Das geheime Leben der CeeCee Wilkes
Tür, als ihnen etwas anzutun”, warf Vivian ein, und Corinne musste lachen.
“Stimmt. Aber wenn ich einem der beiden über den Weg gelaufen wäre und zufällig eine Waffe in der Hand gehabt hätte, ich hätte es getan. Als sie Timothy Gleason festnahmen …” Er schüttelte den Kopf. “Ich hätte ihn mit meinen bloßen Händen erwürgen können. Und dann tauchte deine … sogenannte Mutter mit ihrer Version der Geschichte auf.” Er ballte die Hände zu Fäusten. “Wenn ich mir vorstelle, wie anders dein Leben hätte verlaufen können.”
“Dad, du musst einfach dankbar sein, dass sie … dass Corinne noch lebt.”
Corinne hatte das Gefühl, dass es sich hierbei um ein inzwischen oft geführtes Gespräch zwischen Vater und Tochter handelte.
“Bin ich auch. Aber deswegen möchte ich trotzdem, dass Eve Elliott für das, was sie getan hat, bezahlt. Und dass sie auch noch die Frechheit besaß, an der Universität zu arbeiten, an der ich Präsident bin! Das ist einfach unglaublich.”
“Allerdings”, stimmte Ken zu. “Als ob sie Katz und Maus spielen wollte.”
“Und gewonnen hat.” Russ blickte finster. “Aber diesmal nicht. Corinne, du bist von der Frau aufgezogen worden, die für den Tod deiner Mutter verantwortlich ist. Aber keine Sorge. Mein Anwalt wird dafür sorgen, dass sie bis zum Ende ihres Lebens dafür bezahlt. Die einzige Arbeit, die diese Frau jemals noch ausführen wird, ist das Herstellen von Wäscheklammern.”
60. KAPITEL
A n dem Tag, an dem sie zum ersten Mal wieder gearbeitet hatte, rief Jack an. Ken war gerade einkaufen. Corinne betrachtete einen Moment lang das Display des Telefons, bevor sie sich entschloss, abzunehmen.
“Endlich!”, rief Jack. “Ich habe schon befürchtet, Ken würde mich nie mehr mit dir sprechen lassen.”
“Du hast angerufen?”, fragte sie und ließ sich aufs Bett sinken. Ihr war nicht klar gewesen, dass Ken auch private Anrufer abgewimmelt hatte.
“Ungefähr zehn Mal”, sagte er. “Ich war zwei Mal in Raleigh, um Eve zu besuchen, und fragte ihn, ob ich bei euch übernachten könnte. Er lehnte ab, aber ich war mir nicht sicher, ob er dich überhaupt informiert hatte.”
Sie war froh, dass Ken ihr nichts davon gesagt hatte, denn es wäre ihr nicht leicht gefallen, Jack diese Bitte abzuschlagen. “Nein, hat er nicht.”
“Nun gut, und wie geht es dir denn? Arbeitest du bereits wieder?”
“Mir geht’s gut.” Sie überlegte kurz, ob sie ihm von Russ’ und Vivians Besuch erzählen sollte, wollte ihm aber nicht wehtun. “Und ja, ich habe heute wieder gearbeitet.”
“War es in Ordnung?”
Was genau meinst du mit “in Ordnung”, hätte sie am liebsten gefragt. Einige Reporter standen auf der anderen Straßenseite und filmten, wie sie aus dem Wagen stieg und zur Eingangstür lief. Sowohl die Studenten als auch die Kollegen versicherten, hinter ihr zu stehen. Sie ertappte sie beim Starren. Beim Flüstern. Ihr seltsames Leben gehörte ihr nicht mehr länger allein.
“Es ging”, sagte sie.
Er schwieg einen Moment. “Mom möchte dich wirklich gerne sehen, Cory”, sagte er schließlich. “Sie
muss
dich sehen.”
“Sie ist nicht meine Mutter.”
“Sie liebt dich mindestens so sehr wie jede andere Mutter ihre Tochter.”
“Dad, ist dir eigentlich klar, dass sie möglicherweise meine Mutter umgebracht und mich aus ihrem Leib geschnitten hat?”
“Wie bitte? Wie kommst du bloß auf so was?”
“Vielleicht stimmt es. Wie können wir ihr denn noch irgendetwas glauben?”
“Weil sie die Wahrheit sagt. Hat Ken dich etwa auf diese Idee gebracht?”
“Nein. Warum machst du nur immer Ken für alles verantwortlich?”
“Weil er dein Aufpasser ist, oder nicht?”, fragte Jack. “Dein Beschützer und Verteidiger?”
“Ken steht genauso zu mir wie du zu Mom. Der große Unterschied ist allerdings, dass ich keine Schwerverbrecherin bin.”
“Nein”, entgegnete Jack. “Du bist ein egoistisches kleines Mädchen.”
Seine Worte schmerzten. Auf einmal hatte sie Angst, ihn zu verlieren. “Du liebst mich nicht mehr”, sagte sie.
“Ich liebe dich von ganzem Herzen, Cory. Aber es ist an der Zeit, dass du die Verantwortung für dich übernimmst, verstehst du? Ja, deine Mutter war überfürsorglich. Du hast da ein paar schlechte Karten ausgeteilt bekommen. Aber wie du sie ausspielst, das entscheidest immer noch du.”
“Was soll ich also deiner Meinung nach tun? Ihr einfach verzeihen, dass sie meine Mutter umgebracht und mich meiner
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