führte ihn zum Queen’s Park oder vielmehr zu einer Straße, die an dessen Rand verlief und von kleinen gepflegten Zweifamilienhäusern gesäumt war. Sie öffnete das Gartentor von Nummer 34, schloss die Haustür auf und machte sie hinter sich zu.
Links neben der Haustür waren zwei Klingelknöpfe, an dem unteren stand J. Case, an dem oberen John Dean-Upwood. Schon im Gehen warf Ivor noch einen Blick zurück. Das da musste ihr Fenster sein. Sie stand zwischen den halb zurückgezogenen Vorhängen und beobachtete ihn. Er entfernte sich fast im Laufschritt, aber wahrscheinlich, tröstete er sich, hatte sie ihn für einen Lieferanten gehalten oder jemanden, der sich in der Adresse geirrt hatte. Er nahm sich zusammen und ging langsamer weiter.
In seiner Wohnung in der Old Pye Street schlug er J. Case im Telefonbuch nach. Sie hatte dieselbe Nummer wie Lloyd. Demnach hatten sie zusammengelebt. Es war fünf. Er schenkte sich einen großzügigen Gin Tonic ein, trank ihn und fuhr mit dem Zug zurück zu seiner Tagung.
Als er nach der Konferenz wieder in London war, machte er sich daran, Kontakte zu Freemans Exfreundin zu knüpfen. Zunächst führte er Nicola Ross zum Essen aus, um sie vorsichtig auszufragen.
»Was bedeutet das J?«
»Juliet – wie in Romeo und Julia. Leicht überspannt, findest du nicht, Darling? Sie war früher mit Aaron Hunter verheiratet.« Dem Namen nach kannte Ivor den Schauspieler natürlich. Er hatte Hunter auch schon auf der Bühne gesehen. Besonders in Erinnerung geblieben war ihm Hunters Auftritt in Private Lives mit Nicola Ross als Partnerin. »Sie ist auch Schauspielerin, hat aber nur selten ein Engagement«, fuhr Nicola fort. »Wovon sie lebt, ist mir ein Rätsel. Sie und Lloyd waren zwei, drei Jahre zusammen, aber als er ums Leben kam, hatten sie sich schon getrennt.« Und ziemlich scharf schob sie nach: »Warum willst du das wissen? Bist du ihr irgendwo über den Weg gelaufen?«
Ivor hatte sich noch keine plausible Begründung für seine Fragen zurechtlegen können. »Ich habe sie auf deiner Party gesehen«, sagte er ziemlich lahm. »Nach Lloyds Tod habe ich überlegt, ob ich nicht irgendwas für sie tun könnte.«
Ich habe mich manchmal gefragt, ob die Beziehung von Ivor und Nicola Ross vielleicht deshalb auseinandergegangen war, weil Nicola auf lange Sicht zu clever für ihn war. Sie hätte ihn immer durchschaut. Ivor war auch in einer auf Dauer ausgelegten Beziehung Realist genug, um einen gelegentlichen Seitensprung nicht auszuschließen, und so etwas hätte Nicola sofort gemerkt. Mit seiner scheinbar harmlosen Ausrede, er überlege, Juliet Case unter die Arme zu greifen, täuschte er sie keinen Augenblick.
»So viel Menschenfreundlichkeit kenne ich ja gar nicht an dir. Mir scheint, du hast ein Auge auf sie geworfen. Hast du gemeint, dass du ihr Geld anbieten wolltest? Eine Entschädigung für den Verlust von Lloyd?«
Er muss ein wenig geschluckt haben, als sie ihn so direkt anging. »Ich glaube nicht, dass sonst jemand an sie denkt.«
»Das kannst du nicht wissen. Außerdem hatte er sich, wie gesagt, schon Wochen davor abgesetzt. Was hast du vor? Mit einem Scheck über tausend Pfund zum Queens Park zu pilgern?« Sie sah ihn durchdringend an. »Schließlich hattest du ja mit dem Unfall nichts zu tun – oder? Andererseits: Lloyd und eine Entführung – das hat für mich nie so recht zusammengepasst.«
»Natürlich hatte ich damit nichts zu tun.«
»Kleiner Scherz, Darling. Nicht böse sein.«
Sie hatte ihm einen gehörigen Schrecken eingejagt. Doch damit war das Thema Lloyd für sie erledigt, und sie sprachen von anderen Dingen. Er war sich immer noch nicht darüber im Klaren, wie er es anstellen sollte, mit Juliet Case ins Gespräch zu kommen, als er am nächsten Morgen – übrigens dem Tag von Margaret Thatchers Rücktritt – einen Termin im Fernsehen hatte, bei dem er über die Verschärfung der Krise in Kuwait sprechen sollte. Die Fernsehstudios haben eine Wartezone für die Leute, die in ihren Sendungen auftreten, einen kleinen Salon mit Sesseln und einem Tisch, wo man sie mit Kaffee, Tee oder Wasser versorgt, bis sie an der Reihe sind. Auf einem Monitor können sie die Sendung verfolgen. Ivor hatte seinen Auftritt
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