Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das gefrorene Lachen

Das gefrorene Lachen

Titel: Das gefrorene Lachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ueberreuter
Vom Netzwerk:
knicksten und warfen Kusshände in ein imaginäres Publikum, und dann trat der Mann mit dem Turban vor, der Pippa schon zu Beginn aufgefallen war.
    Goldlamé schimmerte und Pfauenfedern wehten, schillerndes Blau, Grün und Violett. Ein langer Mantel rauschte und zierliche Schnabelschuhe schritten über das glänzende Parkett. Der eng gewickelte Turban umrahmte ein ovales, honigfarbenes Gesicht mit mandelförmigen Augen, die tiefgründig und geheimnisvoll blickten. Der Mann hob seine Hand und ließ den Mantel wehen. Das Futter glänzte und schimmerte in tausend Farben. »Ohhhh«, hauchte Augustin und Pippa seufzte entzückt, denn nun stieg aus dem Mantel eine Wolke schimmernder Juwelen auf, umschwirrte den Zauberer (denn das war er) und flatterte hoch in die Luft.
    »Das sind winzige Vögel«, sagte Augustin verwundert.
    »Nein, es sind Schmetterlinge«, widersprach Pippa. Beide strengten die Augen an, um die wunderbare, flatternde und hin und her wogende Wolke aus kleinen Körpernzu betrachten. Winzig kleine Vögel, deren Flügel so schnell schwirrten, dass sie nur helle, farbensprühende Schemen waren, umschwirrten die Köpfe der Leute im Saal, die allesamt mit emporgewandten Gesichtern dastanden und das Schauspiel genossen. Zwischen ihnen taumelten handtellergroße Schmetterlinge umher, viel größer als die winzigen Vögel, aber ebenso funkelnd und farbenfroh. »Wie schön«, seufzte Pippa. »Das ist aber ein wunderbarer Zauber! Den möchte ich gerne können.«
    »Das ist Taschenspielerei«, belehrte sie Augustin, »kein echter Zauber. Aber es ist großartig, ganz wunderbar.«
    Der Mann im Turban ließ erneut seinen Mantel wehen, und die farbenfrohe Wolke senkte sich auf ihn herab, verdeckte ihn zur Gänze und verschwand wieder in seinem Futter. Der Zauberer schlug den Mantel eng um sich und verneigte sich tief, und der König begann heftig zu applaudieren. »Ihr werdet auf dem Fest spielen!«, hörte Pippa ihn ausrufen. »Herr Prinzipal, ich möchte, dass du mir ein Programm vorstellst, das einem königlichen Geburtstagsfest angemessen ist!«
    Der Prinzipal verneigte sich tief, und seine Frau versank in einem Knicks und in ihrem Reifrock. »Danke, Eure Majestät«, hörte Pippa ihn antworten. »Wir werden Euch nicht enttäuschen!« Er reichte seiner Frau den Arm und beide drehten sich zu ihrer Truppe um, um das Zeichen zum Aufbruch zu geben.
    »Die beiden sehen genauso aus wie deine Eltern«, sagte Pippa, die sich verwundert die Augen rieb.
    »Quatsch.« Augustin schüttelte den Kopf. »Was du dir schon wieder alles einbildest.«
    Pippa fuhr herum und zischte erbost. Der Prinzipal und seine Frau glichen dem Königspaar wirklich ganz auffällig, warum wollte dieser Dummkopf das nicht erkennen? »Nur weil du die ganze Zeit nichts als diese halb nackten Mädchen anstarrst …«, begann sie wütend zu flüstern.
    Augustin legte den Finger auf den Mund und deutete zur Tür. Pippa nickte verbissen und folgte ihm.
    »Hast du sie dir nicht angesehen?«, fragte sie, als sie kaum die Tür hinter sich geschlossen hatten. »Der Prinzipal sah deinem Vater bis auf den Schnurrbart so ähnlich wie ein Bruder. Und die Prinzipalin …«
    »Philippa«, unterbrach der Prinz sie mit so viel nachsichtiger Geduld in der Stimme, dass Pippa am liebsten vor Wut zerplatzt wäre. »Wie widersinnig so eine Annahme ist, brauche ich dir doch nicht zu erklären. Natürlich sehen zwei gewöhnliche Wanderschauspieler meinen königlichen Eltern nicht im Mindesten ähnlich – wie könnten sie das auch?«
    Pippa schnappte nach Luft. Hin und wieder wurde der sonst so vernünftige Augustin von dünkelhaften Anwandlungen heimgesucht, und das konnte sie ihm noch nicht einmal unter die Nase reiben, denn immerhin war er der Prinz und seine Eltern waren König und Königin.
    Zähneknirschend schluckte Pippa alles herunter, was sie ihm gerne an den Kopf geworfen hätte, und erwiderte nur: »Natürlich, Königliche Hoheit. Wie konnte ich mich so vergessen. Ich bitte nun untertänigst darum, mich aus Eurer Gegenwart entfernen zu dürfen, Königliche Hoheit.« Sie knickste zeremoniell.
    Augustin wurde wütend, was nicht häufig der Fall war.Sein Gesicht verdunkelte sich, seine Augen blitzten und er ballte die Fäuste. »Sei doch nicht so zickig!«, schrie er.
    »Ich bitte untertänigst um Vergebung, wenn ich zickig gewesen sein sollte, Königliche Hoheit«, erwiderte Pippa süß und versank wieder in einen Knicks.
    Der Prinz stieß einen erbitterten Schnaufer

Weitere Kostenlose Bücher