Das Gegenteil von Schokolade - Roman
…«, beginne ich.
»Ich möchte auf keinen Fall …«, legt sie gleichzeitig los.
Wir brechen beide ab und nicken uns zu.
»Fang du an!«
»Nein, du. Was wolltest du sagen?«
»Erst du!«
»Ich wollte fragen: Willst du denn jetzt noch mit ins Kino? Oder war das zu heftig für dich?«, beende ich den gerade begonnenen Satz. Ein wenig bang fühle ich mich dabei. So was kann ich nicht gut haben. Die Möglichkeit, dass sie aufstehen und gehen könnte. Sich womöglich eine Weile nicht melden. Nicht da sein. Irgendwie nicht da sein für mich, weil ich … Nein, das könnte ich sicher nicht gut aushalten.
Doch meine Befürchtungen werden sofort zerstreut, weil Katja antwortet: »Wir werden uns doch jetzt von so einer albernen Diskussion nicht den Abend versauen lassen!«
Dieser Satz liegt für ein paar Momente wie eine Aufforderung zwischen uns.
Dann grinsen wir beide.
Es ist unser Geheimnisträgerinnen-Grinsen.
Ich glaube ganz sicher, dass es das ist. Und das kann nur etwas Gutes bedeuten. Nämlich, dass sich nichts geändert hat durch das, was ich erzählt habe. Vielleicht ist es ein bisschen neu und ungewohnt. Aber das Wesentliche, das wird wie immer sein. Hoffe ich.
»Und du? Was wolltest du sagen?«
Katja schaut zur Seite und dann auf die Uhr.
»Oh, Scheiße, wir müssen los! Wenn wir nicht in zehn Minuten am Kino sind, werden die beiden echt sauer sein!«
Wir springen also auf und werfen uns in unsere Jacken. Im Laufschritt rennen wir zu ihrem Wagen, schwingen uns hinein, und sie rast in die Stadt, wo wir Gott sei Dank einen günstigen Parkplatz bekommen. Gerade noch rechtzeitig hetzen wir über den Vorplatz auf das große Gebäude zu.
Von weitem kann ich schon Michelin und ihre gute Freundin Jackie am Eingang stehen und zu uns herschauen sehen.
»Ach so, was ich vorhin sagen wollte«, keucht Katja da noch, als fiele es ihr wirklich erst jetzt wieder spontan ein. »Ich möchte auf keinen Fall, dass sich was zwischen uns ändert. Egal, was jetzt weiter passiert. Das wollte ich nur sagen.«
Wenige Sekunden später kommen wir bei den anderen an.
Ich kann behaupten, dass es Filme geben wird, die mir länger und eindringlicher im Gedächtnis werden haften bleiben als dieser Thriller. Ehrlich gesagt, weiß ich kaum noch, wie der Film anfing, als wir zwei Stunden später wieder den Saal verlassen.
Der heutige Tag hat es echt in sich gehabt. Kein Wunder, dass ich mich auf fremde Geschichten nicht wirklich konzentrieren kann, wenn ich die ganze Zeit in meinem eigenen Film spiele.
Katja scheint unser Gespräch auch noch präsent zu haben. Im dunklen Kinosaal habe ich hin und wieder aus dem Augenwinkel wahrgenommen, wie sie den Kopf wandte und zu mir hersah. Auch jetzt guckt sie eher nachdenklich, als Michelin vorschlägt, dass sie mich doch schnell nach Hause bringen kann. Für Katja würde das einen Umweg bedeuten. Deswegen stimme ich zu. Aber als ich hinter Michelin und Jackie im Auto sitze, sehe ich immer noch Katjas fragenden Blick vor mir.
Als ob sich irgendetwas ändern würde. Warum denkt sie, dass es das tun wird? Ist es denn nicht vollkommen egal, wer mir nachts meine Träume klaut?
Ich fühle mich immer noch genau so wie vor ein paar Monaten oder einem Jahr. Ich bin die gleiche Person, derselbe Mensch. Und nichts Wesentliches ist anders geworden. Wieso also diese ganze verdammte Aufregung?
»Du bist so still heute Abend«, stellt Michelin fest, als sie vor meiner Haustür hält.
Einer Eingebung folgend lehne ich mich nach vorn: »Wollt ihr noch einen Tee trinken?«
Ich glaube, Jackie ist schon nah dran, den Kopf zu schütteln, als sie einen Blick von Michelin auffängt und nichts sagt, sondern nur nickt.
»Gern!«, sagt Michelin. Und so steigen die beiden mit aus.
Jackie federt vor uns her und pfeift die Titelmelodie aus dem Kinofilm. Ich erinnere mich noch gut, wie verblüfft Michelin war, als sie herausfand, dass ihre liebe Freundin Jackie und ihre Ex-Freundin Ellen heimlich eine Beziehung begonnen hatten: Die beiden, die sich immer so spinnefeind gewesen waren, wurden ein Liebespaar. Und Michelin war fassungslos. Denn nie hätte sie gedacht, dass ihre elfengleiche Ellen an der rotzfrechen und übermütigen Jackie auf diese Art Gefallen finden könnte. Doch die vergangenen Monate haben gezeigt, dass diese Kombination ideal zu sein scheint.
Ich lasse Loulou kurz zum Pipi-Machen raus, während Michelin schon mal den Wasserkocher für den Tee anheizt.
Dann sitzen wir an meinem kleinen
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