Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das gefrorene Lachen

Das gefrorene Lachen

Titel: Das gefrorene Lachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ueberreuter
Vom Netzwerk:
köstlich dekorierten Platten und Schüsseln füllten. Üppige Blumengestecke in Grün und Gold – den Farben des Königshauses – standen überall im Pavillon verteilt, und dazwischen prangten Arrangements in Rot und Violett, den Farben des Kronprinzen.
    Musik, Gelächter und Plaudern, fröhliche und erwartungsvolle Stimmen klangen durch die Luft.
    Dienstmädchen und Lakaien eilten geschäftig hin und her. Hochrote Wangen, sich auflösende Zöpfe, verrutschende Uniformen. Dazwischen Kochgesellen in soßenverschmierten Jacken, ein Konditor, der mit einer Spritztüte letzte Verzierungen auf eine berghohe Sahnetorte setzte, und Küchenhilfen, die Körbe mit Kräutern und Garnituren hinter einer schimpfenden Köchin herschleppten.
    Das Geburtstagsfest des Prinzen näherte sich seinem ersten Höhepunkt: dem großen Bankett.
    Den Augenblick, in dem der große Gong ertönte und die Festgäste begannen, sich auf den Pavillon zuzubewegen, wählte der Großherzog von Blankenberg für seinen Auftritt. Unter ohrenbetäubendem Zischen und Prusten rollte eine pferdelose Motorchaise über die Einfahrt und rumpelte bis zur Freitreppe. Dort stieß der kleine Schornstein eine große Dampfwolke aus, und der Kutscher, ein spitzohriger, grünhäutiger Kobold in roter Livree,betätigte dazu eine schrille Pfeife, um die Ankunft des Großherzogs zu melden.
    »Oh, eine dieser grässlichen neumodischen Chaisen«, sagte eine ältere Gräfin und hob indigniert ihr Lorgnon, um das Gefährt eingehend zu mustern.
    »Sie sind laut und stinken«, bestätigte ihr Begleiter. »Aber sorge dich nicht, meine Liebe – diese Dampfkutschen werden sich schwerlich durchsetzen.«
    Pippa stand mit einer kleinen Gruppe von Gästen an der Auffahrt und bestaunte die Motorchaise. Der Großherzog, der seinen Auftritt sichtlich genoss, gab sich nonchalant und dirigierte mit weit ausholenden Bewegungen seinen Kutscher und den mitreisenden Diener. Aus dem Haus stürzten ihm jetzt zwei Lakaien entgegen, verneigten sich und begannen die Chaise zu entladen. Ihnen folgte gemesseneren Schrittes der abgekämpft wirkende Haushofmeister Alfons, der mit einem eleganten Kratzfuß den Großherzog ins Haus bat.
    »Toll«, sagte Pippa zu niemand im Besonderen, als die Chaise laut schnaufend und Dampfwölkchen auspuffend zu den Remisen im hinteren Hof fuhr.
    »Der Prinz!«, hörte sie eine Frauenstimme ausrufen. Pippa drehte sich erwartungsvoll um, denn sie hatte Augustin heute noch nicht zu Gesicht bekommen. Dort schritt er die Freitreppe hinab, nickte und grüßte, blieb für ein paar Worte bei einer überwältigend gerüschten Dame stehen, die von ihren beiden nicht minder aufgeputzten Töchtern begleitet wurde, und setzte dann seinen Weg fort, wobei ihm immer wieder Gäste in den Weg traten, um ihm zu gratulieren.
    Pippa nahm Kurs auf den Kronprinzen und stellte sich so auf, dass Augustin an ihr vorbeigehen musste. »Darf ich mir erlauben, Euch zu Eurem Geburtstag zu gratulieren, Königliche Hoheit?«, sagte sie, als er sie erreichte, und machte einen tiefen Hofknicks.
    »Sei bedankt«, erwiderte Augustin, wobei sein Blick flüchtig und ohne Erkennen über sie hinwegglitt.
    Pippa kicherte.
    Der Prinz, der schon an ihr vorbeigegangen war, verharrte. Drehte sich um. Musterte sie, die sich gerade wieder aufrichtete. Seine Augen weiteten sich. »Pippa!«, sagte er. »Warum hast du dich denn als Mädchen verkleidet?«
    Sie vollführte erneut einen gezierten Knicks, wobei sie ihre gebauschten Röcke zierlich raffte. Die ungewohnten Locken, die die Kräuterfrau ihr gedreht hatte, kitzelten sie im Nacken und in der Stirn. »Mit Verlaub, Königliche Hoheit, ich bin ein Mädchen.«
    Augustin musterte sie überaus skeptisch. »Du siehst seltsam aus«, sagte er dann.
    »Du auch«, schnappte Pippa.
    Der Prinz blickte an sich hinab. Seidene dunkelviolette Kniehosen und ein langer roter Rock aus schillerndem Taft. Blendend weiße Strümpfe und ein milchweißes Rüschenhemd. Schwarze Schnallenschuhe. Sorgfältig geglättetes Haar. Ringe an seinen Fingern und ein zierlicher Stock aus Ebenholz mit Silber. Ein seidener Dreispitz mit bauschiger Federgarnitur. »Also, ich finde das sehr passend«, sagte Augustin gekränkt.
    Pippa schnaubte höhnisch. »Wenn ich mich als Mädchen verkleidet habe, dann bist du der Festochse.«
    »Na, hör mal!«
    »Du hast angefangen!« Die beiden standen Auge in Auge und funkelten sich an.
    Eine zarte weiße Hand legte sich auf des Prinzen Schulter. »Mit wem

Weitere Kostenlose Bücher