Das Geflecht
aufzurichten, um eine Art Stufe zu schaffen. Sie tastete die Umgebung ab, stellte jedoch fest, dass die meisten Fässer zu schwer waren, um gezogen oder getragen zu werden. Schließlich wählte sie ein Fass, dessen Bauch einen Riss aufwies, sodass der größte Teil seines Inhalts – der sich nach feuchter Erde anfühlte – einen Haufen am Boden gebildet hatte.
Als sie über den gerippten Metallkörper strich, um das Pilzgeflecht beiseitezuwischen, erstarrten ihre Finger. Eine plötzliche Schwäche erfasste sie und ließ sie auf die Knie sinken. Mehrmals strich sie über dieselbe Stelle, weil sie nicht glauben konnte – nicht glauben
wollte
–, was ihre Fingerkuppen erfühlt hatten. Dann aber zuckte ihre Hand zurück, als hätte sie sich verbrannt.
Auf dem Bauch des Fasses, nahe dem oberen Rand, befand sich ein dreieckiger Aufkleber. Er besaß ungefähr die Größe einer menschlichen Hand, und seine Ecken waren leicht abgerundet. Zweifellos war er stark verschmutzt und selbst bei Licht für sehende Augen kaum zu deuten – doch Tia hätte schwören können, dass seine Originalfarbe einst ein grelles Gelborange gewesen war.
«Nein», flüsterte sie. «Nicht auch das noch …»
••• 23 : 25 ••• BRINGSHAUS •••
Als Jörn Bringshaus wieder zu sich kam, brauchte er einige Sekunden, um zu begreifen, wo er sich befand. Seine erste Empfindung war ein dumpfer Schmerz auf Höhe seines linken Mundwinkels. Stöhnend rieb er die geschwollene Stelle, die sich als geplatzte Lippe erwies, setzte sich auf und blinzelte umher. Im Halbdunkel der spärlich erleuchteten Kammer sah er Hartmut Böttcher neben sich stehen, lässig an die Wand gelehnt, das Funkgerät in der Hand. Auf sein Stöhnen hin drehte Böttcher sich um und warf einen misstrauischen Blick zu ihm herab.
Der Kerl hat mich niedergeschlagen, erinnerte sich Bringshaus fassungslos. Er hat mich doch tatsächlich …
«Herr Böttcher?», drang Tias Stimme aus dem Funkgerät. «Wir haben noch ein Problem – ein ziemlich ernstes, fürchte ich.»
«Was ist es denn diesmal?», fragte Böttcher, ohne seinen Freund aus den Augen zu lassen.
«Die Fässer, die hier überall herumliegen …»
«Ja?»
«Sie sind offenbar mit Erde gefüllt. Auf einem davon habe ich einen Aufkleber gefunden. Einen
dreieckigen
Aufkleber.»
«Und was bedeutet das?»
«Es ist eindeutig ein Kennzeichen nach DIN achtundvierzig, eine Warnung vor gefährlichen Stoffen. Was auch immer das für Fässer sind: Ihr Inhalt ist vermutlich giftig.»
«Hm. Glauben Sie wirklich?», fragte Böttcher skeptisch. «Herr Bringshaus sagte doch, dass die Bergleute früher ihren Aushub in die Höhle geworfen haben. Vielleicht hat man die Erde einfach in irgendwelche Fässer gefüllt, die nicht mehr gebraucht wurden.»
«Glaube ich nicht», beharrte Tia. «Diese Kennzeichen wurden erst nach der Schließung des Bergwerks eingeführt. Die Fässer müssen also in neuerer Zeit hierhergelangt sein, ebenso wie die beiden Leichen.»
Bringshaus gelang es, sich aufzurichten, wobei seine Beine vor Schwäche zitterten. Entsetzt starrte er Böttcher an.
Die beiden Leichen?, echoten die Worte in seinem Kopf. Was für Leichen?
«Es könnte sich um kontaminierten Aushub handeln.» Tias Stimme schwankte ein wenig. «Schwermetalle, Pestizide, Dioxin oder Ähnliches.»
«Immer mit der Ruhe!», riet Böttcher. «Sie haben doch einen phänomenalen Geruchssinn. Können Sie irgendetwas Verdächtiges riechen?»
«Nein, und das beunruhigt mich am meisten. Geruchlose Gifte sind oft die gefährlichsten.»
«Aber Sie und Dana sind doch schon lange dort unten und haben keinerlei Vergiftungserscheinungen!»
«Bisher nicht, aber die Gefahr könnte in einer Langzeitwirkung bestehen. Womöglich ist das Zeug krebserregend. Mein Gott, und ich habe es angefasst!» Ein Plätschern verriet, dass Tia ihre Finger in einer Wasserpfütze säuberte.
Was für Leichen?, formte Bringshaus mit den Lippen. Böttchers Gesicht blieb unbewegt, doch er hob warnend die Hand.
«Was werden Sie jetzt tun?», fragte er Tia mit neutraler Stimme.
«Ich nehme eine Probe», kam die Antwort aus der Tiefe. «Vielleicht ist sie uns später von Nutzen, um das Gift zu bestimmen und zu neutralisieren. Und dann werde ich die anderen holen, denn wir müssen so schnell wie möglich raus aus dieser Höhle. Es gibt hier eine Menge beschädigter Fässer. Was auch immer sie enthalten – vermutlich atmen wir es seit Stundenein, haben Partikel
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