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Das geheime Kind

Das geheime Kind

Titel: Das geheime Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kastura
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denn?
    »Ich brauche deine Hilfe bei Nicolas«, sagte er.
    »Hat das nicht bis morgen Zeit?«
    »Wir müssen jetzt mit ihm reden. Du hast ein Verhältnis zu ihm aufgebaut, das ist Gold wert.«
    »Verhältnis ist zu viel gesagt. Er spricht mit mir, mehr nicht.«
    »Immerhin.«
    »Nimm doch Heide mit«, versuchte es Photini. »Dann bleibe ich im Krankenhaus und halte die Stellung.« Eine Weile nichts tun, das wünschte sie sich. Die Gedanken durch den Kopf rauschen lassen, wie Regenwasser im Rinnstein.
    »Stell dir mal Heide mit Nicolas vor. Soziopathen unter sich. Die gehen sich gegenseitig an die Gurgel.«
    Ein halbes Lächeln. »Du übertreibst.«
    »Sie ist zu dominant bei Jungs. Mit alten Säcken kann sie besser. Stimmt’s?«
    »Und das auch nur alle Schaltjahre.« Zweideutigkeiten auf der Arbeit. Heide hätte ihn erwürgen können.
    Photini hatte ein Gespür für Zwischentöne. War da was gelaufen zwischen den beiden? Oldies but Goldies?
    »Zu Nicolas dringen wir schwer durch«, sagte Raupach, »aber er ist der Unschuldigste der ganzen Familie.«
    »Täusch dich da mal nicht.«
    »Altersmäßig, meine ich.« Er verlor die Geduld. »Wenn du dich verkriechen willst, dann heb dir das für die Zukunft auf.«
    »Wann soll das sein?«
    »Wenn wir alle tot sind.«
    Photini wandte sich Heide zu. »Ich kenne eine griechische Hexe in Wuppertal, die denkt sich einen netten Fluch für Klemens aus, mit allen Schikanen.« Sie erhob sich schwerfällig und ignorierte das Blei in ihren Gliedern. »Nach diesem Fall gehen wir zu ihr. Ist nur nicht ganz billig.«
    Heide nickte. »Mach schon mal einen Termin.«
     
    BULLENSPÄSSE. DAMIT die hässliche, schwere Karre namens »Ermittlung« weiterlief. »Mord« stand vorn auf dem Kühlergrill. Mit ein paar fiesen Witzchen im Tank rollte das Ding meilenweit durch die Nacht.
    Raupach sparte sich weitere Kommentare. Photini dachte sich ihren Teil und hob ihn für später auf. An einem Imbissautomaten zogen sie Schokoriegel und Obst, pausierten schweigend. Gingen mit dem letzten Bissen weiter.
    Am Eingang zur Intensivstation trafen sie Thorben Bahling. Er unterhielt sich mit einer Krankenschwester. Raupach nahm ihn beiseite und sprach ihn auf das falsche Alibi an, das er Corinne gegeben hatte.
    »Sie hat mich angerufen, in der Nacht vor zwei Tagen«, erwiderte er. »Hat erzählt, dass sie in Schwierigkeiten steckt. Ohne irgendwas zu erklären. Ich war mit ihr im Kino, meinte sie, Brad Pitt, falls jemand danach fragt. Das fiel ihr wohl gerade so ein.«
    »Warum haben Sie uns zum Narren gehalten?«, fragte Raupach.
    »Corinne ist meine Schwester. Wenn ich gewusst hätte, was passiert ist …«
    »Haben Sie doch. Der Mord an Otto Wintrich. Deshalb sind wir ja zu Ihnen nach Weidenpesch gekommen.«
    Thorben Bahling hob die Arme. »Was sollte ich denn machen? Corinne meldet sich so selten. Von ihrer Familie will sie nichts mehr wissen. Ich war froh, dass sie mich überhaupt um Hilfe gebeten hat.«
    »Ist ja auch Ihr Beruf«, stellte Photini fest. »Hilfe zu leisten.«
    »Tut mir leid, wenn ich Sie in die Irre geführt habe. Das war nur Corinne zuliebe.«
    »Und was haben Sie wirklich getan in der fraglichen Nacht?«
    »Einen Absacker mit meinen Kollegen im Murphy’s genommen. Hab aber nur bis zehn oder so durchgehalten, nach dem Dienst bin ich meistens völlig erledigt.«
    »Wem sagen Sie das?« Photini hob beiläufig den Daumen. Ein Zeichen für Raupach, dass sie das Gespräch übernahm. Sie gingen zu einer Polstergruppe vor den Aufzügen und nahmen Platz. »Und weiter?«
    »Als ich heimkam, war meine Mutter vor dem Fernseher eingeschlafen. Nicolas schaute Fußball, UEFA-Pokal, er verpasst kein einziges Spiel. Ich hab auf ihn aufgepasst, Otto war ja nicht da.«
    Sie blätterte in ihrem Notizbuch. »Er sagte, er hätte geschlafen.«
    »Ja, später«, korrigierte Thorben Bahling. »Kurz danach hat dann Corinne angerufen, so um halb eins, das hat er zum Glück nicht mehr mitgekriegt. Man kann Nico nicht allein lassen, bis er im Bett liegt.«
    »Seine Raumschiffmodelle hat er doch selbst gebastelt.«
    »Das sind so Phasen. Manchmal will er für sich bleiben, und manchmal sucht er Gesellschaft. Aber nur Menschen, die er kennt.«
    »Anstrengend, oder?«
    »Ich kenn das nur so. Er ist mein Bruder.«
    Photini nickte. »Sie waren quasi der Zimmerälteste in der Familie.«
    »Wir hatten immer getrennte Zimmer.«
    »So?«
    »Schon wegen Nico. Was der so alles brabbelt im Schlaf, da kriegt man kein Auge

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