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Das Geflecht

Das Geflecht

Titel: Das Geflecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Laudan
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Fälle.»
    «Das schaffen Sie nicht mehr mit Ihrem Bein!», sagte Justin und mühte sich schwankend auf die Füße.
    «Sie erst recht nicht!», erklärte Leon brüsk. «Sie haben eine schwere Infektion, Justin. Bleiben Sie sitzen und warten Sie auf den Notarzt.»
    «Aber
ich
komme mit!», rief Dana plötzlich. «Tia hat uns gerettet, und ich will helfen, sie zu beschützen!»
    «Seien Sie vernünftig!», sagte Leon scharf. «Sie können nicht mitkommen. Kümmern Sie sich um Justin!»
    «Ich werde nicht hier herumsitzen, wenn Tia Gefahr droht!», erklärte Dana mit ungewöhnlicher Entschlossenheit.
    «Wir wissen überhaupt nicht, ob eine Gefahr besteht! Es kann ebenso gut sein, dass dieser Böttcher   …»
    «Aber wenn es nun stimmt?» Danas Augen flammten vor Erregung. «Vielleicht wollte er
deshalb
unbedingt bei Tia bleiben, während sie sich um Justins Vater kümmert! Vielleicht will er   …» Sie erbleichte, offenbar zu Tode erschrocken über einen Gedanken, den sie nicht auszusprechen wagte.
    «Dana, jetzt hören Sie mir zu», setzte Leon an – doch er kam nicht dazu, den Satz zu beenden. Unvermutet stürzte Dana vorwärts, riss ihm die Lampe aus der Hand und ließ sich mit den Beinen voran in die Schachtöffnung zurückgleiten.
    Ein allgemeiner Aufschrei ging durch die Gruppe. Leon versuchte das Mädchen einzuholen, trat jedoch unglücklich mit dem verletzten Bein auf und knickte um. Carolin gelang es, ihn beim Arm zu packen, bevor er mit dem Kopf gegen die Felswand schlug.
    «Dana!» Justin eilte zur Schachtöffnung, streckte den Kopf hinein und schrie aus Leibeskräften. «Dana, komm zurück!»
    «Herr im Himmel», keuchte Jürgen Traveen und ließ sich gegen einen Baum sinken, eine Hand auf sein Herz gelegt.
    «Bleiben Sie hier!», schrie Leon, als Justin sich anschickte, in den Schacht zu klettern. «Wir haben doch nicht einmal Licht! Dana hat unsere einzige Lampe!»
    Justin wandte sich zu Carolin um, das Gesicht totenbleich. «Ihre Taschenlampe!»
    Carolin blickte auf die Lampe in ihrer Hand. Sie war noch immer eingeschaltet, glomm jedoch nur noch wie ein Kerzendocht, der jeden Moment im Wachs ertrinken konnte.
    «Die Batterie ist leer.»
    «Das darf doch nicht wahr sein», flüsterte Leon kopfschüttelnd.

••• 05   :   35 ••• TIA •••
    Tia erhob sich, nachdem sie minutenlang an Bringshaus’ Seite gekniet und sich von der Stabilität seiner Vitalzeichen überzeugt hatte.
    «Keine Reaktion auf Ansprache. Bewusstseinstrübung und verlangsamter Puls, genau wie bei Justin. Aber er wird es überstehen, denke ich. Das Toxin scheint in erster Linie sedierend zu wirken, aber keine ernsthaften Schäden zu verursachen.»
    Böttcher antwortete nicht. Er hatte sich die ganze Zeit über im Hintergrund gehalten, jetzt aber trat er näher und blieb dicht neben ihr stehen – so nahe, dass sie seinen Atem spürte. Tia lauschte irritiert: Er klang beschleunigt und pfiff hörbar durch feine Zwischenräume zwischen den Zähnen, wie bei einem Menschen, der unter Spannung stand und die Lippen leicht geöffnet hielt.
    «Während wir auf die Rettungsmannschaft warten, haben wir noch etwas zu bereden», sagte er unvermittelt.
    «Zu bereden?» Tia wandte sich erstaunt zu ihm um.
    «Ja. Sie tragen zwei Dinge bei sich, die ich haben möchte.»
    Tia hatte keine Ahnung, wovon er sprach, doch allein der veränderte Klang seiner Stimme bewirkte, dass ihr Körper sich versteifte.
    «Das eine ist die Erdprobe aus der Höhle», fuhr Böttcher fort. «Ich nehme an, Sie haben sie in einem Probenröhrchen oder einem ähnlichen Behälter bei sich. Das zweite ist die Münze – der polnische Zloty von 1992.»
    Stirnrunzelnd wandte Tia den Kopf in die Richtung, wo sich sein Gesicht befinden musste. Ihr Geist arbeitete fieberhaft, versuchte, die Worte des Mannes zu begreifen – doch es wollte ihr nicht gelingen. Sie spürte nur die Veränderung der Atmosphäre, die Spannung in der Luft.
    «Ich würde es vorziehen, wenn Sie mir beides freiwillig aushändigen», sagte Böttcher. «Und zwar jetzt gleich. Dann werde ich bereit sein, Ihrem Versprechen zu glauben, dass Sie niemandem etwas über Ihre Entdeckungen erzählen.»
    «Ich
habe
Ihnen gar kein Versprechen gegeben», sagte Tia verunsichert.
    «Nein, noch nicht», nickte Böttcher. «Aber das werden Sie gleich.»
    «Und warum sollte ich?»
    «Weil ich es Ihnen sage! Ich möchte ein Versprechen hören, dass Sie kein Wort über die Fässer und über die Leichen in der

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